Weinsäure
(Weinsteinsäure, Racemsäure, Tartersäure, lat. acidum tartaricum, frz. acide tartarique, engl. tartaric acid.). Obgleich diese organische Säure zu den verbreitetsten Säuren des Pflanzenreichs gehört und sich in vielen Früchten, Blättern etc., teils frei, teils an Kalk oder Kali gebunden, vorfindet, so wird sie doch nur aus dem Weinstein, der dem Traubensafte entstammt, im großen abgeschieden, da man aus diesem nicht allein die größte Ausbeute erhält, sondern auch die Säure wegen der Abwesenheit andrer organischer Säuren am leichtesten rein zu erhalten ist.
Behufs ihrer Gewinnung erhitzt man den Weinstein mit Wasser, neutralisiert mit Kreide, trennt den entstandenen unlöslichen weinsauren Kalk von der Flüssigkeit, welche nun neutrales weinsaures Kali enthält und zersetzt letzteres mit Chlorcalcium; hierbei entsteht wieder weinsaurer Kalk (neben Chlorkalium), den man mit dem zuerst erhaltenen vereinigt und dann durch eine genau hinreichende Menge Schwefelsäure zersetzt. Die Lösung der frei gewordenen W. wird von dem gleichzeitig entstandenen Gips getrennt, zur Kristallisation verdampft und durch mehrmaliges Umkristallisieren gereinigt.
Je nach dem größeren oder geringeren Grade der Reinigung unterscheidet man im Handel rohe W. für technischen
Gebrauch und reine W. (acidum tartaricum purum) für inneren Gebrauch, namentlich für medizinische Zwecke; letztere Sorte
muß frei von
Schwefelsäure, die der Rohware häufig in kleiner Menge noch anhängt, und von
Blei sein, welches von den Pfannen
stammt, in denen man die Säure gewöhnlich zur Kristallisation verdampft. Reine W. bildet große, harte,
geruchlose und farblose, durchscheinende Kristalle des monoklinischen Systems; sie schmeken ^[richtig: schmecken] sehr stark,
aber angenehm, sauer und lösen sich leicht in Wasser und auch in
Alkohol, aber nicht in
Äther. An der Luft müssen die Kristalle
der W. trocken bleiben; schwefelsäurehaltige werden leicht feucht. Die gewöhnlich im Handel vorkommende
W. ist sog. Rechtsweinsäure
(Dextroracemsäure), welche die Ebene des polarisierten Lichtes
nach rechts ablenkt, im Gegensatz zu der im Handel nicht vorkommenden Linksweinsäure
(Levoracemsäure), die linksdrehend
ist. -
Beide zusammen gemischt und aus konzentrierter Lösung kristallisieren gelassen, geben Traubensäure (acidum uvicum), welche in manchen italienischen Weinsteinsorten fertig gebildet vorkommt und sich auch durch geeignete Behandlung wieder ¶
mehr
in die Rechts- und Linksweinsäure
spalten läßt. - Die W. gibt mit den Basen zwei Reihen von Salzen, neutrale (Tartrate)
und saure (Bitartrate). - Die Einfuhr von W. in das Deutsche Reich betrug 1881: 58800 kg, die Ausfuhr dagegen 1275800
kg. -
Die wichtigsten im Handel vorkommenden weinsauren Salze und Doppelsalze sind: das neutrale weinsaure Kali, das saure weinsaure Kali (s. Weinstein), das weinsaure Antimonoxydkali (s. Brechweinstein), das weinsaure Kaliammoniak, das weinborsaure Natronkali (s. Boraxweinstein) und das weinsaure Natronkali. - Zollfrei.