Titel
Westindien
Westindien und Zentral

* 2
Westindien.
[* 2] (Westindische
Inseln, hierzu
Karte »Westindien
und
Zentralamerika«),
der Archipel, welcher
in einem großen, von SO. nach
NW. gerichteten
Bogen
[* 3] das große,
Südamerika
[* 4] von
Nordamerika
[* 5] trennende
Binnenmeer nach O. zu abschließt
und sich von der Mündung des
Orinoko bis zu den
Halbinseln
Florida und
Yucatan erstreckt.
Da man anfangs diese
Inseln für einen
Teil von
Indien hielt, so gab man ihnen den
Namen Westindien
Areal und
Bevölkerung
[* 6] sind (nach neuester Feststellung)
wie folgt:
Inseln | QKil. | QMeil. | Einwohner | Auf 1 QKil. |
---|---|---|---|---|
Große Antillen | 216![]() |
3938.0 | 3![]() ![]() |
17.3 |
Bahamainseln | 14![]() |
264.0 | 48![]() |
3.3 |
Kleine Antillen: Inseln über dem Wind | 11![]() |
214.6 | 1![]() ![]() |
87.4 |
" " Inseln unter dem Wind | 2200 | 40.0 | 69![]() |
31.4 |
Zusammen: | 245![]() |
4456.6 | 4![]() ![]() |
20.0 |
Abgesehen von den niedrigen, aus Korallenkalkstein gebildeten Bahamainseln, sind fast sämtliche Inseln gebirgig und die größern von ihnen mit Thälern und Schluchten vielfach durchzogen. Die höchsten Berge findet man auf Cuba (2375 m), Jamaica (2341 m) und Haïti [* 7] (2184 m), während die höchste der Kleinen Antillen, Dominica, nur bis 1900 m ansteigt. Die Küsten sind teilweise zerklüftet und vielfach von Korallenbänken umsäumt; an vorzüglichen Häfen ist kein Mangel.
Westindien (Klima , Na

* 9
Seite 16.560.Viele der Bäche trocknen während der heißen Jahreszeit aus, überschwemmen aber nach heftigem Regen ihre Ufer. Auf den Großen Antillen herrschen kristallinische Gebilde, Jurakalk und Sandsteine vor, vielfach von jüngern Kreide- u. Kalksteinbildungen umlagert und selten von vulkanischen Gebilden durchbrochen. Die Kleinen Antillen sind dagegen fast ausschließlich vulkanischer Natur, und St. Vincent und Guadeloupe haben noch thätige Vulkane. [* 8] Nur auf den Jungferninseln, St. Martin, Barbuda, St.-Barthélemy, Antigua und Barbados, die eine äußere Kette bilden, treten neben vulkanischem ¶
mehr
Gestein noch Muschelkalkbildungen auf, während Trinidad neben vulkanischen Gebilden auch ältere Felsarten aufweist und die der Küste Venezuelas vorgelagerten Inseln unter dem Wind aus Kalksteinen jüngerer Formationen bestehen.
Das Klima [* 10] ist für sämtliche Inseln, mit Ausnahme der nördlichen Bahamainseln, ein tropisches, die Temperatur das ganze Jahr durch ziemlich gleichmäßig, etwa 26,3° C. mit einem Unterschied zwischen der Mitteltemperatur des kältesten und heißesten Monats von 4° C. Da sich der Passatgürtel je nach dem Stande der Sonne [* 11] verschiebt, so haben nur diejenigen Inseln, welche zwischen 15° und 22° 15' nördl. Br. liegen, das ganze Jahr durch östliche bis nordöstliche Winde, [* 12] während südlich von Martinique während eines Teils des Jahrs Windstillen oder aus S. bis Westen kommende Winde herrschen und nördlich von Cuba Südwestwinde oder zurückkehrende Passate wehen.
Wetter (Wetterkarten u

* 13
Wetter.Die feuchte Jahreszeit, der westindische Frühling, beginnt im Mai (oder April); Laub und Gras erhalten ein frischeres Grün, und um die Mitte des Monats fällt der erste periodische Regen. Nach 14tägigem Regen tritt trocknes und beständiges Wetter [* 13] ein, und der tropische Sommer erscheint in aller Herrlichkeit. Um die Mitte des Augusts hören die erquickenden Seewinde auf zu wehen, die Hitze steigt bis zu einer unerträglichen Höhe. Die zweite, längere Regenzeit beginnt Ende August und wird am stärksten im Oktober.
Gleichheit - Gleichsch

* 15
Gleichgewicht.Die mittlere Regenmasse beträgt 1630 mm; doch bewirkt diese Wassermasse, welche in Europa [* 14] alle Ernten vernichten würde, hier, wo die Winde so schnell austrocknen, nur, daß Quellen und Bäche nicht versiegen, Menschen, Tiere und Pflanzen in der trocknen Jahreszeit nicht verschmachten. Gleichwohl macht die enorme Feuchtigkeit der Luft während dieser Zeit den Aufenthalt auf den Inseln für Europäer ungesund. Gegen Ende November beginnt heiteres und angenehmes Wetter; der Wind kommt aus N. und NO. und bringt den schönsten Winter, der vom Dezember bis Mai dauert. Die schlimmsten Begleiter der Regenzeit sind die Orkane (Hurrikans, s. d.), die oft große Verheerungen anrichten, aber zugleich das Gleichgewicht [* 15] in der Luft herstellen und dieselbe reinigen. Häufig sind auch Erdbeben [* 16] mit den Orkanen verbunden. Am ungesundesten sind natürlich die niedern Gegenden, welche besonders vom gelben Fieber heimgesucht werden.
Was Fauna und Flora betrifft, so bildet ein besonderes Reich, von dem nur Trinidad und die Inseln unter dem Wind, als zu Südamerika gehörig, zu trennen sind. Säugetiere sind wenig zahlreich. Die stummen Hunde, [* 17] die man bei Entdeckung der Inseln vorfand, sind ausgestorben. Das hasenartige Aguti, Waschbär (Rakoon), die Äneasratte (Manitu), die Bisamratte, das Meerschweinchen und Fledermäuse vertreten die Landsäugetiere, die Seekuh die Seesäugetiere. Eine kleine Affenart kommt auf Jamaica vor.
Enten

* 22
Enten.Ozelot, Jaguar, Fischotter, [* 18] Gürteltier, Moschusschwein (Pekari) und eine Hirschart beschränken sich auf Trinidad. Von den 203 Arten von Vögeln sind 177 den Inseln eigentümlich. Unter ihnen sind Kolibris [* 19] und Papageien, Adler, [* 20] Geier, Eulen, [* 21] der Kuckuck, Drosseln, Fliegenschnäpper, Sperlinge, Rebhühner, dann zahlreiche Sumpfvögel, als Flamingos, Pelikane, Enten, [* 22] Hühner, [* 23] Reiher und Schnepfen, und als Zugvögel Ortolane, Schwalben, Ringeltauben und Regenpfeifer.
Unter den Schlangen [* 24] gibt es nur eine giftige Art. Eidechsen, [* 25] von den kleinsten bis zu den Kaimans, sind zahlreich, ebenso Schildkröten, [* 26] Fische [* 27] und die verschiedenen Krustentiere (Krebse, Krabben, Garneelen u. Hummern). Unsre sämtlichen europäischen Haustiere sind eingeführt worden, gedeihen aber nicht sonderlich, und auch die unvermeidlichen Ratten und Mäuse haben sich eingestellt. Das Pflanzenreich hat seit Besitznahme der Inseln durch die Europäer eine andre Gestalt angenommen.
Die ausgedehnten Wälder haben in vielen Fällen den aus der Fremde eingeführten Kulturpflanzen weichen müssen und sind auf einigen der kleinern Inseln fast ganz verschwunden. Der Charakter der Flora (3006 Arten von Phanerogamen) ist rein tropisch. Dem dicht verwachsenen Hochwald auf den regenreichen Höhen verleihen Palmen [* 28] und baumartige Farne [* 29] seinen Charakter; lockeres Gebüsch und reich blühende Kräuter wachsen auf sonnigen Hängen und in den Ebenen; dichte Manglegebüsche fassen die flachen Küsten ein. An hartem Nutzholz und Farbhölzern (Mahagoni, Brasilienholz, Fustik, Kampescheholz, Guayak, Zedern u. a.) ist noch immer Überfluß.
Nahrungspflanzen II

* 30
Nahrungspflanzen.Unter den Nahrungspflanzen [* 30] spielen der Maniok, die Batate, Yams und die Arrowroot liefernden Pflanzen, Mais und Moorhirse, Bohnen, Erbsen und Erdnüsse die wichtigste Rolle. Reis wird nur wenig gebaut. Fast alle Früchte der Tropen gedeihen hier, und in den Gebirgen auch unsre europäischen Obstsorten. Die Banane wurde bereits 1516 eingeführt und spielt eine große Rolle im Haushalt; auch Kokospalmen, Brotfruchtbäume und alle Arten von Südfrüchten sind heimisch geworden.
Außerdem gibt es Ananas, Acajounüsse, Guajaven und andre köstliche Früchte. Für den Verkehr mit dem Ausland ist namentlich der Anbau von Zucker [* 31] (1513 eingeführt), Kaffee (seit 1720) und Tabak [* 32] wichtig. Außerdem liefern die Inseln Kakao, Piment, Ingwer, etwas Baumwolle [* 33] und Gewürze. Wie reich der Pflanzenwuchs, so gering sind die Schätze, die das Mineralreich bietet. Man fördert etwas Gold [* 34] (auf Haïti), Kupfer [* 35] (auf Cuba), Schwefel, Asphalt. Andre Metalle kommen zwar auch vor, ihre Förderung ist aber nicht lohnend.
Als Kolumbus 1492 diese Inseln entdeckte, waren sie von zwei Hauptvölkern bewohnt, den Arowak und den Kariben. Von den Arowak
(Cibuney, Gamatabai und Gangul), welche in einer monarchischen und erblichen Regierungsverfassung unter Kaziken
lebten und schon einige Kultur hatten, ist infolge der grausamen Behandlung durch die Spanier jetzt keine Spur mehr vorhanden,
ungeachtet sie zur Zeit der Entdeckung Westindiens
gegen 3 Mill. stark waren. Die Kariben (s. d.) waren wild und kriegerisch
und setzten den Spaniern hartnäckigen Widerstand entgegen, unterlagen aber doch zuletzt der Kriegskunst
der Europäer, so daß gegenwärtig auch nur noch geringe Überreste von ihnen auf der Insel St. Vincent vorhanden sind.
Schweden und Norwegen

* 36
Schweden.
Die Spanier gründeten die ersten Niederlassungen auf Cuba, gleich nach der Entdeckung, und ihnen folgten später andre Europäer
(Franzosen, Engländer, Holländer, Dänen und Schweden).
[* 36] Als die eingebornen Arbeitskräfte fast erschöpft
waren, fing man 1524 an, von Afrika
[* 37] Neger als Sklaven einzuführen. Als dann infolge der Befreiung der Sklaven, zuerst in den
britischen Kolonien (1833), zuletzt auf Cuba (1880), abermals ein Mangel an Arbeitskräften entstand, da die freien Neger sich
in der Regel die früher erzwungenen Dienste
[* 38] gegen festen Lohn zu verrichten weigerten, hat man seit 1844 aus
Indien und China
[* 39] Kulis eingeführt. Man kann wohl annehmen, daß jetzt unter der gesamten Bevölkerung Westindiens
31 Proz. Weiße
sind, wobei allerdings einige nicht ganz reine Farbenschattierungen mitlaufen mögen. Aber während auf Cuba und Puerto Rico
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Westkapelle - Westmaco

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Seite 16.561.mehr
weit über die Hälfte weiß sein soll, beträgt die Zahl der Weißen auf allen übrigen Inseln keine 8 Proz. Unter diesen
Europäern und ihren Nachkommen sind (nach O. Delitsch) etwa 89 Proz. Spanier, 5 Proz. Franzosen und 6 Proz. Engländer. Sämtliche
Bewohner sind wenigstens nominale Christen, doch hängen viele der Neger noch an ihrem alten Fetischdienst,
und selbst Menschenopfer sollen unter ihnen vorkommen (s. Haïti, S. 2). Mit Ausnahme des freien Haïti (s. d. und Dominikanische Republik)
und der Insel Margarita (s. d.), welche zu Venezuela
[* 41] gehört, sind alle übrigen Inseln Kolonien der fünf europäischen Staaten:
Spanien,
[* 42] Großbritannien,
[* 43] Frankreich, Holland und Dänemark.
[* 44] Politisch verteilt sich demnach Westindien
in folgender
Weise:
QMeil. | QKilom. | Einwohner | Auf 1 QKil. | |
---|---|---|---|---|
Spanische Kolonien | 128![]() |
2327.3 | 2![]() ![]() |
17.7 |
Britische | 34![]() |
626.5 | 1![]() ![]() |
36.0 |
Französische | 2858 | 51.9 | 367![]() |
128.3 |
Holländische | 1130 | 20.5 | 44![]() |
39.1 |
Dänische | 359 | 6.5 | 34![]() |
94.3 |
Haiti | 23![]() |
434.2 | 550![]() |
23.0 |
Dominikanische Republik | 53![]() |
968.8 | 350![]() |
6.5 |
Zu Venezuela | 1150 | 20.9 | 33![]() |
- |
Zusammen: | 245![]() |
4456.6 | 4![]() ![]() |
20.0 |
Cuba und Puerto Rico (s. d.) mit einigen kleinen Inselchen sind die einzigen Reste
der ehemaligen unermeßlichen Besitzungen der Spanier in der Neuen Welt. Das britische Westindien
besteht aus Jamaica, Trinidad, den
Leewardinseln (Antigua, Dominica etc.), den Windwardinseln (Barbados, St. Vincent, Grenada, Tobago u. Santa Lucia)
u. den Bahamainseln. Das französische Westindien
beschränkt sich jetzt auf Martinique, Guadeloupe, einen Theil von St. Martin und das
jüngst von Schweden abgetretene St.-Barthélemy. Zu dem niederländischen Westindien
gehören Curassao und benachbarte Inseln mit einem
Teil von St. Martin.
[Geschichtliches.]
Die Antillen gehören zu den frühsten amerikanischen Entdeckungen der Spanier. Schon auf der ersten Reise (1492) entdeckte Kolumbus Cuba und Haïti; auf der zweiten (1495) fand er die Kariben, 1496 Puerto Rico und Jamaica, auf der dritten (1498) Trinidad. Um die durch rohe und grausame Behandlung aufgeriebenen Ureinwohner zu ersetzen, fing man seit 1524 an, Sklaven aus Afrika herzuschleppen, und betrieb mit diesen vorzüglich den Plantagenbau.
Einzelner Stämme in den Gebirgen konnten die Spanier nie recht Meister werden; ja, mehrere Inseln, wo die kriegerischen Kariben wohnten, blieben, mit Ausnahme von Trinidad, das 1535 besetzt ward, unabhängig, bis der Andrang der Europäer immer stärker wurde und namentlich Franzosen, Engländer und Holländer, gelockt durch die Fruchtbarkeit der Antillen, seit dem 17. Jahrh. hier um jeden Preis Niederlassungen zu gründen suchten. So kamen 1635 Guadeloupe und Martinique, 1659 Grenada, 1719 St. Vincent in französische, Tobago 1632, Curassao u. a. in holländische, St. Christopher 1623, Barbados 1625, Antigua 1636, Dominica 1759, die Grenadillen 1763 in englische, St. Thomas 1671 in dänische Hände.
Mit dem wachsenden Übergewicht Englands zur See fielen ihm manche der karibischen Inseln zu: so Santa Lucia und Grenada 1814, St. Vincent 1763, beide von den Franzosen abgetreten;
Amerikanische Völker

* 45
Amerika.Ste.-Croix wurde 1733 von Frankreich an Dänemark verkauft. Am meisten vergrößerte sich die Herrschaft der Engländer in den Antillen auf Kosten der in Amerika [* 45] und Europa immer ohnmächtiger werdenden Spanier.
Sie entrissen diesen 1655 das wichtige Jamaica, 1797 Trinidad, welches aus holländischer in spanische Gewalt geraten und dann lange ein Zankapfel zwischen Franzosen und Engländern gewesen war. Von Haïti verlor Spanien schon seit 1630 einen Teil der nördlichen Küste an französische Flibustier und Bukanier. 1697 erhielten die Franzosen von den Spaniern den ganzen westlichen Teil von Haïti abgetreten, der bald so blühend ward, daß er über 500,000 Einw. zählte, während der östliche spanische Anteil kaum 125,000 Einw. hatte.
Infolge der französischen Revolution wurden aber sowohl Franzosen als Spanier aus Haïti (s. d.) vertrieben. Die den Spaniern gebliebenen Antillen sind nur schwache Überreste ihrer einst kolossalen amerikanischen Macht. Sie bilden zwei Generalkapitanerien, das von Havana [* 46] und das von Puerto Rico mit den spanischen Jungferninseln. Schweden erwarb 1785 von einer französischen Gesellschaft die Insel St.-Barthélemy, trat dieselbe jedoch 1877 an Frankreich ab. Die englischen Besitzungen werden von Gouverneuren regiert, denen ein meist teilweise gewählter Gesetzgebender Rat und nur auf Barbados außerdem ein Abgeordnetenhaus (House of Assembly) zur Seite stehen.
Solche Gouvernements bestehen für Jamaica mit den Turks, Caicos und Kaimanischen Inseln;
für Antigua und die englischen Leewardinseln;
für Barbados;
für Grenada und die englischen Windwardinseln;
für Trinidad mit Tobago und für die Bahamainseln.
Die Holländer haben einen Statthalter mit beigegebenem Rat auf St.-Eustache; die Franzosen auf Guadeloupe (zugleich für Desirade, Marie galante, Les Saintes, St. Martin, St.-Barthélemy) und auf Martinique; die Dänen auf Ste.-Croix.
Vgl. O. Delitsch, Westindien
(in Stein Hörschelmanns »Handbuch der Geographie und Statistik«, Bd. 1, Abt. 4, Leipz. 1871);
Meinicke, Versuch einer Geschichte der europäischen Kolonien in Westindien
(Weim. 1831);
Martin, History, geography and statistics of the West-Indies (Lond. 1834-35, 5 Bde.);
Southey, History of the West-Indies (das. 1827);
Moister, The West-Indies enslaved and free (das. 1883);
Bates, Central-America, West-Indies etc. (2. Aufl., das. 1882);
Eden, West. Indies (das. 1880);
Rosny, Les Antilles, étude d'ethnographie etc. (Par. 1886).