Universalsprache, eine zum einheitlichen Gebrauch für alle Nationen künstlich gebildete Sprache, die
nicht die Völkersprachen ersetzen, sondern einer leichtern internationalen Verständigung dienen soll, ähnlich wie früher
das Latein und jetzt das Englische. Die mancherlei seit Descartes und Leibniz angestellten Versuche, eine
Weltsprache zu erfinden und zur Annahme zu bringen, sind gescheitert, in neuerer Zeit hat die vom Pfarrer Johann Martin Schleyer in
Lizzelstetten bei Konstanz
[* 4] konstruierte Weltsprache am meisten Aufsehen erregt und eine gewisse Verbreitung erlangt.
Für diese, Volapük genannte, künstliche Sprache legte Schleyer im ganzen das Englische, und zwar wie
es gesprochen, nicht wie es geschrieben wird, zu Grunde, wählte aber auch aus andern europ. Sprachen seine Wortstämme. Womöglich
ist jeder Wortstamm des Volapük einsilbig. Es giebt im Volapük nur eine einzige Deklination wie Konjugation und vor allem
keine Ausnahmen von der Regel. «Lieben» heißt bei
Schleyer löf (engl. love),
«Blatt»
[* 5] bled (engl. blade). Der Genitiv
hat das Suffix -a, der Dativ das Suffix -e, der Accusativ das Suffix -i. Der Plural wird durch das Suffix -s ausgedrückt. Daher
heißt vol-a-pük-a-bled «Welt-Sprach-Blatt»; «dem
Vater» fat-e, «den Vater» fat-i, «die Väter» fat-s, «der Väter» fat-a-s «den Vätern» fat-e-s u. s. w. Das
Adjektivum wird mittels des Suffixes-ik abgeleitet. Man sagt nat-ik «natürlich»,
fat-ik «väterlich». Das Pronomen lautet: ob- «ich», ob-s «wir»;
ol- «du», ol-s «ihr»;
om- «er», om-s «sie».
Die Flexion des Verbums geht einfach durch die Anhängung des Pronomens vor sich, daher löf-ob «ich liebe»,
löf-ol «du liebst», löf-om «er
liebt». Durch Vorsatz eines a entsteht das Imperfektum, durch Vorsatz eines o das Futurum, daher a-löf-ob, o-lof-ob. Ein dem
Verbum vorgesetztes p bringt das Passivum, z. B. p-o-löf-ob «ich
werde geliebt werden». In neuester Zeit ging die Volapükbewegung, nachdem sie eine Zeit lang
rüstig vorwärts geschritten, zurück. Noch immer aber sorgt eine internationale Volapük-Akademie (deren Sitz, früher in
Paris,
[* 6] sich jetzt in Petersburg
[* 7] befindet, und zwar unter Leitung von Weltsprache Rosenberger) für Verbesserung sowie Vervollständigung
des Volapükwörterbuches.
Vgl. Schuchardt, Aus Anlaß des Volapük (Berl. 1888);
ders., Weltsprache und Weltsprachen (Straßb. 1894).
Nach Schleyers Bestrebungen sind andere Versuche gemacht worden, eine Weltsprache auf Grundlage der roman.
Sprachen oder des Latein herzustellen, so unter
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andern von Liptay, Eine Gemeinsprache der Kulturvölker (Lpz. 1891), haben aber wenig Erfolg gehabt.