Wilhelmshöhe
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Schloß mit Parkanlagen und berühmten Wasserkünsten am Ostabhang des Habichtswaldes, 4 km westlich von Kassel [* 2] und mit diesem durch eine Straßeneisenbahn verbunden, Knotenpunkt der Linien Kassel-Frankfurt a. M., Kassel-Waldkappel und Kassel-Neudietendorf der Preußischen Staatsbahn, besteht aus einem großen, kuppelgekrönten, 69 m langen Mittelbau mit einem von sechs ionischen Säulen [* 3] getragenen Portikus, zwei 54 m langen Nebenflügeln und wurde 1787-98 unter Leitung du Rys und Jussows erbaut.
Ehemals stand hier das in der ersten Hälfte des 12. Jahrh. gestiftete Augustinerkloster Weißenstein, welches 1527 säkularisiert und dann als Absteigequartier bei fürstlichen Jagden benutzt wurde. Später erbaute hier Landgraf Moritz ein Lustschloß, das jedoch im Dreißigjährigen Krieg der Zerstörung anheimfiel. Mit Benutzung der hier durch die Natur so reichlich gebotenen Mittel ließ Landgraf Karl 1701 durch den italienischen Baumeister Guernieri die Bauten beginnen, wie sie jetzt noch bestehen. Zuerst entstand auf der Höhe des Karlsbergs das Riesenschloß (Oktogon), ein achteckiger Bau, aus drei übereinander gebauten, 91 m im Durchmesser haltenden ¶
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Bogengewölben, auf dessen Plattform auf einer 31 m hohen Pyramide die aus Kupfer [* 5] getriebene, 10 m hohe Nachbildung des Farnesischen Herkules (im Volksmund der »große Christoph«) steht. Auf Treppen [* 6] und Leitern steigt man bis in die Keule, in welcher fünf Personen Platz haben. Von dem Oktogon führen 12,5 m breite, 283 m lange, von 47 zu 47 m durch Bassins unterbrochene, auf beiden Seiten von Treppen zu je 842 Stufen begleitete Kaskaden zwischen tiefdunkeln hohen Tannenwänden nach unten.
Die Fortführung der Anlagen geschah erst nach Beendigung des Siebenjährigen Kriegs durch Landgraf Friedrich II. Er baute das halbzerstörte Schlößchen Weißenstein wieder auf, gab den vorhandenen Anlagen mehr Ausdehnung [* 7] und ließ Eremitagen, Grotten, Tempel [* 8] und Weiher überall im Wald entstehen. Auch das im chinesischen Geschmack projektierte Dörfchen Moulang und die große, 58 m hohe Fontäne verdanken ihm ihre Entstehung. Sein Sohn Wilhelm IX. (später Kurfürst Wilhelm I.) vervollständigte mit Hilfe der Baumeister du Ry und Jussow die Anlagen und baute nach Niederlegung des alten Lustschlosses Weißenstein das jetzige Palais, welches seine und seiner Nachfolger Sommerresidenz wurde.
Der Steinhöfersche Wasserfall, die Teufelsbrücke und der Aquädukt mit dem großen Wasserfall, welche die Zwischenglieder der
Wasserkünste zwischen den Kaskaden und der großen Fontäne bilden, sowie die Löwenburg sind seine Schöpfungen;
die letztere, eine Ritterburg alten Stils mit allem Zubehör, birgt auch die irdischen Reste Wilhelms I. Seit jener Zeit führt
der Weißenstein den Namen Wilhelmshöhe.
Ihre Vollendung erhielten die Anlagen unter Wilhelm II., welcher namentlich den »neuen
Wasserfall« mit seinen prächtigen Kaskaden anlegen ließ. Die berühmten Wasserkünste springen während
des Sommerhalbjahrs vom Himmelfahrtstag an bis zum Oktober regelmäßig jeden Mittwoch und Sonntag je eine Stunde. Das Wasser
liefert ein im Oktogon befindliches großes Sammelbassin. Nach der Kapitulation von Sedan
[* 9] diente das Schloß dem
gefangenen Kaiser Napoleon III. bis als Aufenthaltsort. Gegenwärtig bildet einen Gutsbezirk,
hat eine elektro-hydrotherapeutische und eine Kaltwasserheilanstalt und mit der Garnison (eine Schwadron Husaren Nr. 14) 171 Einw.
Vgl. Wapler, Geschichte der Wilhelmshöhe
(2. Aufl., Kassel 1870).