Christian Felix, Dichter und Jugendschriftsteller, geb. zu
Annaberg,
[* 2] studierte seit 1745 in
Leipzig
[* 3] Philologie, schloß sich hier innig an Lessing an und begann mit diesem für das
deutsche Theater zu arbeiten. 1750 kam
er als Hofmeister zu einem
Grafen von Geyersberg, mit dem er mehrere Jahre in
Leipzig verweilte und 1759 nach
Paris
[* 4] ging. 1761 wurde
er Kreissteuereinnehmer in
Leipzig und starb daselbst Zum Andenken an ihn wurde 1826 inAnnaberg
durch Sammlungen eine Schule für arme
Kinder unter dem
NamenWeißensstiftung errichtet. Weiße hat durch seine vielseitige Leichtigkeit
und seine unermüdliche Betriebsamkeit eine litterar. Rolle gespielt, zu der ihn sein jeder Originalität entbehrendes kleines
Talent nicht berechtigte. Er begann als
Lyriker mit «Scherzhaften Liedern» (Lpz.
1758) im
Geschmack der
Anakreontiker; seine «Amazonenlieder» (ebd. 1760) schließen sich an
Gleims «Grenadierlieder» an. Mit seinen
«Trauerspielen» (3 Bde., Lpz.
1776‒80),
die zum
Teil mit
Shakespeare wetteifern («Richard Ⅲ.», «Romeo
und Julia»),
seinen
«Lustspielen» (3 Bde., Lpz.
1783, darin das litterar.Stück «Die
Poeten nach derMode»),
namentlich aber mit seinen «Komischen
Opern» (3 Bde.,
ebd. 1768‒71),
die J. A. Hiller
^[JohannAdam] komponierte, beherrschte er jahrelang die
LeipzigerBühne. Von diesen Operetten
hat «Der
Teufel ist los» einen für Gottsched verhängnisvollen litterar. Kampf entfesselt; andere sind: «Lottchen am
Hofe»,
«Die Liebe auf dem
Lande», «Die Jagd». Als Herausgeber der
«Bibliothek der schönen Wissenschaften und
freien Künste» (Lpz. 1705‒1806) hat er Decennien hindurch Einfluß geübt. Am liebenswürdigsten
und selbständigsten waren seine
Schriften für die
Jugend, welchen Litteraturzweig er eigentlich begründet hat. Seine «Lieder
für
Kinder» (Flensb. 1776‒77),
sein «A-b-c-Buch» wurden mit verdientem Beifall aufgenommen. Von 1775 an
gab er den «Kinderfreund» (24 Bde.,
1776‒82),
eine belehrende Wochenschrift für
Kinder, heraus, dem sich der «Briefwechsel der Familie
des Kinderfreundes» (12 Bde., 1783‒92) anschloß. –
Vgl. J. Minor,
Christian Felix Weiße und seine
Beziehungen zur deutschen Litteratur des 18. Jahrh. (Innsbr.
1881).
Christian Herm.,
Philosoph, Enkel des vorigen, geb.
zu
Leipzig, widmete sich daselbst dem
Studium der
Rechte, mit
dem sich jedoch frühzeitig die Neigung zu philos.
Studien verband. Er habilitierte sich 1823 in
Leipzig, entsagte 1837 der
akademischen Thätigkeit und lebte auf seinem Landgut zu
Stötteritz bei
Leipzig, nahm aber später seine Thätigkeit wieder
auf und wurde 1845 ord. Professor derPhilosophie. Er starb Seine ersten
Schriften waren: «Über
das
Studium des
Homer und seine Bedeutung für unser Zeitalter» (Lpz. 1826) und
«Über den
Begriff, die Behandlung und die
Quellen
der Mythologie» (ebd. 1828),
in der sich schon die ersten
Spuren einer philos. Differenz von
Hegel zeigten. Das erste
ausdrückliche Zeugnis dieser Entfernung von
Hegel war die
Schrift«Über den gegenwärtigen Standpunkt der philos. Wissenschaft»
(Lpz. 1829).
Gleichzeitig ließ er die
Übersetzungen von
Aristoteles’ «Physik» (Lpz. 1829) und
«Von der Seele» (ebd. 1829) sowie die
Abhandlung«De Platonis et Aristotelis in constituendis summis philosophiae principiis
differentia» (ebd. 1828) erscheinen. Sein erstes Hauptwerk ist das
«System der Ästhetik als Wissenschaft
von der Idee der Schönheit» (2 Bde., Lpz.
1830). Demnächst erschienen: «Die Idee der Gottheit»
(Dresd. 1833),
behandelte, und
die «Grundzüge der
Metaphysik» (Hamb. 1835). In loserm Zusammenhange mit W.s allgemeiner philos.
Tendenz stehen die «Kritik
und Erläuterung des Goetheschen
Faust» (Lpz. 1837) und «Die evang.
Geschichte kritisch und philosophisch bearbeitet» (2 Bde.,
ebd. 1838),
worin er als einer der ersten, die später so allgemein gewordene sog. «Markushypothese»
durchführte. Mit seiner Rede «In welchem
Sinne sich die
deutsche Philosophie wieder an Kant zu orientieren hat» (Lpz. 1847)
trat seine Abwendung von der dialektischen Methode und sein Bestreben, dem pantheïstischen Idealismus
Hegels dasSystem
eines ethischen
Theïsmus entgegenzusetzen, in freiem und kritischem Anschluß an das christl. Dogma immer
entschiedener hervor, zuerst in der anonymen
Schrift«Über die Zukunft der evang.
Kirche. Reden an die Gebildeten deutscher
Nation» (ebd. 1849),
dann in seinem bedeutendsten Werke, der «Philos. Dogmatik oder
Philosophie des
Christentums» (3 Bde.,
ebd. 1855‒62),
wozu seine
«ChristologieLuthers» (ebd. 1852; 2. Aufl. 1855) und «Die
Evangelienfrage in ihrem gegenwärtigen
Stadium» (ebd. 1856) Ergänzungen bilden. Außerordentlich umfassend war seine journalistische
Thätigkeit; ein Verzeichnis hiervon findet sich in
Fichtes «Zeitschrift für
Philosophie» (1869, Bd. 55). Aus seinem Nachlasse
gaben
Sulze «Beiträge zur Kritik der Paulinischen
Briefe» (Lpz. 1867) und Seydel
«KleineSchriften zur Ästhetik
und ästhetischen Kritik» (ebd. 1867) sowie «W.s
Psychologie und Unsterblichkeitslehre» (ebd. 1869) und
«ChristianHermann W.s
System der Ästhetik nach dem Kollegienhefte letzter
Hand»
[* 5] (ebd. 1872) heraus. –
Vgl. Seydel, Lebensskizze und Charakteristik
W.s (Lpz. 1866),
in erweiterter Gestalt, aufgenommen in Seydels
«Religion und Wissenschaft» (Bresl. 1887).
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