Wolfenbüttel
,
[* 1] Kreisstadt im Herzogtum Braunschweig, [* 2] an der Oker, Knotenpunkt der Linien Jerxheim-Braunschweig, Wolfenbüttel-Harzburg und Wolfenbüttel-Salder der Braunschweigischen Staatsbahn, 75 m ü. M., hat 3 evang. Kirchen, unter welchen sich die Haupt- oder Marienkirche mit einer großen Orgel und den fürstlichen und herzoglichen Erbbegräbnissen auszeichnet, eine kath. Kirche und ein altes fürstliches Residenzschloß, in welchem sich jetzt ein Lehrerinnenseminar und das Theater [* 3] befindet.
Das dem
Schloß gegenüber gelegene schöne, vom
Herzog
August
Wilhelm 1723 in Form des
Panthéons zu
Rom
[* 4] aufgeführte Gebäude,
in welchem sich die berühmte
Wolfenbütteler
Bibliothek befunden hat, deren Bibliothekar
Lessing einst war, hat
wegen eingetretener Baufälligkeit 1887 einem prachtvollen Neubau weichen müssen, dessen Eingang von zwei mächtigen ehernen
Löwen
[* 5] bewacht wird. Die
Bibliothek umfaßt 300,000
Bände, darunter 800
Bibeln, eine große Anzahl
Inkunabeln und 10,000
Handschriften.
Wolfenbüttel
zählte 1885 mit der
Garnison (eine
Batterie
Feldartillerie Nr. 10) 13,453 meist evang. Einwohner.
Die
Industrie beschränkt sich auf Flachsspinnerei, Fabrikation von
Maschinen, Kupferwaren,
Korken,
Tuch,
Konserven,
Leder,
Tabak
[* 6] etc.,
Ziegel- und Kalkbrennerei, Kunsttischler,
Garten- und Gemüsebau und Müllerei; der
Handel ist nur
bedeutend in
Getreide
[* 7] und
Garn. Wolfenbüttel
ist Sitz eines herzoglichen
Konsistoriums, eines Amtsgerichts, des Landeshauptarchivs und
hat ein
Prediger-, ein
Lehrer- und ein Lehrerinnenseminar, ein
Gymnasium, eine
Realschule, eine jüdische
höhere Lehranstalt (Samsonschule), ein
Theater, eine
Strafanstalt, ein Waisenhaus und ein
Krankenhaus.
[* 8]
Die ehemaligen Festungswälle sind in
Promenaden verwandelt. Unweit Wolfenbüttel
liegt das 1000 gestiftete
Fräuleinstift Stetterburg.
Wolfenbüttel
soll vom
Markgrafen
Egbert von
Meißen
[* 9] 1046 gegründet worden sein. Von
Heinrich dem
Löwen 1193 erobert,
ward es 1267
Residenz der ältern braunschweigischen
(Wolfenbütteler)
Linie. Bis zu dieser Zeit bestand nur das feste
Schloß
(Dom Nestring); von da an ward auch die Stadt gebaut. 1542 wurde Wolfenbüttel
von den
Sachsen
[* 10] und
Hessen
[* 11] beschossen und eingenommen, nach
der
Schlacht bei
Mühlberg 1547 aber wieder geräumt. Im Dreißigjährigen
Krieg siegten bei Wolfenbüttel
die
Schweden
[* 12] unter
Wrangel und
Königsmark über die Kaiserlichen unter dem
Erzherzog
Leopold. Zum Andenken an diese Begebenheit prägte
man die sogen. Glockenthaler. Als 1671 die Stadt
Braunschweig in den alleinigen
Besitz von Braunschweig-W kam, nahmen die
Herzöge
ihre
Residenz teilweise in
Braunschweig, bis sie
Herzog
Karl 1754 ganz dahin verlegte.
Vgl.
Bege,
Chronik der
Stadt Wolfenbüttel
(Wolfenb. 1834);
v.
Heinemann, Die herzogliche
Bibliothek zu Wolfenbüttel
(das. 1879).