Weizen
(Triticum L., Familie der Gräser, artenreiche Getreideart, Hauptbrotfrucht der westeuropäischen Länder, Winter- und Sommerfrucht; Anbau in Europa, Asien, Amerika, Australien und Afrika; engl. Wheat, frz. froment, holl. weit, tarwe, tarw, ital. formento und grano). Hauptarten:
a) Gemeiner W. (Kolben- und Grannenweizen
), Tr.
vulgare Vill.,
Common-Weizen
(f. ordinaire). b)
Englischer W., T. turgidum L. Duck-, bill-wheat, English W., poulard, beide Arten die am weitesten
verbreiteten und in den meisten Varietäten angebaut.
c) Bartweizen
,
Glas-, Gersten-Weizen
etc., T. durum Desf.,
Algerian-Weizen
, Hard-Weizen, f. dur, nur wenig verbreitet, mit glasigen, harten Körnern. d)
Polnischer W.
(Gommer, astrachanisches, sibirisches, wallachisches Korn, ägyptischer, langkörniger, lothringer, sibirischer
W., T. polonicum L., Astracan W., polnish W., f. de Pologne, in Deutschland selten, fast
nur zu Suppen verwendet, hat Körner in Länge des
Roggens, in Osteuropa verbreiteter. e) Spelz, Dinkel
(Dünkel, Dinkelkorn, Korallenweizen
, Quälkorn, Krullweizen, Zweikorn), T. Spelta, Spelt, Spelt wheat, grande épeautre,
holl. spelt, ital. spelta, zea, farro; Anbau auf nicht vollkommenem
Weizen
boden, besonders im Südwesten Deutschlands; fast nur lokal verwendet, wird in den Spelzen geerntet und muß zum Gebrauch
entschält werden. Ebenso f) Emmer, Ammer, Amelkorn etc., Tr.
amylaceum; Amel corn, amidonnier, holl. spelt, ital. spelta.
g)
Einkorn, Dinkel, Dinkelkorn, deutscher
Reis, Peterskorn,
Schwalm-Gerste und -Weizen
,. Tr.
monococcum; One grained W., frz. en grain, holl. wild spelt.
Nur in Gebirgsgegenden. -
Weizen - Wermut

* 2
Seite 21.621. Anbau. Der W. bildet die Hauptgetreideart für die thonigen Felder, von der Lehmgruppe an bis zu den
schwersten Thonböden, verlangt Bündigkeit und Feuchtigkeit, versagt auf leicht sandigem
Boden und friert in den edleren
Sorten in harten Wintern leicht aus. Auf Bodenarten, welche zum besseren Weizenbau
sich nicht mehr gut eignen, kommen die
Spelzarten vor, jedoch nur in beschränktem Anbau. Man baut den W. jetzt fast nur noch nach gut gedüngten
Vorfrüchten, als Sommer-, hauptsächlich aber als Winterfrucht, überall da, wo für erstere 140, für letzteren 300 Tage
Vegetationszeit gegeben sind und die Winterkälte nicht über 22° geht, die mittlere Wintertemperatur 3,75° und die Sommerwärme
14° C. ist; im großen bis zum 60°, vereinzelt noch bis zum 64° n. Br., in Amerika, wohin ihn Kolumbus
brachte, in Europa und in Asien; südlich geht er in Nordafrika
¶
mehr
bis zur Wüste, dann baut man ihn wieder im Kapland, in Australien, in Chili und in Paraguay. Ausgeschlossen ist der hohe
Norden und die Tropenzone. In den Alpen geht er bis 1300 m Höhe, im Himalaya und in Mexiko bis 2000 m hoch. - Die Saatzeit
ist vom September bis Weihnachten, je nach Klima und Witterung, und für Sommerfrucht von Anfang April
an. Man säet breitwürfig und in Reihen, 100 bis 260 kg pro ha; 1 hl wiegt, je nach Sorte, 72 bis 82 kg.
Man kennt über 200 Arten, hat jedoch zum Anbau im großen nur die des gemeinen und des englischen W. zu
berücksichtigen; von beiden giebt es Modesorten, solche für bestimmte Lokalitäten, solche von allgemeinem Wert, empfindliche
und nicht empfindliche etc., Kolben- und Grannenweizen.
Der W. leidet durch Auswintern, Spätfröste, Trockenheit und Nässe, Unkraut, Staubbrand, Steinbrand, Rost, Mehltau, die
Raupen der Wintersaateule, Weizeneule
, Getreidemotte, Quecken- und Gammaeule, durch Drahtwurm, Larven
vom Getreidelaufkäfer, Zwergzikade, Weizen
mücke, Halmfliege, Blumenfliege, Weizengallmücke, Ackerlaufkäfer, Ackerschnecke,
Weizen
ählchen (Gicht- oder Radenkrankheit), Vögel, Mäuse, Hamster etc. Die Spelzarten sind
sicherer, die Weizen
arten im allgemeinen zu den ziemlich sicheren Früchten zu rechnen. - Die Ernte erfolgt nach dem Roggenschnitt,
in Ungarn im Süden Ende Juli, im Norden im August und später, überall, wegen des sonst unvermeidlichen
Verlustes durch Ausfallen, zur Zeit der Gelbreife, d. h. in dem Zustand der Körner, daß sie
sich noch über den Fingernagel biegen lassen, das Innere aber nicht mehr milchig ist. Hinsichtlich der dem Boden entzogenen
Nährstoffe ist der W. die anspruchsvollste Getreideart. Man erntet 10-15, 16 bis 24 und 25-32 hl Körner,
je nach Bodengüte, und 13-47 m. Ztr. Stroh. Vgl. Getreide. -
Statistik. Deutschland baute im Jahre 1879 auf 1813
751,6 ha W. 49
551
778 Ztr. Winter- und 2
591
978
Ztr. Sommerfrucht (96727917 und 4
707
744 Stroh), auf 394
701,3 ha Spelz 8
881
789 Ztr.
Winter- und 56742 Ztr. Sommerfrucht (20471812 und 140
323 Ztr.
Stroh), auf 7377 ha Einkorn 135
495 und 13275 Ztr. Körner. Die Jahre 1878-80 ergaben als Gesamternte 181,6, 219,92
und 211,82 Mill. m. Ztr. oder 554,627-602,357 und 600,42 Mill. Mk.
Die Einfuhr im Jahre 1879 (aus Österreich, Rußland, den Vereinigten Staaten von Nordamerika) war 228 Mill.
kg, die Ausfuhr 178 Mill. kg (nach Holland und England).
Zwischen 1878 und 1881 waren auf den Hauptmärkten in Preußen die Preise für 100 kg zwischen 19,6 (1879 und 1875) und 26,4
Mk. (1873). In den Vereinigten St. von N.-A. stieg von 1866-1879 der Ertrag
von 152 Mill. Bushels (zu 27,3 kg) zum Wert von 333,7 Mill. Doll. auf 448,75
Mill. Bushels und 497,03 Mill. Doll, die Ausfuhr von 5,57 Mill. Bushels = 7,84 Mill. Doll.
auf 122,35 Mill. B. = 130,7 Mill. Doll. Körner und von 2,18 Mill. Faß = 18,3 Mill. Doll.
auf 5,6 Mill. Faß = 29,5 Mill. Doll., die Ausfuhr nach Deutschland
von 1879 war 422242 Bushels und 11233 Faß, zus. etwa ½ Mill. Doll. Neuman-Spallart rechnet für 1878 den
Ertrag in Deutschland zu 42,8, den in den Vereinigten Staaten von Nordamerika zu 155,2 Mill. hl, für 1880 in Deutschland
2,3 Mill. t (1000 kg) Ertrag, 0,2 Mill. t Einfuhr, 0,1 Mill. t Ausfuhr.
Jäger „Agrarfrage“ berechnete für 100 kg amerikanischen W., Prima-Qualität: ab New-York 16,25 Mk.,
Fracht bis Antwerpen oder Hamburg 2,50 Mk., Versicherung 0,25 Mk., bis Liverpool
zusammen 2,45 Mk., bis Rotterdam 2,75 Mk., Fracht etc.
bis Mannheim 1,10 Mk., Zoll 1,0 Mk., zusammen 21,1 Mk.,
ausschließlich aller Unkosten etc. Im Jahre 1880 stellte sich die Seefracht von New-York auf
Liverpool zu 1,50 Mk. für 100 kg. Hausner nimmt das Gesamterzeugnis
von W. zu 414,6 Mill. hl in Europa an, für Spelz aus fünf Staaten in Deutschland und aus Frankreich zusammen zu
etwa 20 Mill. hl. Auf Ungarn rechnet man 20-24 Mill. hl, auf Österreich diesseits 10-16 Mill.
hl W. und an 200000 hl Spelz.
Der W. bildet den Hauptartikel des Getreidegroßhandels, sowohl auf Binnenmärkten, als in den Hafenplätzen. Es werden nur die auffallend verschiednen Sorten, wie roter, weißer, glasiger, polnischer, für sich gehalten. Neben andern Eigenschaften, wie dünn- oder dickschalig, gut oder schlecht gereinigt, ist besonders das Gewicht für die Wertbestimmung maßgebend; je gleichartiger, größer, voller, dünnschaliger, im Querschnitt weißer und im ganzen je schwerer das Korn, desto wertvoller.
Ausfuhrländer sind in Europa: Südrußland, die Donaufürstentümer, Polen, Ungarn und das Banat, das östliche Deutschland. Die reichste Kornkammer, nachdem sie durch Eisenbahnen eröffnet worden, bildet gegenwärtig Ungarn, von welchem die Ausfuhr erfolgt, sowohl südlich über Triest, als westlich bis zu dem Hauptkunden, der Schweiz; die Hauptlager sind in Pest, Debreczin, Fiume. Bis vor kurzem war Südrußland das bedeutendste Ausfuhrland, via Odessa. Unter den jetzigen Verhältnissen hat aber das russische Korn dem amerikanischen und ungarischen weichen müssen.
Der ungarische W. ist im allgemeinen von guter Qualität; der beste ist der aus dem Bacser und Weißenburger Komitat, aus
der Theißgegend und dem Banat. Schöner und feiner noch ist der W. aus Niederösterreich. Aus Stettin
und andern Ostseehäfen wird schlesischer, pommerscher, polnischer W. verschifft, namentlich nach England und zum Teil nach
Frankreich. England bezieht trotz seiner großen eigenen Produktion von verschiednen Seiten noch große Massen fremden Korns,
in der letzten Zeit jährlich etwa 34½ Mill. Ztr. und gegen 4 Mill. Ztr.
Weizenmehl
, hauptsächlich aus Amerika, aber auch schon aus Chili, Australien, Kapland, Rußland, Frankreich
und Ägypten. - Zoll gem. Tarif im Anh. Nr. 9 a.