Wirtschaft
ist jede auf die Befriedigung von Bedürfnissen,
demgemäß auf Erzeugung und Verwendung
von
Gütern gerichtete schaffende Thätigkeit des
Menschen. Dieselbe gewinnt vorzüglich dadurch eine Bedeutung, daß der
Mensch
die
Eigenschaften der
Dinge der
Außenwelt zu erkennen, diese Gegenstände auf ihre Brauchbarkeit für die Bedürfnisbefriedigung
zu prüfen und zu vergleichen, daß er ferner auf
Grund gesammelter
Erfahrungen auf die Zukunft zu schließen
und demgemäß bei allen wirtschaft
lichen
Handlungen an der
Hand
[* 2] vernünftiger Erwägungen einen vorhandene
Kräfte,
Mittel und
Bedürfnisse berücksichtigenden Wahlentscheid zu treffen vermag.
Erfahrungsgemäß nehmen unsre Bedürfnisse mit steigender
Kultur zu, während unsre wirtschaft
lichen
Kräfte ohne besondere
Pflege derselben sich mindern. Hieraus erwächst für den
Menschen die unabweisliche
Forderung, nach dem
Grundsatz der Wirtschaft
lichkeit, d. h. immer so zu wirtschaften
, daß bei voller Befriedigung
menschlich-sittlicher Bedürfnisse nicht allein unsre
Bildung gesteigert, sondern auch unsre äußern ökonomischen Machtmittel
(Kapital) vermehrt werden. Um dieses
Ziel am vollständigsten zu erreichen, ist mit gegebenen
Kräften möglichst viel zu leisten
und ein bestimmter
Zweck mit möglichst geringen
Opfern zu erstreben.
Hieraus ergeben sich bestimmte
Regeln für die Wirtschaft
lichkeit der
Produktion und
Konsumtion (s. d.). Es gibt so viel Wirtschaften
,
als Wirtschaft
ssubjekte ihre Bedürfnisse selbständig befriedigen. Dieselben weisen je nach Art, Zahl und rechtlicher
Stellung
der wirtschaft
enden Persönlichkeiten, nach Art der Gegenstände, auf welche die wirtschaftliche Thätigkeit
gerichtet ist, große Verschiedenheiten auf. Diese
Thatsache in
Verbindung mit der Möglichkeit, nach gewissen gemeinsamen
Merkmalen Gruppierungen vornehmen zu können, gibt Veranlassung zur Unterscheidung von Wirtschaft
sarten, deren Entstehung
verursacht wurde durch Verschiedenheit der von
Natur und
Kultur gebotenen
Kräfte und
Mittel sowie durch die Ungleichheit der
Neigungen zum
Genuß, welche wieder teils gegebenen natürlichen Zuständen, teils der Kulturentwickelung
zu verdanken ist.
Dazu kommt, daß eine volle Befriedigung und steigende Gesittung nur bei geordnetem Zusammenleben der
Menschen möglich ist.
In dieser
Thatsache liegt der unzerstörbare
Keim aller Vergesellschaftung. In der
Gesellschaft selbst können wir infolgedessen
unterscheiden: die Einzel- (Individual-) Wirtschaft
und die Wirtschaft
von
Gemeinschaften
(Gemeinwirtschaft), welche in
ihrer Gesamtheit als Einzelpersönlichkeiten erscheinen. Die Wirtschaft
von
Gemeinschaften kann auf freiem
Vertrag beruhen, der jederzeit
wieder lösbar ist (sogen. freie
Gemeinwirtschaften), oder die
Gemeinschaft, bez. die ihren
Zwecken dienende wirtschaft
liche
Thätigkeit beruht auf
Zwang.
Der Einzelne gehört der
Gemeinschaft an auf
Grund seiner
Geburt, Niederlassung, Mangel einer positiven
Willenserklärung, auf
Grund von Besitzverhältnissen u. dgl. und
hat demgemäß an der
Lösung der Aufgaben der
Gemeinschaft, insbesondere an deren
Lasten, sich zu beteiligen. Solche
Zwangsgemeinwirtschaften
sind in erster
Linie der
Staat, dann die
Gemeinde, ferner
Gemeinschaften, welche bestimmte einzelne
Zwecke verfolgen, wie Deichverbände,
Meliorationsgenossenschaften,
Zünfte, Zwangsinnungen etc. Bei diesen Zwangsgemeinschaften entspricht nicht immer die
Leistung der Gegenleistung, welche meist einseitig durch eine zwingende
Gewalt, nicht auf dem Weg freien Wettbewerbs bemessen
und geregelt wird. Dann sind zu unterscheiden: die Privatwirtschaft
, welche auf dem
Boden des
Privatrechts steht, und durch
welche der
Private (physische oder
¶
mehr
juristische Persönlichkeit) seine Sonderbedürfnisse befriedigt, und die Wirtschaft
des öffentlichen Rechts, welche im wesentlichen
sich mit dem Begriff der Zwangsgemeinwirtschaft deckt. Als Volkswirtschaft bezeichnet man die Gesamtheit der Wirtschaften aller
Angehörigen eines Volkes oder einer Bevölkerung.
[* 4] Dann spricht man noch von einer Weltwirtschaft, unter welcher Bezeichnung
die internationalen Handels- und Verkehrsbeziehungen besprochen zu werden pflegen (vgl.
Volkswirtschaftslehre).
Auf Grund der Arbeitsteilung bildete sich ein äußerlich wahrnehmbarer Gegensatz zwischen Gewerbe (s. d.) und Haushalt (s. Hauswirtschaft) aus, welche zwei Seiten der Wirtschaft darstellen. Als Wirtschaftspflege, Wirtschaftspolitik, Wirtschaftspolizei bezeichnet man beschränkende und fördernde Thätigkeiten der öffentlichen Gewalt, welche sich unmittelbar auf wirtschaftliche Gebiete beziehen. Über Natural- und Geldwirtschaft s. Geld, S. 50.