Titel
Wilson
,
1) Alexander, Ornitholog, geb. zu Paisley in Schottland, erlernte die Weberei, [* 2] suchte sich aber nebenbei geistig auszubilden und versuchte sich als Dichter. Sein Gedicht »Watty and Meg« (1792) gehört zu den besten Erzeugnissen der schottischen Muse. Als Mitglied der Gesellschaft der Volksfreunde der Polizei verdächtig geworden, wanderte er um 1794 nach Amerika [* 3] aus, wo er später als Schullehrer in verschiedenen Orten Pennsylvaniens wirkte. Der Naturforscher Bertram und der Kupferstecher Lawson weckten sein Talent für Naturforschung.
Nachdem er mehrere
Wanderungen gemacht, begann er 1806 die Vorarbeiten zu seiner vortrefflichen »American
ornithology«, deren 1.
Band
[* 4] 1808 zu
Philadelphia
[* 5] erschien, und die er bis zum 7.
Band fortgesetzt hatte, als er in
Philadelphia starb. Das Werk wurde nach Wilsons
Tod aus seinen Sammlungen von
Ord fortgeführt (Bd. 8 u.
9, 1814) und von
Lucian
Bonaparte durch 4 Supplementbände (1825-33) ergänzt (neue Ausg. 1876, 3 Bde.).
Eine Sammlung seiner
Dichtungen und kleinern
Schriften gab Grosart heraus (Lond. 1876, 2 Bde.). 1874 wurde
ihm zu
Paisley eine
Statue errichtet.
Sein
Leben beschrieben
Peabody (in
Sparks »American biography«),
Brightwell (Lond. 1860), Paton (das. 1863) u. a.
2) Sir Robert Thomas, brit. General, geb. zu London, [* 6] trat im März 1793 als Kornett in die britische Armee und zeichnete sich im Feldzug von 1794 in Flandern mehrfach aus; namentlich rettete er in dem Treffen bei Cambrai (24. April) den Kaiser Franz II. vor der Gefahr, gefangen genommen zu werden. Bald darauf zum Hauptmann ernannt, diente er 1795 in Irland, begleitete 1799 den Herzog von York auf seiner zweiten Expedition nach Holland, folgte 1801 als Major dem General Abercromby nach Ägypten [* 7] (vgl. »Historical account of the British expedition to Egypt«, 4. Aufl., Lond. 1802, 2 Bde.), ging 1805 nach Brasilien [* 8] und nahm im Januar 1806 an der Eroberung des Kaps der Guten Hoffnung teil. Im November 1806 begleitete er den General Hutchinson nach Petersburg, [* 9] trat als Volontär in die russische Armee und wohnte den meisten Gefechten im Kriege gegen Frankreich bei (vgl. »Account of the campaigns in Poland in 1806 and 1807, with remarks on the character and composition of the Russian army«, Lond. 1811). Beim Ausbruch des Kriegs in Spanien [* 10] (1808) organisierte er die lusitanische Legion, welche unter seiner Führung der englischen Armee wesentliche Dienste [* 11] leistete. 1810 ward er zum Obersten befördert. Im Feldzug von 1812 befand er sich als militärischer Berichterstatter seiner Regierung im russischen, im Feldzug von 1813 in gleicher Stellung meist im österreichischen Hauptquartier.
Seine Mitwirkung zur Rettung des nach der zweiten
Restauration der
Bourbonen zum
Tod verurteilten französischen
Generals
Lavalette
zog ihm (1816) eine dreimonatliche
Haft zu. Im Juli 1816 nach
London zurückgekehrt, ward er vom
Volk mit
Enthusiasmus empfangen, obschon ein
Tagesbefehl des
Prinz-Regenten vom 10. Mai sein Benehmen wegen
Mißbrauchs der englischen
Uniform
getadelt hatte. Wilson
widmete sich nun wieder schriftstellerischen
Arbeiten und schrieb unter anderm: »A sketch of the military
and political power of Russia in the year 1817« (Lond. 1817). 1818 ging
er nach
Südamerika,
[* 12] geriet aber mit
Bolivar bald in
Konflikt, kehrte zurück und trat 1819 für
Southwark ins
Unterhaus, wo er,
im liberalen
Sinn wirkend, ausgezeichnetes Rednertalent bekundete.
Sein Eintreten
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für die Königin Karoline in deren Ehebruchsprozeß und seine demonstrative Teilnahme an deren Begräbnis hatten seine Ausstoßung
aus dem Heer zur Folge. Als 1823 die französische Armee zur Unterdrückung der Konstitution in Spanien einrückte, trat er in
die Dienste der Cortes, wurde aber bei Coruña schwer verwundet und flüchtete nach Gibraltar.
[* 14] Infolge davon
verlor er seine österreichischen, russischen und preußischen Orden.
[* 15] 1826 wurde er für Southwark wieder ins Parlament gewählt,
unterlag aber bei der Wahl von 1831 als Gegner der Reformbill. Wilhelm IV. beförderte ihn 1830 wieder zum Generalleutnant. 1835 ward
Wilson
Inhaber des 15. Husarenregiments und 1842 Gouverneur von Gibraltar. Bald nach seiner Rückkehr starb er in
London. Aus seinem Nachlaß wurde veröffentlicht: »Narrative of events during the invasion of
Russia« (Lond. 1860; deutsch, Leipz. 1861) und von seinem Neffen Randolph »Private diary of travels, personal services and
public events during missions and employments with the European armies in the campaigns of 1812-14«
(Lond. 1861, 2 Bde.). Wilsons
Leben beschrieb sein Neffe (Lond. 1863, 2 Bde.).
3) John, unter dem Pseudonym Christopher North bekannter engl. Dichter und Publizist, geb. zu Paisley in Schottland,
Sohn eines reichen Kaufmanns, studierte zu Glasgow
[* 16] und Oxford
[* 17] die Rechte, lebte dann unter allerlei Abenteuern,
nebenbei sich im Dichten versuchend, auf seinem Landgut Elleray in Cumberland. Nach dem Verlust seines Vermögens ging er nach
Edinburg,
[* 18] wurde 1814 daselbst Advokat, 1818 Professor der Moralphilosophie an der Universität und starb Die wertvollsten
von seinen zahlreichen ästhetischen, litterarischen, philosophischen und politischen Abhandlungen für
das von ihm herausgegebene »Blackwood's Magazine« erschienen gesammelt unter dem Titel: »The recreations of Christopher North«
(Edinb. 1842, 3 Bde.). Seine Gedichte:
»The isle of palms« (Edinb. 1812) und »The
city of the plague« (das. 1816) bekunden reiche Naturanschauung, Phantasie und Gedankenfülle. In seinen »Noctes Ambrosianae«
kultiviert er Politik und Litteratur. Wilson
war ein eifriger Bewunderer von Wordsworth, dessen Stil er nachahmte. Als Romanschriftsteller
trat er 1822 mit einer Sammlung Erzählungen aus dem schottischen Volksleben: »Lights and shadows of Scottish
life« und »The trials of Margaret Lindsay« (von beiden neue Ausg. 1866) aus. Seine Werke erschienen
mehrfach in neuen Ausgaben, darunter die »Essays« (1866, 4 Bde.). Wilsons
Memoiren wurden von seiner Tochter (1862, 2 Bde.;
neue Aufl. 1878) herausgegeben.
4) Horace Hayman, berühmter Sanskritist, geb. 1786, studierte Medizin, trat 1808 als Arzt in die Dienste der Ostindischen Kompanie, studierte in Kalkutta [* 19] die indischen Sprachen und gab 1813 Kalidasas Gedicht »The Meghadûta« im Sanskrit und mit freier englischer Übersetzung heraus. Bald folgte das große »Dictionary in Sanscrit and English« (Kalk. 1819, 3. Aufl. 1874). Eine Frucht seines Aufenthalts in Benares, wohin er als Mitglied der Kommission zur Neuorganisierung der Universität berufen ward, war sein »Hindu theatre« (3. Aufl., Lond. 1864-67, deutsch, Weim. 1828-31, 2 Bde.), in welchem er eine höchst geschmackvolle Übersetzung von 6 Dramen sowie die Analyse von 23 andern und eine Abhandlung über das dramaturgische System der Inder, ihre Bühne etc. lieferte.
Als Sekretär
[* 20] der Asiatischen Gesellschaft in Kalkutta bereicherte er deren Schriften mit einer Menge trefflicher
Einzelarbeiten.
1832 als Professor des Sanskrit nach Oxford berufen, 1836 zum Bibliothekar an dem East India House ernannt, später
auch zum Präsidenten der Londoner Asiatic Society erwählt, veröffentlichte Wilson
namentlich noch: »Vishnu-Purâna« (Lond. 1840),
die Übersetzung eines sehr umfangreichen und wichtigen Sanskritwerkes über indische Mythologie;
die »Grammar of the Sanscrit language« (2. Aufl., das. 1847);
die Sammlung indischer Novellen »Dasa-kumâra-carita« (das. 1846);
Forschungen über das indobaktrische Reich in dem Werk »Ariana antiqua« (2. Aufl., das. 1861);
eine »History of British India from 1805 to 1835« (das. 1844-48, 3 Bde.) und zahlreiche Aufsätze in dem »Journal of the Royal Asiatic Society«.
Seine Übersetzung des »Rig-veda«
(1850 ff.) wurde nach seinem Tod von Cowell fortgesetzt. Er starb in London. Eine kritische Ausgabe von Wilsons
Werken
besorgte Rost (1862-71, 12 Bde., von denen Bd.
6-10 Halls verbesserte Ausgabe der Übersetzung des »Vishnu-Purâna« enthalten).
5) Henry, amerikan. Staatsmann, geb. zu Farmington (New Hampshire), erlernte das Schuhmacherhandwerk, betrieb neben dem Handwerk politische und nationalökonomische Studien, trat zuerst 1840 als Anhänger der Whigpartei öffentlich als Redner auf und ward in die Legislatur von Massachusetts gewählt. Er war eifriges Mitglied der Freibodenpartei, auch der Knownothings, ward 1855 als Bundessenator von Massachusetts in den Kongreß gesandt, diente im Bürgerkrieg 1861 kurze Zeit als Stabsoffizier unter Mac Clellan, ward 1872 zum Vizepräsidenten der Union erwählt, starb in Washington. [* 21] Er schrieb: »History of antislavery measures« (1864);
»History of the rise and fall of the slave-power in America« (1872-1876, 3 Bde., unvollendet) u. a.
Vgl. Nason, Life and public services of H. Wilson
(Boston
[* 22] 1881).
6) Charles Rivers, engl. Finanzmann, geb. zu London, wurde in Eton vorgebildet und studierte in Oxford, wo er 1853 graduierte. 1856 wurde er Sekretär im Schatzamt und noch im gleichen Jahr Sekretär des Finanzministers. 1858-1868 war er Sekretär des Permanent Secretary im Schatzamt und eine Zeitlang Privatsekretär Disraelis, 1868-73 Privatsekretär Robert Lowes und ward 1873 Zentralkontrolleur des Staatsschuldenamtes. Als die ägyptischen Finanzen in völlige Verwirrung gerieten, wurde er 1876 vom Chedive zur Reorganisation des Staatshaushalts nach Ägypten berufen. Er verblieb jedoch nur vom März bis Juni und erhielt im Januar 1877 die Stelle eines Vertreters Großbritanniens bei der Suezkanalkompanie, 1878 die des königlichen Kommissars bei der Pariser Weltausstellung. Im folgenden August nahm er den Posten des ägyptischen Finanzministers an, wurde im April 1879 entlassen, jedoch 1880 von neuem als Präsident der internationalen Liquidationskommission nach Ägypten berufen. 1882 kehrte er nach England in sein früheres Amt zurück.
7) Daniel, franz. Politiker, geb. zu Paris [* 23] aus einer reichen protestantischen Familie englischer Abkunft, wurde 1869 als unabhängiger Kandidat in den Gesetzgebenden Körper gewählt, gehörte in demselben zur gemäßigten Opposition und stimmte gegen den Krieg mit Deutschland. [* 24] Im Februar 1871 zum Mitglied der Nationalversammlung gewählt, schloß er sich hier Grévy an und ward erst Mitglied des linken Zentrums, dann der republikanischen Linken. Er gehörte stets dem Budgetausschuß an. Seit 1876 Mitglied der ¶
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Deputiertenkammer, wurde er Berichterstatter des Budgetausschusses. Im Kabinett Ferry ward er zum Unterstaatssekretär
im Finanzministerium ernannt, aber bei Gambettas Eintritt in das Kabinett entlassen. 1881 verheiratete er sich mit der einzigen
Tochter des Präsidenten Grévy, Alice, und erlangte 1882 die wichtige Stellung des Präsidenten des Budgetausschusses. Doch
ließ er sich auf Börsenspekulationen ein, die unglücklich verliefen und ihn nicht bloß sein Vermögen kosteten, sondern
ihn auch verleiteten, seinen Einfluß bei seinem Schwiegervater und den Behörden für Verleihung von Staatslieferungen, Orden
u. dgl. förmlich zu verkaufen. 1887 kam der im
großen Stil betriebene Ordensschacher zu Tage, und Grévy mußte, weil er den Mißbrauch geduldet hatte und
Wilson
nicht von sich entfernte, Ende 1887 abdanken. Wilson ward verhaftet und im Februar 1888 wegen Betrugs zu zwei Jahren Gefängnis
verurteilt, vom Appellhof zwar scharf getadelt, aber freigesprochen, weil er die versprochenen und bezahlten Vorteile wirklich
verschafft hatte.