Titel
Zárskoje
Selo (spr. ßeló).
1) Kreis im mittlern Teil des russ. Gouvernements Petersburg, im Gebiet von Zuflüssen der Newa und Luga, hat 4312,5 qkm, 115475 E., darunter 46 Proz. Finnen und deutsche Kolonisten; Hafer-, Kartoffelbau, Kalkbrennerei und Glashütten. - 2) Kreisstadt im Kreis Zárskoje Selo, 20 km südlich von Petersburg, an Teichen, die durch Kanäle zur Slawjanka (zur Newa) abfließen sowie an den Eisenbahnen Petersburg-Zárskoje Selo S.-Pawlowsk und Petersburg-Warschau (Station Alexandrowskaja).
Sie besteht aus der eigentlichen Stadt und dem Stadtteil Sofija, hat breite, gerade Straßen mit Häusern im Villenstil, (1892) 20500 E., zehn russ. Kirchen, darunter zwei Kathedralen, eine kath., eine evang. Kirche, ein Knaben-, ein Mädchengymnasium, Stadtschule, Kaufhof, Fuhrwesen, Tapetenfabrik. Unmittelbar bei Zárskoje Selo finden sich große kaiserl. Parkanlagen, mit dem «Alten Schloß», erbaut von Katharina I. und ausgeschmückt von Katharina II., enthaltend viele Prachtgemächer, eine Kirche, die von Cameron angelegte Marmorgalerie u. a., und mit dem Alexanderschloß, von Katharina II. für Alexander I. erbaut, enthaltend Gemälde von Ajwasowskij, Brüllow u. a. Ferner finden sich in den Parkanlagen eine got. Ruine mit der marmornen Christussäule von Dannecker, eine Marmorsäule (33 m hoch) zur Erinnerung an die Siege des Grafen Orlow, ein Obelisk für den Grafen Rumjanzew, mehrere Triumphbogen, ein Theater, Arsenal (dessen Inhalt aber nach Petersburg überführt wurde) u. a. In weiterer Umgebung liegen die kaiserl. Lustschlösser Tschesme, Pawlowsk, Krasnoje Selo und Gatschina; die deutsche Kolonie Friedenthal (mit Band- und Baumwollfabrikation). Zárskoje Selo ist während des Sommers von vielen Fremden bewohnt und war ehemals die Sommerresidenz der russ. Kaiser. Es entstand aus einer kleinen Anlage, die Peter d. Gr. bei dem finn. Dorf Saari-mojs gründete und erhielt 1725 statt des Namens Sarskoje den Namen Zarskoje. Katharina II. ließ daneben eine Stadt Sofija anlegen, die 1808 mit Zarskoje zu der Stadt Zárskoje Selo (d. i. Zarendorf) verbunden wurde. Auf dem berühmten Lyceum zu Zárskoje Selo (1811-49; seitdem Alexander-Lyceum in Petersburg) fanden ihre Ausbildung Puschkin, Delwig, Korff, Fürst Gortschakow u. a.