1) Stadt im württemberg. Donaukreis, Oberamt Ravensburg, 1865 aus dem Flecken Altdorf und dem Schloß Weingarten gebildet, 485 m ü. M.,
hat eine evangelische und eine kath. Pfarrkirche, eine Dampfstraßenbahn nach Ravensburg, ein Forstamt, Flachsspinnerei, eine
Maschinenfabrik, Holzmanufaktur, Preßhefenfabrikation und Branntweinbrennerei, Strumpfstrickerei, Viehhandel
und (1885) mit der Garnison (3. Infanterie-Bat. Nr. 120) 5448 meist kath. Einwohner.
Das prachtvolle Schloß Weingarten (jetzt Kaserne) war vormals Sitz einer freien Reichsabtei des Benediktinerordens, welche, als Frauenkloster
ursprünglich 920 von den Welfen in Altdorf gegründet, 1047 in ein Mönchskloster umgewandelt, 1053 nach einem Brand
in das Stammschloß der welfischen Familie (das gegenwärtige Gebäude) verlegt, 1803 säkularisiert und 1806 an Württemberg
gegeben ward. Die Abtei (ehemals mit berühmter Bibliothek, besonders mit wertvollen Handschriften der Minnesänger umfaßte
ein Gebiet von 330 qkm (6 QM.). Die von 1715 bis 1725 im Jesuitenstil erbaute Klosterkirche enthält die Gruft
der Ahnen des Welfenhauses, alte Malereien, eine der größten Orgeln (mit 6666 Pfeifen und 75 Registern), ein Welfendenkmal (1859
vom König Georg V. von Hannover errichtet) und unter den Reliquien einen »Tropfen vom Blut Christi«, der die Veranlassung zum
jährlichen »Blutritt«, einer Wallfahrt, gegeben. Zu Weingarten ward 22. April 1525 ein Vertrag zwischen den aufständischen
Bauern und dem Truchseß von Waldburg geschlossen. -
2) Flecken im bad. Kreis Karlsruhe, an der Linie Mannheim-Konstanz der Badischen Staatsbahn, hat eine evangelische und eine kath.
Kirche, eine Schloßruine, Tabaks- und Weinbau, Porzellanfabrikation und (1885) 3570 meist evang.
Einwohner.
Hermann, protest. Kirchenhistoriker, geb. 12. März 1834 zu
Berlin, studierte in Jena und Berlin Theologie, habilitierte sich 1862 an der letztgenannten Fakultät als Privatdozent, wurde 1868 außerordentlicher
Professor, war zugleich (1858-64) Adjunkt am königlichen Joachimsthalschen Gymnasium und bis 1873 Oberlehrer an der Andreasschule. 1873 wurde
er als ordentlicher Professor nach Marburg, 1876 nach Breslau berufen. Er veröffentlichte: »Pascal als Apologet
des Christentums« (Leipz. 1862),
»Die Revolutionskirchen Englands« (das. 1868),
»Zeittafeln zur Kirchengeschichte« (3. Aufl.,
das. 1888),
»Der Ursprung des Mönchtums im nachkonstantinischen Zeitalter« (Gotha 1877) und gab Rothes »Vorlesungen über
Kirchengeschichte« (Heidelb. 1875) heraus.
(Kt. Bern,
Amtsbez. Aarberg,
Gem. Grossaffoltern).
531 m. Gemeindeabteilung und Weiler 2 km nw. Grossaffoltern;
2,5 km n. der
Station Suberg und 3 km ö. der Station Lyss der Linie Biel-Bern. 25 Häuser, 136 reform. Ew. Kirchgemeinde Grossaffoltern.
Landwirtschaft.
Etwas n. vom Weiler finden sich zwei Grabhügel aus keltischer Zeit.
Bis 1412 gehörte Weingarten zur
Herrschaft Oltigen, um dann an Bern
überzugehen.
Heimat der Familie von Weingarten, die mehrere Staatsmänner hervorbrachte und 1650 erlosch.
(Kt. Bern,
Amtsbez. Trachselwald,
Gem. Rüegsau).
610 m. Gruppe von 3 Häusern, rechts vom Eingang in den Rüegsaugraben
und 1 km nö. der Station Hasle-Rüegsau der Linien Burgdorf-Langnau und Burgdorf-Thun. 25 reform. Ew. Kirchgemeinde Rüegsau.
Viehzucht.
(Kt. Schwyz,
Bez. Höfe, Gem. Wollerau).
503 m. 10 Häuser mitten in Weinreben und auf einem aus mariner Molasse aufgebauten
Rücken, der vom Krebsbach und der Strasse Richterswil-Wollerau stark angeschnitten wird. 200 m w. der Station
Wollerau der Linie Rapperswil-Goldau. 79 kathol. Ew. Kirchgemeinde Wollerau.
Steinbrüche. Landhäuser und ein Kurhaus.
(Kt. Thurgau,
Bez. Münchwilen,
Gem. Lommis).
496 m. Ortsgemeinde und Dorf am S.-Fuss des Immenbergs, gegenüber Lommis und 4 km ö.
der Station Matzingen der Strassenbahn Frauenfeld-Wil.
Postablage, Telephon;
Postwagen Matzingen-Affeltrangen.
Zusammen: 37 Häuser, 189 kathol. und reform. Ew.;
Dorf: 30 Häuser, 153 Ew. Kirchgemeinden Lommis und Matzingen.
Acker-, Wein-,
Wiesen- und Obstbau.
Handel mit Wein und Obst.
Stickerei als Hausindustrie.
(Kt. Thurgau,
Bez. Weinfelden,
Gem. Bussnang).
537 m. Kleines Dorf an der Strasse Märwil-Mettlen;
1,5 km ö.
Märwil und 5 km sw. der Station Weinfelden der Linie Zürich-Winterthur-Romanshorn.
Postablage. 20 Häuser, 98 reform. Ew. Filiale
Märwil der Kirchgemeinde Affeltrangen.
Acker-, Wiesen- und Obstbau.
Wald. Stickerei als Hausindustrie.
(Kt. Wallis,
Bez. Brig,
Gem. Naters).
694 m. Weiler 1 km ö. Naters und zwischen diesem Dorf und dem Felsvorsprung
der Massaeggen. 10 Häuser, 276 kathol. Ew. Kirchgemeinde Naters.
Benannt nach einem einst hier stehenden Schloss, von dem zu
Beginn des 19. Jahrhunderts noch ein starker Turm vorhanden war.
Das seit 1231 genannte Schloss war der Sitz der Edeln von
Weingarten oder de Vineis, die in der Geschichte des Wallis
eine Rolle gespielt haben.
(Kt. Zürich,
Bez. Meilen,
Gem. Hombrechtikon).
520 m. Gruppe von 6 Häusern 1 km w. der Kirche Hombrechtikon. 27 reform. Ew.
Kirchgemeinde Hombrechtikon.
Wiesenbau.
1) Weingarten in Württemberg, Stadt im Oberamt Ravensburg des württemb. Donaukreises, in dem schönen Schussenthal,
mit Ravensburg durch Dampfstraßenbahn (4,4 km) verbunden, Sitz eines Kameral- und Forstamtes, hat (1895) 6459 E., darunter
etwa 950 Evangelische, in Garnison das Infanterieregiment Kaiser Wilhelm, König von Preußen (2. Württemb.), Nr. 120, Post,
Telegraph, evang. Kirche, Gewerbebank; Leinen- und Strumpfweberei, Maschinenfabrik, Flachs- und Hanfspinnerei.
In der Mitte der Stadt, auf dem Martinberg, die prächtigen Klostergebäude der ehemaligen Benediktinerabtei, jetzt Kaserne,
Weingarten, mit großartiger, 1715-24 erbauter Kirche, die außer Fresken, Stuckarbeiten und Standbildern eine große Orgel mit 6666 Pfeifen
und 75 Registern enthält. Als Reliquie bewahrt sie einen Tropfen vom Blut Christi, der die Veranlassung
zu dem sog. Blutritt, einer Wallfahrt und damit verbundenem Umritt am Freitag nach Himmelfahrt gab. Die Abtei wurde 920 als
Frauenkloster gegründet und 1036 in ein Mönchskloster verwandelt. Weingarten war bis 1868 ein Marktflecken mit dem
Namen Altdorf-Weingarten. -
Vgl. Busl, Die ehemalige Benediktinerabtei Weingarten (Ravensburg 1890). -
2) Weingarten in Baden, Marktflecken im Amtsbezirk Durlach des bad. Kreises Karlsruhe, an der Linie Heidelberg-Karlsruhe der Bad. Eisenbahnen,
hat (1895) 3870 E., darunter 1365
Katholiken und 146 Israeliten, Post, Telegraph, Schloßruine; Wein-, Tabak- und Hopfenbau.
Hermann, prot. Kirchenhistoriker, geb. 12. März 1834 in Berlin, studierte in Jena und Berlin,
habilitierte sich 1862 in Berlin, wurde daselbst 1868 außerord. Professor, 1873 ord. Professor in Marburg, 1876 in Breslau.
Er starb 25. April 1892 in der Heilanstalt Pöpelwitz bei Breslau. Er schrieb: «Pascal als Apologet des Christentums» (Lpz. 1863),
«Die Revolutionskirchen Englands» (ebd. 1868),
«Der Ursprung des Mönchtums im nachkonstantinischen Zeitalter»
(Gotha 1877),
«Zeittafeln und Überblicke zur Kirchengeschichte» (Berl. 1870; 5. Aufl., bearbeitet von
Arnold, Lpz. 1897);
außerdem gab er «Rothes Vorlesungen über Kirchengeschichte» heraus (2 Bde., Heidelb.
1875).
Julius, Mathematiker, geb. 25. März 1836 zu Berlin, Schüler von Lejeune-Dirichlet, seit 1864 Professor an der
Technischen Hochschule zu Charlottenburg, hat besonders die Theorie der krummen Flächen gefördert. Er
hat zuerst die Aufmerksamkeit auf die Flächen gelenkt, bei denen der eine Hauptkrümmungsradius eine Funktion des andern ist.
Für die Rechnungsmethoden der europ. Gradmessung hat er eine Abhandlung verfaßt, welche die Trigonometrie auf dem Sphäroid
behandelt.
Seine bedeutendste Arbeit ist «Über die Theorie der aufeinander abwickelbaren Oberflächen»
(Berl. 1884).