Titel
Wolle,
das Haar des Schafs, an welchem man, wie an allen übrigen Haaren, den in der Haut steckenden Teil als Wurzel und den über die Haut hervorragenden Teil als Schaft unterscheidet. Die Substanz der Wolle stimmt mit der des Horns und der Klauen nahe überein und besteht aus:
Rambouillet | Landwolle | |
---|---|---|
Kohlenstoff | 49.25 | 50.46 |
Wasserstoff | 7.57 | 7.37 |
Stickstoff | 15.86 | 15.74 |
Schwefel | 3.66 | 3.43 |
Sauerstoff | 23.06 | 21.01 |
Der Schwefelgehalt schwankt ziemlich stark, und auch der Aschengehalt wechselt von 0,1-3,3 Proz. In der Asche herrschen Kieselsäure, Kalk, Kali und Eisen vor. Das spezifische Gewicht reiner, lufttrockner Wolle ist 1,319. Hinsichtlich der Struktur ist das Wollhaar einem massiven Stäbchen von Hornsubstanz vergleichbar, an welchem Oberhäutchen, Rinden- und Marksubstanz zu unterscheiden sind. Das Oberhäutchen bildet einen sehr dünnen, farblosen Überzug und besteht gleichsam aus hornigen Schüppchen, die sich mit ihren Rändern mehr oder weniger decken.
Das Haar erscheint daher unter dem Mikroskop mit quer oder schief verlaufenden, oft verästelten, gezahnten, wellenförmigen, kantigen Streifen bedeckt, von welchen bei verschiedenen Wollsorten 75-110 auf 1 mm Länge kommen. Die noch vielfach nachgesprochene Ansicht, daß durch das Hervorragen der Schüppchen das Verfilzen der Wolle befördert werde, und daß Merinowolle festere Gewebe gebe, weil sie zahlreichere Schüppchen besitze als gröbere Wolle, ist durchaus falsch.
Die Rindensubstanz besteht aus runden, länglichrunden oder spindelförmigen, abgeplatteten Zellen, welche um die Längsachse des Haars in konzentrischen Schichten angeordnet sind. Bei weißer Wolle ist die Rindensubstanz farblos, bei dunkeln mehr oder weniger intensiv gefärbt. Die Marksubstanz findet sich nur in den groben, schlichten Haaren, aber nicht in der eigentlichen Wolle, welche vielmehr beim Auftreten von Marksubstanz ihren Charakter mehr oder weniger einbüßt.
Auf dem Querschnitt ist das Wollhaar rundlich und von 1/90-1/12 mm Durchmesser. In nördlichern Gegenden ist das Schaf mit der sogen. Zackelwolle bedeckt, einem schlichten Haar, welches ziemlich durchscheinend ist und auf der Oberfläche Spuren von Schuppen trägt; unter demselben tritt das Flaumhaar auf, welches bedeutend feiner und dichter, regelmäßig mit Schuppen besetzt und spiralförmig gekrümmt und gewellt ist. Zwischen Zackelwolle und Flaum steht die eigentliche Wolle, welche bei langem
mehr
Wuchs den Charakter des Zackelhaars in einem Übergangsstadium zum Flaum zeigt. Diese verschiedenen Formen der Haarbedeckung des Schafs bilden sich unter dem Einfluß klimatischer Verhältnisse und der Behandlung der Schafe im domestizierten Zustand. Die Beschaffenheit der Wolle wechselt daher auch außerordentlich je nach der Rasse und den Verhältnissen, unter welchen das Schaf (s. d.) lebt. Die Wolle des gemeinen deutschen Landschafs (Landwolle) ist meist grob, nicht stark gekräuselt, sondern nur mit wenigen unregelmäßigen Biegungen versehen, trocken und spröde.
Die Wolle der Merinoschafe (Merinowolle) dagegen ist weit feiner, mit vielen kleinen, regelmäßigen und gleichen Bogen gekräuselt, sanft und fett anzufühlen, elastisch und fest, mithin zu feinern Stoffen geeignet und deshalb wertvoller. Von den Merinos unterscheidet man aber die Elektoralschafe mit sehr feiner, sanfter, geschmeidiger, aber weniger dicht stehender Wolle und die Negretti- oder Infantadoschafe, deren Wolle meist weniger fein, sanft und geschmeidig ist, aber auf dem Vlies dichter steht.
Durch Kreuzungen deutscher Landschafe mit Widdern spanischer Zucht hat man die veredelten Schafe erhalten, deren Wolle der Originalmerinowolle gleichkommt. Alle diese Schafe faßt man wohl als Höhen- oder Landschafe zusammen, deren Wolle bisweilen nur 36 mm, meist unter 150 mm und höchstens 250 mm lang wird. Ihnen stehen die Niederungsschafe gegenüber, deren Wolle 170-450 und selbst 550 mm Länge erreicht, meist grob und nie gekräuselt, sondern nur schwach wellenartig gelockt, fast wie eigentliches Haar schlicht und gerade ist.
Die stark gekräuselten feinen Wollsorten stehen auf dem Körper des Tiers in Büscheln (Bündeln) von je 100 und mehr, welche sich aneinander lehnen und mit ihren Kräuselungen (Bogen) ineinander greifen. Bleiben dabei die einzelnen Bündel deutlich getrennt, so heißt die Wolle gesträngt und, wenn die Haare der einzelnen Stränge durch Wollschweiß ziemlich fest verklebt sind, zwirnig. Eine Anzahl Bündel erscheint meist durch losen Zusammenhang zu einem größern Büschel oder Stapel vereinigt; doch braucht man letztern Ausdruck auch zur Bezeichnung des Wollwuchses überhaupt und spricht von hohem oder niedrigem, dichtem, klarem oder verworrenem Stapel.
Bei feiner, gleichartiger Wolle pflegen die Stapel klein, niedrig, rund, geschlossen (aus eng zusammenliegenden Haaren gebildet) und stumpf (nicht pfriemenartig zugespitzt) zu sein. Von dem ganzen Vlies verlangt man, daß es ausgeglichen sei, d. h. daß die einzelnen Hauptteile Wolle von nicht zu ungleicher Beschaffenheit tragen, und daß es nicht mit kurzen, weißen, glänzenden, ungekräuselten Stichelhaaren oder ähnlichen langen, groben, falschen (Hunds-, Ziegenhaaren, Bindern) vermischt sei.
Bei der Haltung des Schafs ist die Verunreinigung der Wolle durch Kletten, Heu- und Strohteilchen zu vermeiden, da diese nur schwer aus der (futterigen) Wolle zu entfernen sind. Bei dem Landschaf stehen auf 1 qcm Hautfläche etwa 720, bei Merinos mit dichtem Wollstand bis 8500 Wollhaare. Wolle ist sehr hygroskopisch und nimmt in einem feuchten Raum 28-33 Proz. Wasser auf, ohne fühlbar feucht zu erscheinen. Man stellt deshalb den Wassergehalt der Wolle in besondern Anstalten (Konditionieranstalten) fest, um dem Wollhandel eine größere Sicherheit zu geben. Gewöhnlich enthält Wolle 13-17 Proz. Feuchtigkeit, welche beim Trocknen an der Luft (im Schatten) auf 7-11 Proz. herabgeht.
Wolle ist in der Regel weiß (wenn auch auf dem Vlies stark verunreinigt), seltener grau, braun, schwarz, gelblich oder rötlich; sie besitzt einen gewissen Glanz, welcher in der Regel bei mittelfeiner und selbst grober Wolle am stärksten zu sein pflegt, und Sanftheit (Seidenartigkeit), die besonders an der Elektoralwolle ausgebildet ist, aber oft bei gröberer Wolle deutlicher hervortritt als bei mancher feinen Wolle. Dieser Sanftheit verdanken die wollenen Gewebe einen eigentümlichen angenehmen Griff. Besonders charakteristisch ist für die Wolle die Kräuselung, welche darin besteht, daß das Haar in mehr oder weniger kleinen Bogen, die nicht in einer Ebene, sondern in einer gekrümmten Fläche liegen, wellenartig hin- und hergebogen ist.
Die Zahl der Bogen auf einer gewissen Länge wächst mit der Feinheit der Wolle und beträgt 10 oder 12-30 oder 32, selbst 36 auf 26 mm, und je nach dem Grade der Kräuselung verlängert sich das gekräuselte Haar beim Ausstrecken um das 1,20-1,97fache. Am meisten geschätzt ist Wolle mit schmalen, flachen Bogen, welche auf der ganzen Länge des Haars, etwa mit Ausnahme der Spitze, gleichmäßig sein müssen. Man zählt die Kräuselungen auf schwarzem Papier oder mit Hilfe eines Kräuselungsmessers.
Das Blocksche Instrument, dem das Sorgesche ähnlich ist, besteht aus einer sechsseitigen Messingblechscheibe, welche auf jeder Seite von 2,6 cm Länge so viel Zähne eingesägt enthält, als ein Sortiment (von denen Block sechs annahm) auf 2,6 cm enthält, so daß an einem bestimmten Wollsträhnchen, das nach seiner Feinheit bestimmt werden soll, die verschiedenen Seiten der Platte angepaßt werden. Diejenige Seite der Scheibe, deren Zähne mit den Wellungen des Strähnchens vollkommen übereinstimmen, gibt dann das Sortiment der an. Tauber konstruierte ein Instrument mit einer Lupe, vor welcher sich ein Viereck befindet, welches durch ausgespannte Drähte in mehrere gleiche Teile geteilt ist, so daß man leicht die zwischen diese Abteilungen fallenden Kräuselungen des Wollhaars zählen kann.
Die Feinheit, welche, alles übrige gleichgesetzt, den Wert der Wolle bestimmt, wird genau mittels des Wollmessers (s. d.) ermittelt und beträgt in Tausendsteln eines Millimeters bei Elektoralwolle 13-31, Negrettiwolle 15-26, böhmischer Mestizenwolle 17-36, ungarischer Zackelwolle 20-28, Leicesterwolle vom Bock und zwar vom Blatt 32-42, vom Hals 24-34, vom Scheitel 19-31, vom Nacken 26-35, vom Rücken 25-36, vom Bauch 25-39, von den Füßen 25-36, von der Schwanzwurzel 31-47. Für die im Wollhandel übliche Klassifikation können die folgenden Zahlen als Durchschnittswerte der Feinheit angesehen werden:
Haardicke in Tausendstel-Millimetern | Feinheitsnummer in Kilometern auf 1 Kilogramm | |
---|---|---|
Superelekta | 15-17 | 4300-3300 |
Elekta | 17-20 | 3300-2500 |
Prima | 20-23 | 2500-1800 |
Sekunda | 23-27 | 1800-1300 |
Tertia | 27-33 | 1300-900 |
Quarta | 33-40 | 900-600 |
Außer den genannten Eigenschaften kommen bei der Wolle noch in Betracht: die Gleichmäßigkeit (Ausgeglichenheit, Treue) des einzelnen Haars in seiner ganzen Länge in Bezug auf Stärke und Kräuselung;
die Geschmeidigkeit, die mit der Sanftheit im Anfühlen in engem Zusammenhang steht, aber nicht eine notwendige Begleiterin der höhern Feinheit ist;
die Dehnbarkeit, welche nach völligem Ausstrecken bei feiner Wolle noch 30-40 Proz., bei guter grober Wolle bisweilen 40-50 Proz. beträgt.
Wolle,
mehr
der es an Dehnbarkeit fehlt, heißt spröde. Die Festigkeit (Stärke, Kraft, Nerv, Haltbarkeit) ist unter Berücksichtigung der Feinheit und der übrigen Eigenschaften zu ermitteln. Ein einfaches Wollhaar erfordert zum Zerreißen je nach Feinheit und Güte ein Gewicht von 3-46 g. Die Elastizität soll einen mittlern Grad erreichen und eine Flocke Wolle nach dem Zusammendrücken oder Ausdehnen ihre ursprüngliche Gestalt langsam und gleichmäßig (nicht plötzlich, gleichsam im Sprung) wieder annehmen.
[Arten, technische Behandlung.]
Die Wollgattungen sind ebenso zahlreich wie mannigfach; vom technischen Gesichtspunkt aus unterscheidet man aber nur zwei Klassen: Streich- und Kammwolle. Die Streichwolle (Kratzwolle, Tuchwolle), welche zur Darstellung tuchartiger Gewebe dient, die in der Walke eine tuchartige Decke erlangen, in der Regel auch gerauht und geschoren werden, umfaßt alle entschieden gekräuselten Wollen von weniger als 100 mm Länge (im ausgestreckten Zustand).
Die natürliche Kräuselung der Wolle befördert die Filzbildung, und je kürzer und feiner die einzelnen Haare sind, um so mehr Haar-Enden und -Spitzen kommen in einem gleichen Gewicht des Garns vor. Die Kammwolle dient dagegen zur Verfertigung glatter Wollzeuge, bei denen die Fäden von keiner Filzdecke versteckt werden, und zu Strickgarnen. Sie muß eine bedeutende Länge, große Festigkeit besitzen und womöglich schwach gekräuselt oder ganz schlicht sein. Große Feinheit kommt hier weniger in Betracht und ist nur zur Herstellung besonders weicher Stoffe erforderlich; wohl aber wird die Weichheit sehr geschätzt, weil sie sanfteres Anfühlen und gefälligen Faltenwurf bewirkt.
Die rohe Wolle ist sehr unrein; reine Merinowolle verlor z. B. durch Trocknen 12-16 Proz., gab an Äther 8-28 Proz., weiter an Alkohol 3-7, an Wasser 8-11 Proz. ab, enthielt Schmutz 12-32 Proz. und reines Wollhaar 23-55 Proz. Andre Untersuchungen roher Wolle ergaben:
Schmutz | 34.21-43.27 Proz. | 2.9 Proz. | 23.6 Proz. |
Schweiß | 12.11-34.98 " | 7.2 " | 14.7 " |
Fett | ↗ | 20.5 " | 23.0 " |
Feuchtigkeit | 10.19-12.63 " | 10.8 " | 23.5 " |
Wolle | 20.23-41.05 " | 20.8 " | 50.0 " |
Abgesehen von Staub etc., besteht die wesentlichste Verunreinigung der Wolle aus der mehr oder weniger eingetrockneten Hautausdünstung des Tiers, dem Wollschweiß. Dieser bildet eine zähe, fette Schmiere und findet sich am reichlichsten auf der feinen Wolle. Er gibt an Wasser eine seifenartige Verbindung des Kalis mit Fett ab und enthält außerdem Kali- und Kalksalze, Cholesterin und ähnliche Körper. In Deutschland wird die Wolle in der Regel zunächst auf dem Rücken der Tiere gewaschen (Pelzwäsche, Rückenwäsche), wobei man das Schwemmen (Schwimmen der Schafe in Fluß oder Teich), die Handwäsche, Sturzwäsche (Spülen der gewaschenen Schafe unter einem Strahl) und Spritzwäsche (Waschen der eingepferchten Schafe mittels einer Feuerspritze) unterscheidet.
Sehr vorteilhaft wäscht man zuerst mit reinem Wasser von 32-34°, dann mit Seifenwurzelabkochung von 37-44° und erzielt dadurch ausgezeichnete Weiße mit Glanz und Geschmeidigkeit. Rohe Wolle verliert durch die Pelzwäsche mit kaltem Wasser 20-70, meist 40-60 Proz. am Gewicht. Ist die Wolle wieder vollständig getrocknet, so wird sie, etwa am dritten Tag, mit den Schafscheren glatt vom Körper abgeschnitten, wobei man das Vlies möglichst zusammenzuhalten sucht. Die Wolle von den Füßen, Backen und dem Schwanz bleibt gesondert und bildet die Stücke; die groben, haarigen Teile heißen Locken. In der Regel werden die Schafe jährlich einmal (Mitte Mai bis Anfang Juli) geschoren (einschürige Wolle, Einschur); in manchen Gegenden aber schert man langwollige Schafe im Frühjahr und Herbst (zweischürige Wolle, Zweischur); noch nicht ein Jahr alte Tiere geben die weiche, seidenartige Lammwolle. Über die Ausbeute s. Schaf, S. 381.
Alle von lebenden Tieren gewonnene Wolle heißt Schurwolle im Gegensatz zur Wolle gefallener Tiere (Sterblingswolle), die weniger fest und elastisch ist und sich schlecht färbt. Gerberwolle (Raufwolle) wird in den Weißgerbereien und Saffianfabriken mittels Kalks von den Fellen abgenommen und ist zum Spinnen, besonders wenn sie mit langer Wolle gemischt wird, ganz brauchbar. Die Pelzwäsche ist für die Verarbeitung der Wolle noch nicht ausreichend, da sie noch sehr viel Wollschweiß zurückläßt.
Diesen zu entfernen, dient die Fabrikwäsche (Entschweißen, Entfetten), welche entweder mit Wasser von 50-75°, oder besser mit schwachem Seifenwasser (5-15 kg Seife auf 100 kg Wasser), schwacher Lösung von Pottasche, Soda oder kohlensaurem Ammoniak, oder verdünntem, gefaultem (daher kohlensaures Ammoniak enthaltendem) Harn durch Hand- oder Maschinenarbeit ausgeführt wird. Die gewaschene Wolle wird schließlich gespült und am besten im nicht erwärmten Luftstrom getrocknet.
Auch Seifenwurzel und Quillajarinde wird zum Waschen benutzt und in neuester Zeit Schwefelkohlenstoff. Diese gründliche Reinigung der Wolle geschieht in besondern Anlagen, sogen. Wollwäschereien, oder in Fabriken und zwar neuerdings wohl ausschließlich mit Maschinen, in welchen zunächst das Fett verseift oder emulsioniert und dann ausgewaschen, zuletzt aber die Wolle getrocknet wird. Dies muß in ununterbrochener Weise und mit vollkommener Schonung der Wolle, namentlich mit Vermeidung jeglicher Verfilzung, ausgeführt werden.
Die erste Maschine dieser Art, welche zugleich eine große quantitative Leistungsfähigkeit besaß und daher den Namen Leviathan erhielt, wurde 1863 von Melen in Verviers konstruiert und ist das Vorbild für alle spätern Waschmaschinen geblieben. Sie bestand aus einem langen Eisentrog, an dessen einem Ende die Wolle zugeführt wurde, um sodann von einer Tauchertrommel gefaßt und unter die Waschflüssigkeit gedrückt zu werden. Drei Systeme von Rechen ergriffen darauf die Wolle, schoben sie langsam durch den Trog und zuletzt am andern Ende desselben in eine Walzenpresse zum Auspressen der Waschflüssigkeit.
Das vollständige Trocknen erfolgte nachträglich auf besondern Trockenapparaten. Die von Mehl wesentlich verbesserte Waschmaschine (s. nebenstehende Abbild.) besteht zunächst aus der großen Waschkufe K mit der innern kleinern Kufe k, in welcher das Waschen stattfindet. Der in der Kufe k aus durchlochtem Blech hergestellte Rost R ist von einer Anzahl durchlöcherter Röhren r durchzogen, welche an dem einen Ende in das Hauptrohr L münden und an ihrem andern Ende mit einer Schraube verschlossen sind. Mittels einer Luftpumpe oder einer Dampfstrahlpumpe wird nun erwärmte Luft durch das Hauptrohr L und von da durch die kleinen Röhren r von der Gesamtfläche des Rostes aus in das in der Kufe k befindliche Waschwasser getrieben. Durch die Löcher des Rostes R und durch die Zwischenräume des Speisetisches T findet für das Waschwasser der beiden Kufen K und k eine Verbindung statt.
Zum Untertauchen und Fortschieben der Wolle dienen die vier Trommeln D E F G. Jede Trommel besteht aus einem hohlen Cylinder, dessen Inneres in sechs
mehr
Kammern abgeteilt ist, und an dessen Umfang sich sechs Wülste befinden. Die Wülste, die Seiten- und innern Scheidewände sind aus glattem, geschlossenem Blech hergestellt; dagegen sind die Umfangsteile zwischen den Wülsten aus glattem, gelochtem Blech. Die innern Scheidewände sind mit Rücksicht auf die Drehrichtung der Trommeln so angeordnet, daß beim Eintritt eines Wulstes ins Wasser der Kufe an dieser Stelle ein wasserleerer Raum im Innern der Trommel entsteht.
Sobald nun der folgende gelochte Umfangsteil ins Wasser kommt, dringt das Wasser durch dasselbe und füllt den leeren Raum der betreffenden Kammer allmählich aus. Die Zahl der kleinen, 2-3 mm weiten Löcher ist so groß, daß die Kammer gefüllt ist, wenn ihr Wulst am tiefsten Punkt im Wasser eingetaucht ist. Von da an bis zum Austritt des Wulstes aus dem Wasser entleert die entsprechende Kammer wiederum das beim Eintritt aufgenommene Wasser. Sämtliche Trommeln erhalten durch Kegelrädergetriebe eine Drehgeschwindigkeit, welche am Umfang annähernd der Geschwindigkeit des Speisetisches T gleichkommt.
Behufs des Waschens werden die Kufen K und k mit Waschwasser gefüllt, worauf man die Maschine in Bewegung setzt; die eingetriebene erwärmte Luft strömt dann aus sämtlichen Röhren des Rostes, steigt an die Oberfläche des Wassers und bringt dasselbe in ein gelindes Wallen. Die zu waschende Wolle fällt hinter der Trommel D in die innere Kufe k, wird durch das Eindringen des Wassers in die Trommel sanft an den gelochten Teil gezogen, mit Hilfe des nachfolgenden Wulstes in das Wasser eingetaucht und über den tiefsten Punkt der Trommel fortbewegt.
Von diesem Punkt an beginnt das wieder austretende Wasser die Wolle von der Trommel loszudrängen; die aufsteigende Luft treibt die Wolle in wallender Bewegung wieder an die Oberfläche des Wassers, wodurch sie rasch ausgelöst und von dem ihr anhaftenden Schmutz befreit wird. An der Oberfläche sammelt sie sich und wächst bis zur zweiten Trommel E an. Hier erfolgt wieder das Anziehen, Eintauchen, Loslassen, Aufsteigen, Waschen und Vorwärtsschieben der Wolle von der zweiten bis zur dritten Trommel F. Dasselbe Spiel erfolgt ein drittes Mal, wonach sich die Wolle zwischen der Trommel F und der Trommel G und mit Hilfe letzterer bis zum Speisetisch T sammelt, welcher sie sanft und regelmäßig in der Breite der Ausmündung der Kufe k aus dem Wasser schafft und zu den Druckwalzen der Presse befördert.
Als Vorteile dieser Maschine gegenüber den bisherigen gelten: rasche Reinigung mit bedeutender Seifenersparnis, durchaus offene Wolle ohne verfilzte Teile, Warmhalten des Waschwassers durch die stets eingetriebene erwärmte Luft. Letzterer Umstand ermöglicht einen stetigen Betrieb mit ständigem Zufluß des reinern Waschwassers an der Stelle des Speisetisches T und mit ebenso ständigem Abfluß am entgegengesetzten Ende der Kufe K, ohne das Wasser durch unmittelbare Dampfeinströmung zu erwärmen, was bekanntlich schädlich auf die Wolle wirkt. Da jedoch die eingetriebene Luft nur mäßig über die Temperatur des Waschwassers erwärmt werden darf, so reicht sie nicht völlig aus, um die Temperatur des Waschwassers auf ihrer anfänglichen Höhe von etwa 40° zu erhalten. Zur Nachhilfe ist ein hufeisenförmiges Dampfrohr U in der Kufe K angebracht, dessen Ende mit kleinen Löchern versehen ist. Ein geringes Öffnen des Ventils V genügt, um das Waschwasser durch die Ausstrahlung des Rohrs U auf seiner Temperatur zu erhalten, ohne den Dampf unmittelbar in das Wasser einlassen zu müssen.
[Produktion und Verbrauch.]
Die europäische Wollzucht ist in neuerer Zeit durch diejenige der überseeischen Länder immer mehr zurückgedrängt worden. In England, Frankreich, Österreich-Ungarn und Deutschland ist der Schafbestand bedeutend zurückgegangen, und selbst da, wo dies nicht der Fall war, züchtet man jetzt mehr Fleischschafe als Wollschafe. Dazu kommt, daß in den englischen Kolonien wie in Südamerika die Produktion feiner Wolle erheblich zugenommen hat, so daß auch in dieser Hinsicht das frühere Übergewicht Europas schwindet. Die Wollproduktion betrug in
Mill. Kilogr. | Mill. Kilogr. | ||
---|---|---|---|
Rußland (1884) | 119.28 | Australien (Ausfuhr 1885 bis 1886) | 206.60 |
Großbritannien und Irland (1885) | 61.66 | Vereinigte Staaten (1884) | 139.52 |
Frankreich (1882) | 36.35 | Argentinien (Ausf. 1885) | 128.39 |
Spanien (1878) | 30.00 | Uruguay (Ausfuhr 1884) | 26.80 |
Deutsches Reich (1881) | 24.90 | Kapkolonie (Ausf. 1885) | 13.20 |
Ungarn (1884) | 19.57 | Britisch-Ostindien (Ausfuhr 1885/86) | 10.49 |
Italien (1874) | 9.70 | Natal (Ausfuhr 1885) | 7.85 |
Österreich (1883) | 5.06 | Asiatische Türkei u. Persien etwa | 6.00 |
Portugal | 4.70 | Brit.-Nordamerika (1884) | 2.00 |
Belgien | 2.00 | ||
Schweden (1884) | 1.50 | Andre fremde Wolle etwa | 40.00 |
Die übrigen Staaten etwa | 4.00 | ||
Europäische Produktion: | 318.72 | Außereurop. Produktion: | 580.94 |
Die gesamte Wollproduktion kann hiernach auf ca. 910 Mill. kg geschätzt werden. Der Wollhandel bezifferte sich 1885 in Millionen Kilogramm in
Einfuhr | Ausfuhr | Mehreinfuhr + Mehrausfuhr - | |
---|---|---|---|
Großbritannien | 229.5 | 132.0 | +97.5 |
Frankreich | 167.3 | 23.5 | +143.8 |
Deutschland | 105.5 | 13.5 | +92.0 |
Belgien | 43.9 | 3.1 | +40.8 |
Österreich-Ungarn | 22.0 | 8.9 | +13.1 |
Niederlande | 15.3 | 13.8 | +2.0 |
Rußland | 5.6 | 23.5 | -17.9 |
Italien | 11.1 | 0.8 | +10.3 |
Schweiz | 3.0 | 1.1 | +1.9 |
[* ] ^[Abb.: Fig. Mehls Wollwaschmaschine. Durchschnitt.]
mehr
Die Vereinigten Staaten hatten 1884/85 eine Wollproduktion von 308, eine Einfuhr von 70,6 und eine Ausfuhr don 3,1 Mill. engl. Pfd. Der Wollverbrauch betrug in Frankreich 180, Großbritannien 160, Deutschland 117, europäisches Rußland 100, Belgien 42, Österreich-Ungarn 38, Italien und die übrigen Staaten Europas 45, in den Vereinigten Staaten 170, zusammen 872 Mill. kg. In der industriellen Verarbeitung der Wolle stehen Großbritannien, Frankreich und die Vereinigten Staaten am höchsten, doch haben die Menge und der Wert der englischen Wollmanufaktur in der neuern Zeit eine Einschränkung erfahren, während dieser Industriezweig in den Vereinigten Staaten einen mächtigen Aufschwung genommen hat. Ebenso bestehen Deutschland, Frankreich und Österreich die Konkurrenz mit England gegenwärtig erfolgreicher als früher. Deutschland importierte 1885: 21,200 u. exportierte 204,550 metr. Ztr. Wollwaren. Der Wert der Einfuhr betrug 16,054, der der Ausfuhr 155,890 Mill. Mk.
Man ist darauf bedacht gewesen, die Bestandteile des Wollschweißes zu verwerten, und hat die rohe Wolle (ohne vorhergegangene Pelzwäsche) mit Wasser ausgezogen, um die Lauge auf kohlensaures Kali zu verarbeiten (s. Pottasche) oder als Dünger zu benutzen. Die Schwefelkohlenstoffextraktion dagegen bezweckt die Gewinnung des Fettes und muß in der Weise ausgeführt werden, daß der benutzte Schwefelkohlenstoff von der Wolle und dem Fett getrennt und ohne zu großen Verlust wiedergewonnen werden kann.
Das erhaltene Fett dient zur Seifenfabrikation, zum Ölen der Felle in der Sämischgerberei etc. Statt des Schwefelkohlenstoffs hat man auch Benzin, Petroleum, Amylalkohol (Fuselöl) und Äther angewandt, letztern in der Weise, daß die Wolle zuerst mit Wasser, dann mit Alkohol und zuletzt mit Äther extrahiert wird, worauf man letztern durch Alkohol und diesen durch Wasser verdrängt. Um die Bestandteile der Wollwaschwasser zu verwerten, sammelt man dieselben in Bassins, fällt sie mit Kalkmilch, sammelt die abgeschiedene Kalkseife und benutzt diese als Brennmaterial, zur Darstellung von Leuchtgas oder zur Gewinnung von Fett, indem man sie mit Salzsäure zersetzt. Über die Verarbeitung der Wolle s. Spinnen.
Vgl. außer der im Art. »Schaf« angeführten Litteratur noch Jeppe, Terminologie der Schafzucht und Wollkunde (Rost. 1847);
Rohde, Beiträge zur Kenntnis des Wollhaars (Berl. 1857);
Reißner, Beiträge zur Kenntnis der Haare des Menschen und der Säugetiere (Bresl. 1854);
Bohne, Wollkunde (Berl. 1873);
Grothe, Die Wolle (das. 1874, volkswirtschaftlich);
Sella, Studien über die Wollenindustrie (Wien 1876);
v. Nathusius-Königsborn, Das Wollhaar des Schafs (Berl. 1866);
Settegast, Bildliche Darstellung des Baues und der Eigenschaften der Merinowolle (das. 1869);
Janke, Wollproduktion (Bresl. 1864);
Burnley, History of wool and woolcombing (Lond. 1889).