ein
Zweig der westslaw. Völkergruppe, welcher sich noch in der
Lausitz erhalten hat (s.
Deutschland,
[* 2] S. 817). Die
Veneter, die der ältere
Plinius und
Tacitus erwähnen, und die letzterer von den Sarmaten abtrennt
und irrtümlich den
Germanen zuweist, weil sie
Häuser bauten,
Schilde trügen und im
Kampf zu
Fuß erfahren seien, werden gemeinhin
mit den Wenden identifiziert.
IhreWohnsitze verlegt man an dieUfer des
Niemen und obern
Dnjepr; doch erhellt
sich das
Dunkel, das über jenem
Volk ruht, erst im 6. Jahrh., wo sich das Gebiet der Wenden bis zur Oder erstreckt.
Fortan wird der
NameWenden Bezeichnung für alle Nordslawen. Diese sind im 6. Jahrh. in
Böhmen
[* 3] eingedrungen und haben nördlich
davon alle
Lande auf dem rechten Elbufer, ja sogar das Land zwischen
Elbe und
Saale besetzt. Sie teilen
sich in viele
Stämme, von denen die an der untern
Elbe wohnenden seit
Karl d. Gr., die an der obern
Elbe erst seit
Heinrich I.
mit den
Germanen in Berührung kamen. Vom 10. bis zum Ende des 12. Jahrh.
folgte eine Zeit blutiger
Kämpfe, welche mit der Unterwerfung und
Bekehrung der Wenden zum
Christentum endeten.
Obgleich sie innerhalb des deutschen Reichsverbandes eine Sonderstellung zum Teil unter eignen
Fürsten (in
Böhmen,
Mecklenburg,
[* 4] Pommern,
[* 5] den
Marken zwischen
Elbe und Oder,
Schlesien)
[* 6] behielten, vollzog sich doch die Germanisierung des
Slawenlandes allmählich infolge der massenhaften
Einwanderung der
Deutschen. Am frühsten verschwand das slawische
Element
in den Maingegenden, wohin es seit dem 8. Jahrh.
bei Gelegenheit der Grenzkriege Eingang gefunden
hatte. (S.
Slawen und Geschichte der einzelnen slawischen
Länder.) Der
NameWenden bezieht sich später vornehmlich auf dieSorben
und Liutizen, deren Nachkommen in der
Lausitz noch
wendische Sprache oder, wie im Altenburgischen
(ca. 20,000
Köpfe), wenigstens
wendische
Sitte und
Tracht bewahrt haben.
Kreisstadt in der russ.
OstseeprovinzLivland,
[* 11] an der
Aa und der 1889 eröffneten
Riga-PskowschenBahn, mit den großartigen
Ruinen eines alten Ordensschlosses (1224 erbaut), der schönen Johanniskirche (mit Grabmälern mehrerer
Heermeister) und (1885) 4333 Einw. (meist Deutsche).
[* 12] Wenden war
einst Sitz des Land-, später
Heermeisters der mit dem
DeutschenOrden
[* 13] vereinigten
Schwertbrüder und vom 14. bis 16. Jahrh.
eine bedeutende Handelsstadt. Infolge der Belagerung und
Einnahme der Stadt durch
Iwan den
Grausamen (1557), bei welcher sich
die
Besatzung mit sämtlichen Bewohnern der
Burg in die
Luft sprengte, verlor Wenden seine Bedeutung.
oder über Stag gehen, ein Manöver beim Kreuzen (s. d.), wobei das BeimWinde
[* 14] (s. d.) segelnde Schiff
[* 15] durch
den Wind hindurch dreht und dann, nachdem die Rahen (s. d.) rundgebraßt (s.
Brassen) sind, über den andern Bug (s. d.) weiter segelt. Bei flauem Wind oder hohem Seegang ist das Wenden nicht ausführbar,
dann muß der Umweg des Halsens (s. d.) gemacht werden. Beim
Wenden braucht das Schiff nur durch etwa 12 Strich
(s. d.) zu drehen, beim Halsen dagegen durch 20 Strich, und verliert dann noch wesentlich Luv (s. d.), während Schiffe
[* 16] und
namentlich Boote mit Schratsegeln beim Wenden durch das Aufschießen (Hineinlaufen) in den Wind meist noch Luv gewinnen.
in älterer Zeit bei den deutschen Stämmen allgemeine Bezeichnung der slaw. Völker; gegenwärtig
versteht man darunter nur die Slawen der Ober- und Niederlausitz, die sich selber Serben (Serbjo) nennen und danach auch Sorben
(s. d.) genannt werden. Nicht zu verwechseln sind damit die Winden
[* 17] oder Wenden in Österreich
[* 18] (s. Slowenen). Am Anfang der geschichtlichen
Überlieferung reichte das Gebiet der sorbischen Stämme ungefähr von der Saale bis zum Bober, ging nördlich
etwa bis zum Parallelkreis von Berlin
[* 19] und südlich bis an das Lausitzer und Erzgebirge.
Das Sorbische gehört zur westl. Abteilung der slaw. Sprachen und zerfällt in zwei stark voneinander abweichende
Dialekte: Obersorbisch und Niedersorbisch, deren Grenze ungefähr durch eine Linie von Senftenberg über Spremberg
[* 23] nach Muskau
gegeben wird. Nach der Volkszählung von 1890 hatten in Preußen 65254 Personen ihre Umgangssprache als wendisch, 5427 als wendisch
und deutsch angegeben. In Sachsen wurden (1885) 49916 Wenden gezählt. Die Gesamtzahl darf
daher (1895) auf 120000 angenommen werden, wovon reichlich 40 Proz. auf die Niederwenden (Niedersorben)
kommen.
Der Religion nach ist die Mehrzahl evangelisch-lutherisch, nur etwa 12000 Obersorben sind römisch-katholisch (im Südwesten
des Sprachgebietes, sechs Parochien in Sachsen, eine in Preußen). Eine wend. Litteratur begann unter dem Einfluß der Reformation
und ging bis 1840 wenig über den Kreis
[* 24] der kirchlich-religiösen und praktischen Bedürfnisse des Bauernstandes,
aus dem fast das ganze Volk besteht, hinaus: von da an, im Zusammenhang mit dem erwachenden Nationalbewußtsein, beginnt man
sich weitere Ziele zu stecken, namentlich unter den Obersorben. Der eifrigste Förderer aller auf Hebung
[* 25] der Sprache,
[* 26] der
Litteratur und des Nationalbewußtseins gerichteten Bestrebungen war Joh. Ernst Schmaler (geb.
1816, gest. 1884) in Bautzen.
Seit 1848 giebt der litterar. Verein Maćica serbska (1847 in Bautzen gegründet, seit 1880 mit einer Abteilung für die Niederlausitz
in Cottbus;
[* 27] s. Matica) eine Zeitschrift «Časopis maćicy
serbskeje» heraus, die ziemlich alles enthält, was nach wissenschaftlicher Richtung in sorbischer Sprache
geschrieben ist. Der Belletristik speciell sind gewidmet die Zeitschriften «Łužičan»
(1860-77) und «Łužica» (1882 fg.). Außerdem erscheinen je eine Wochenschrift
in Bautzen («Serbske Nowiny») und Cottbus («Serbski Casnik»). Als Dichter sind am bekanntesten Andreas Seiler («Handrija Zejlerja
Zhromadźene spisy», 4 Bde., Bautzen 1883-91) und J. ^[Jakub] Ćišinski (JakobBart). Für die religiöse
Lektüre sorgt je ein evang.
¶
mehr
und ein kath. Bücherverein. Volksüberlieferungen sammelten Schmaler («Volkslieder der Wenden in der Ober- und Niederlausitz», 2 Bde.,
Grimma,
[* 29] 1843-44; mit Karte des Sprachgebietes),
Wenden von Schulenburg («Wend. Volkssagen und Gebräuche», Lpz.
1880; «Wend. Volkstum in Sage, Brauch und Sitte», Berl. 1882),
Mucke (Volksliederhefte; «Statistika łužiskich Serbow», Bautzen
1884-86, mit Karte),
1) Kreis im südl. Teil des russ. Gouvernements Livland, im Gebiet der livländ.
Aa und des Ewest (zur Düna), hat 5637,3 qkm, darunter 77 qkm Seen, 130695 E., meist Letten; Roggen-, Kartoffel- und Flachsbau,
Viehzucht,
[* 31] 1 Papier-, 1 Tuchfabrik, 13 Brauereien, 4 Branntweinbrennereien, 9 Wollkämmereien. - 2) Wenden, lett.
Zehse und Kehs, esthn. Wenno-lin, Kreisstadt im Kreis Wenden, in malerischer Gegend (der sog. Livländischen Schweiz),
[* 32] 5 km links
van ^[korrekt: von] der Aa entfernt und an der Linie Petersburg-Riga der Baltischen Eisenbahn, hat (1893) 4516 E., Post, Telegraph,
[* 33] eine großartige Schloßruine;
die evang. St. Johanniskirche, 1281 erbaut, mit dem Grabmal Plettenbergs
(s. d.), eine russ. Kirche, eine Wasserheilanstalt;
eine Dampfmühle und eine Wollkämmerei.
Die ehemalige Burg Wenden kam 1204 in
die Hände der Schwertritter. 1238 wurde Wenden Residenz des Ordensmeisters und blieb es fast 300 Jahre. Wenden kam 1562 zu
Polen, 1622 zu Schweden
[* 34] und 1710 zu Rußland.