Weltverkehr
,
internationaler Verkehr, das Bestreben zweier oder mehrerer
Länder, ihren Gütervorrat auszugleichen.
Seine Geschichte zeigt zahlreiche Umwandlungen und
Phasen, sowohl was den Schauplatz und die hauptsächlichsten handelnden
Völker, als auch was die Produkte betrifft. Die Geschichte des Weltverkehr
ist zugleich die
Entwicklungsgeschichte der Schiffahrt.
Die ältesten Gebiete des Weltverkehr
sind die nordafrik.
Küste
(Ägypten),
[* 2] die kleinasiat.
Küste
(Phönizien) und das Mittelmeergebiet,
weiterhin
Indien und das sagenhafte Ophir (Südostafrika).
Der Hauptschauplatz des Weltverkehr
während des
Altertums und im frühen Mittelalter ist das Mittelmeer. Daneben
geht ein uralter Welthandel der Serer
(China)
[* 3] 900
v. Chr. nach dem Westen (Samarkand) und bis zu den Wolgaländern. Ein ebenso
lebhafter Überlandhandelsweg geht von 800
v. Chr. ab von
Italien
[* 4]
(Etrurien) über die
Alpen
[* 5] durch die Donauländer bis tief
nach
Germanien
[* 6] hinein, sowie am Rhein entlang nach
Belgien
[* 7] und Britannien. Im Mittelmeer sind lange Zeit
Sidon,
Tyrus,
Alexandria,
Karthago,
[* 8] Puteoli, Panticapäum und
Massilia die Hauptstapelplätze des Weltverkehr
gewesen.
Mit der Entdeckung des Seewegs nach
Ostindien
[* 9] und
Amerika
[* 10] im 15. Jahrh. treten zwei neue gewaltige Gebiete in den ein. An
Stelle
der Phönizier, Ägypter, Griechen,
Italiener
(Venedig,
[* 11] Genua)
[* 12] bemächtigten sich Portugiesen,
Spanier,
Holländer und Engländer des Welthandels, dessen Hauptstapelplätze nacheinander Lissabon,
[* 13] Sevilla,
[* 14]
Amsterdam,
[* 15]
Brügge,
London
[* 16] werden. Das Ende des 18. Jahrh. macht mit dem Eintritt der Nordamerikanischen
Union in die Geschichte den Atlantischen Ocean
zum Hauptschauplatz des Weltverkehr.
Seitdem ist er zu so großartigem Aufschwung gelangt, daß
alle
Weltteile und Oceane daran teilnehmen.
Das Hauptverkehrsmittel für den Welthandel (s. Handel) sowie auch für die internationale Personen- und Völkerbewegung (s. Auswanderung) ist in erster Linie und seit alters die Schiffahrt (s. d.). Hier ist es besonders die Dampfschiffahrt (s. d.), die die Segelschiffahrt an Bedeutung teils schon überholt, teils wenigstens erreicht hat. (S. Handelsmarine und Schnelldampfer.) In zweiter Linie die Eisenbahnen (s. d.), deren rasche Entwicklung die Karte: Entwicklung des Eisenbahnnetzes in den Hauptländern der Erde von 1830 bis 1890, beim Artikel Eisenbahnen, zeigt.
Die hierher gehörige Übersichtskarte des Weltverkehrs
,
[* 17] die auch die wichtigsten internationalen Eisenbahnen zeigt, führt
die
Thatsache, daß gegenwärtig noch das Gebiet des Atlantischen Oceans der Mittelpunkt des Weltverkehr
ist, recht
klar vor
Augen. Weniger bedeutend, doch in gewissen Gegenden Hauptverkehrsmittel sind Karawanen (s. d.)
und menschliche
Träger.
[* 18] Die Bedeutung der
Kanäle und
Straßen kommt dagegen hauptsächlich im innern Verkehr der einzelnen
Länder zur Geltung. Eine Ausnahme machen nur die großen, ganze
Meere miteinander verbindenden Seekanäle,
wie der
Sueskanal,
[* 19]
¶
mehr
Nordostsee-630 kanal u.a. Die Schaffung eines atlantisch-pacifischen Kanals in Centralamerika wird wahrscheinlich eine Verschiebung
des Mittelpunktes des Weltverkehr
herbeiführen. Die Vermittelung endlich der geistigen Bewegung, des Ideenaustausches, wird vom Postwesen
(s. d.) bewirkt, unter dessen neuesten Schöpfungen der Weltpostverein (s. d. und die Karte) für die Verbreitung der Kulturideen
sowie für die Vermittelung des geschäftlichen und privaten Verkehrs den höchsten Rang einnimmt.
In der Nachrichtenvermittelung wird die Post durch die Telegraphie (s. d. und Telegraphenverkehr) in früher ungeahntem Maße unterstützt, neuerdings auch durch den Fernsprecher [* 21] (s. Telephon).
Vgl. Zehden, Die Verkehrswege zu Wasser und zu Lande (Wien [* 22] 1879);
Hübbe-Schleiden, Weltwirtschaft und die sie treibende Kraft [* 23] (Hamb. 1882);
Übersichten der Weltwirtschaft, begründet von Dr. F. .X. von Neumann-Spallart, fortgeführt von Dr. F. von Juraschek (Stuttg. und Berl. 1887 fg.);
Paulitschke, Geographische Verkehrslehre (Bresl. 1892);
Réveillère, La conqête de l’Océan (Par. 1894);
Huber, Die geschichtliche Entwicklung des modernen Verkehrs (Tüb. 1893);
van der Borght, Das Verkehrswesen (Lpz. 1894);
Philippovich, Die Änderung unserer Wirtschaftsverfassung im 19. Jahrh. (Wien 1895);
Geistbeck, Der Weltverkehr
Seeschiffahrt und Eisenbahnen, Post
und Telegraphie in ihrer Entwicklung dargestellt (2. Aufl., Freib. i.Br. 1895).
(S. auch die Litteratur zu den Artikeln Handel und Handelsgeographie.)