Obgleich unterrichtet, talentvoll und von seinem Vater schon im zwölften Jahr zur Teilnahme an den Staatsgeschäften zugezogen,
war Wenzel doch den Anforderungen seiner bewegten Zeit nicht gewachsen. Es fehlte ihm an Selbständigkeit
und Festigkeit
[* 9] des Willens, und der Staatsgeschäfte wurde er überdrüssig, sowie er die Erfolglosigkeit seiner Bemühungen
erkannte. In Deutschland
[* 10] war er anfangs redlich bestrebt, den Fehden zwischen Fürsten, Rittern und Städten durch Verkündigung
des Landfriedens auf dem NürnbergerReichstag 1383 ein Ende zu machen; allein weder dieser Plan noch ein 1384 zu
Heidelberg
[* 11] gemachter und 1387 zu Mergentheim
[* 12] wiederholter Versuch einer Gesamteinigung aller Fürsten und Städte waren von Erfolg.
Wenzel zog daher fortan vor, seine Zeit in Böhmen bei Jagden und Trinkgelagen zu verbringen.
Doch mußte er einen Vertrag eingehen, durch welchen seine königliche Macht auf eine Schattenherrschaft herabgesetzt wurde.
Als Wenzel den Visconti das Herzogtum Mailand,
[* 17] ein Reichslehen, übertrug und Frankreich zuliebe in die Absetzung der beiden Gegenpäpste
Bonifacius IX. und Benedikt XIII. willigte, traten die vier Kurfürsten von Mainz,
[* 18] Köln,
[* 19] Trier
[* 20] und Pfalz 1400 zu
Rhens zusammen und sprachen 20. Aug. an der Marienkapelle bei Oberlahnstein seine Absetzung aus. Unterdessen war Wenzel mit seinen
böhmischen Unterthanen in neue Zwistigkeiten geraten, die Siegmund benutzte, seinen Bruder gefangen zu nehmen und 19 Monate
zu Wien
[* 21] in Haft zu halten. Da PapstBonifacius IX. 1403 Wenzels Absetzung förmlich aussprach, begünstigte
derselbe aus Haß gegen die katholische Geistlichkeit die Anhänger
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2) Wenzel (Wenceslaus) I., Sohn Ottokars I., folgte diesem 1230, fiel, obwohl mit einer Tochter Philipps vonSchwaben vermählt, 1240 von der staufischen Sache ab, mußte 1248 vor einer Empörung des Adels, an deren Spitze
sein Sohn Ottokar stand, aus Böhmen fliehen, eroberte es 1249 wieder und starb Deutschem Wesen hold, galt er auch
als Freund des Minnesangs; das ihm zugeschriebene böhmische Minnelied ist jedoch unecht.
4) Wenzel III., des vorigen Sohn, wurde 1302 in Stuhlweißenburg
[* 25] als König von Ungarn gekrönt, konnte sich aber gegen KarlRobert
von Neapel
[* 26] nicht behaupten, folgte seinem Vater 1305 in Böhmen, versank völlig in Schwelgerei und Sinnenlust, ward von
dem thüringischen RitterKonrad v. Bodenstein ermordet. Mit ihm erlosch der Mannesstamm der Premysliden.
- 5) Wenzel IV., s. Wenzel 1).