Wiener-Neustadt,
Stadt mit eignem Statut in Niederösterreich, Sitz eines Kreisgerichts sowie einer Bezirkshauptmannschaft (für die Umgebung), in dem fruchtbaren Steinfeld am Rohr- und Fischabach, an dem Neustädter Schiffahrtskanal, der Südbahn (Wien Triest, mit Abzweigung nach Ödenburg) und den Eisenbahnen von Wien über Pottendorf nach Wiener-Neustadt und von Wien über Wiener-Neustadt nach Aspang, nahe der ungarischen Grenze gelegen, ist, nach dem Brand vom neu aufgebaut, eine der schönsten Städte Niederösterreichs. Unter den Gebäuden steht obenan die 1168 erbaute, in neuerer Zeit mit Zubauten versehene Burg der Babenberger, in welcher seit 1752 die von Maria Theresia gestiftete Militärakademie (400 Zöglinge) untergebracht ist, mit der gotischen St. Georgskapelle, worin Kaiser Maximilian I. ruht, der Statue Kaiser Friedrichs III. und dessen
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Wappentafel im Burghof, physikalisch-kriegswissenschaftlichem Museum, Bibliothek, großem Park mit Exerzierplätzen und den Standbildern der Kaiserin Maria Theresia und des Grafen Kinsky (Direktors der Akademie), Reit- und Schwimmschule. Die Stadt hat mehrere Kirchen (darunter die alte Pfarrkirche von 1230, welche gegenwärtig restauriert wird), eine Cistercienserabtei (Neukloster, 1444 gestiftet) mit spätgotischer Kirche und wertvollen Sammlungen, ein Rathaus mit Archiv und Antiquitätensammlung, mehrere Kasernen und ein Theater. An Unterrichtsanstalten bestehen hier außer der genannten Militär-Akademie: ein Obergymnasium, eine Landesoberrealschule, ein Landeslehrerseminar, eine Handelsschule, eine gewerbliche Fortbildungsschule und eine Landesschule für Maschinenwesen;
an Wohlthätigkeitsanstalten: ein allgemeines Krankenhaus, ein Armen- und ein Bürgerversorgungshaus;
ferner eine Sparkasse (10,4 Mill. Gulden Einlagen).
Die Stadt hat ziemlich lebhafte Industrie, namentlich eine große Lokomotivfabrik, Fabriken für Maschinen, Drahtstifte, Glocken, Thon- und Zündwaren, Wagenfett, Leuchtgas, Stärke, Mehl, Bier, Waldsamen, Leder, Seiden- und Samtbänder und Watte, lebhaften Handel, insbesondere mit Vieh und landwirtschaftlichen Produkten, und zählt mit Militär (1880) 23,775 Einw. An der Wiener Straße steht eine 1382 errichtete gotische Denksäule (wie die bei Wien befindliche »Spinnerin am Kreuz« genannt). - Die Stadt wurde 1192 von Herzog Leopold VI. (VII.),
dem Glorreichen, gegründet und führt den Titel: »Die allezeit getreue«. Am gebot daselbst Kaiser Friedrich III. einen fünfjährigen Landfrieden. Am wurde Wiener-Neustadt vom König Matthias Corvinus von Ungarn erobert, aber 1490 an Maximilian wieder übergeben, 1529 und 1683 von den Türken belagert. Am erlangten hier die evangelischen Stände Österreichs von Kaiser Rudolf II. den Majestätsbrief.
Vgl. Böheim, Chronik von Wiener-Neustadt (neue Ausg., Wien 1863, 2 Bde.);
Brunner, Wiener-Neustadt in Bezug auf Geschichte, Topographie etc. (das. 1842).