[* 2] (Viehweide,Trift), mit Futterpflanzen bestandenes und zum Abhüten durch die
Haustiere bestimmtes
Grundstück.
Die natürliche Weide ist eine unbedingte, wenn deren Umbruch nicht gewagt werden darf, wenn sie
also bei entwickelter
Kultur auf solche Lokalitäten beschränkt bleibt, welche z. B. regelmäßigen
Überschwemmungen ausgesetzt
sind
oder an steilem Bergabhang liegen; bei extensiver
Wirtschaft unter Mangel an
Kapital und Arbeitskräften erweitert sich
ihr
Rayon, und selbst reine
Weidewirtschaft, ohne
Ackerbau, kann die besten
Reinerträge sichern. Wo jedoch
solche Verhältnisse nicht maßgebend sind, hat nur die künstliche oder wechselnde Weide noch
Berechtigung,
und sie bildet ein
Glied
[* 3] in der allgemeinen
Fruchtfolge, sei es auf ein, zwei oder mehrere Jahre
(Koppel-, Feldgras-,
Schlag- und
Egartenwirtschaft).
Die Weide bildet, gut bestanden, eine vortreffliche Vorfrucht für viele
Kulturpflanzen, und diese lassen
wiederum bei rationeller Bearbeitung und Düngung die besten
Bedingungen für das Wachstum der Weidepflanzen herstellen; die
künstliche Ansaat aber gewährt den Vorteil, daß der
Viehzüchter den Bestand der Weide seinen Absichten gemäß wählen kann.
Soll die Weide in der
Fruchtfolge den höchsten Vorteil gewähren, so muß ihr kräftig gedüngte Vorfrucht
vorausgehen, der
Boden tüchtig und tief bearbeitet sein und an
Samen
[* 4] nicht gespart werden.
Die Samenmischung ist nach
Boden und
Klima,
[* 5] der Viehart angemessen, zu wählen und besteht entweder nur aus
Klee und
Raigras,
oder aus
Timothygras, oder auch nur aus
Samen von andernGräsern und Kräutern. Man säet in eine Getreideart
als Überfrucht und muß nach deren Aberntung das Vieh so lange fern halten, bis die jungen
Pflanzen genugsam entwickelt sind.
Nur bei kräftiger Düngung kann die Futterpflanze aus
Untergrund und
Atmosphäre das
Maximum von Pflanzennährstoffen sich
aneignen und bei folgendem Umbruch für die Krume direkt bereichernd wirken und nur bei dichtem
Stande
den
Boden physikalisch verbessern.
Man darf daher die Weide höchstens 2-3 Jahre belassen und nur mit Vorsicht behüten, d. h.
nicht mit Vieh übersetzen und diesem nicht zugleich die ganze
Fläche einräumen. Die
Weiden sind zu dem
Zweck entweder in
angemesseneSchläge von vornherein eingeteilt und mit
Hecken oder
Gräben umgrenzt, oder das Vieh wird
in künstlichen Umzäunungen gehalten oder selbst angebunden. Man behütet entweder nur mit
Schafen oder auch mit
Rindvieh,
Pferden und
Schweinen und zwar, wenn mit verschiedenem Vieh, mit allem zugleich oder mit dem größern zuerst. In
England füttert
man die
Tiere auch noch mit anderm
Futter auf der Weide, besonders das Mastvieh.
Für
Gestüte und überhaupt für die Aufzucht von Jungvieh bedarf man größerer, mehr magerer
Weiden; auf großen
Gütern
räumt man die dem
Hof
[* 6] zunächst gelegenen
Weiden dem Jungvieh und Arbeitsvieh ein; besonders üppige (Fettweiden) dienen nur
zur
Mästung und die entferntesten (Außenweiden)
nur fürSchafe.
[* 7] Dem Vieh darf es auf der Weide nicht an gutem
Wasser und
Schutz
gegen
Sonne
[* 8] und heftige
Stürme fehlen. Die eigentliche
Weidewirtschaft gewährt den Nutzen der
Arbeits- und Kapitalersparnis,
setzt aber für gleiche Viehstände weit größere
Flächen als die
Stallfütterung voraus und gewährt
keineswegs den größten
Reinertrag von gegebenem
Areal.
Das Vieh selbst bleibt bei vollem Weidegang gesünder und robuster, erlangt aber nicht die hohe Leistungsfähigkeit der heutigen
Kulturrassen: beim Milchvieh begünstigt der Weidegang die Käsebildung, keineswegs aber größere
Güte und Schmackhaftigkeit
der
Butter als die (rationelle)
Stallfütterung. Nur dieZucht von gutem Arbeitsvieh setzt den Weidegang
voraus, und
Schafe gedeihen als Wollvieh in der
Regel besser mit Weidegang als bei Stallhaltung. Zufällige
Weiden sind: die
Stoppelweide nach Aberntung der
Halmfrüchte, die Brachweide, die Vor- und
Nachhut auf den
Wiesen im zeitigen Frühjahr und
im
Herbste, die Saatweide bei zu üppigem
Stande der Getreidefelder, endlich die
Waldweide.
Gattung aus der
Familie der
Salicineen,
Bäume oder
Sträucher, selten
Halbsträucher,
mit kurzgestielten, meist gesägten, in der Gestalt sehr abweichenden, länglichen Blättern, meist zweihäusigen
Blüten in
Kätzchen, einfächerigen, zweiklappigen
Kapseln
[* 11] und zahlreichen kleinen, mit einem Schopf seidenglänzender
Haare
[* 12] besetzten
Samen. Die sehr zahlreichen, schwer zu unterscheidenden
Arten finden sich namentlich in der kalten gemäßigten und
kalten
Zone der nördlichen
Halbkugel und gehen außerordentlich leicht
Kreuzungen ein.
Die
Bastarde bringen aber selten fortpflanzungsfähige
Samen hervor und müssen daher, soweit sie ihres schnellern Wachstums
halber für die
Kultur vorzuziehen sind, durch
Stecklinge fortgepflanzt werden. So erhielten sich auch die abweichenden Merkmale
der Individuen, und die Bestimmung der
Weiden erfordert oft eingehende
Studien. Man teilt die
Weiden in
mehrere natürliche
Gruppen:
1) BitterrindigeWeiden,
Bäume mit rissiger, an den schwächern
Ästen glatter, bitter schmeckender
Rinde, sein
¶
oder scharf gesägten, schmalen, meist unbehaarten Blättern von papierartiger Textur, stets mit Nebenblättern, sehr früh
erscheinenden, sitzenden Kätzchen und unbehaarten Fruchtknoten. Die Reifweide (Küstenweide, S. daphnoidesVill., S. cinereaWilld.), 8-10 m hoher Baum mit blauweißem Reif auf den Ästen, länglich-lanzettlichen, zugespitzten, drüsig gesägten, kahlen
Blättern, blüht lange vor den Blättern, wächst in Südfrankreich, Oberitalien,
[* 16] in den Alpenthälern,
in Deutschland,
[* 17] Österreich,
[* 18] Rußland, Schweden,
[* 19] an Flüssen und an der Ostseeküste.
Die kaspische Weide (S. acutifoliaWilld.), der vorigen ähnlich, aber mit schmälern, unterseits blaugrünen Blättern und schlanken,
gern überhängenden Zweigen, ist aus dem südlichen Sibirien eingeführt und gehört zu den nutzbarsten
Weiden, besonders geeignet, um losen Sand zu binden. Die echte Trauerweide (S. pendulaMönch, S. babylonicaL.), 3-7 m hoher
Baum mit grünlichbraunen, nicht bereiften, überhängenden Ästen und Zweigen, sehr schmalen, gesägten, unterseits blaugrünen
Blättern, blüht mit Entfaltung der letztern, stammt aus Japan
[* 20] und China, kam vor 200 Jahren nach dem Orient
und von da zu uns, wächst aber nicht in Babylonien (der Garab des 137. Psalms ist eine Pappel, Populus euphratica), stand lange
am GrabNapoleons auf St. Helena (daher Napoleonsweide).
Die Silberweide (S. albaL.), bis 30 m hoher Baum mit nicht brüchigen, bräunlichgrünen, roten oder dottergelben, unbereiften
Ästen und Zweigen, elliptisch lanzettförmigen, zugespitzten, klein gesägten, besonders unterseits blaugrünen, seidenglänzend
behaarten Blättern, stammt aus Sibirien, den Kaukasusländern und dem Orient, einer der schönsten Bäume, von welchem die
Dotterweide (gelbe Weide, S. vitellinaL.) eine Abart ist. Die Bruchweide (Knackweide, S. fragilisL.), mit gelblichgrünen oder
bräunlichen, nicht bereiften Zweigen, elliptischen, später meist völlig unbehaarten Blättern, blüht
von allen Weiden am spätesten, wächst in Europa,
[* 21] im Orient und in Sibirien. Die fünfmännige Weide (Lorbeerweide, S. pentandraL.), eine der schönsten Weiden, bis 12 m hoher Baum mit bräunlichgrünen oder rötlichen, unbereiften, sehr glänzenden Zweigen
und breit elliptischen, unbehaarten, lorbeerartigen Blättern, blüht sehr spät, wächst fast in ganz
Europa und in Sibirien bis Kamtschatka.
2) Schalenrindige Weiden, Bäume und Sträucher mit in Schalen oder dicken Blättern am Stamm sich lösender, an den Ästen glatter,
nicht bitter schmeckender Rinde, langen, gesägten oder gezähnelten, später oft völlig unbehaarten Blättern und mit Nebenblättern.
Die Mandelweide (S. amygdalinaL.), ein niedriger BaumoderStrauch mit unbehaarten, elliptischen, denen des Mandelbaums ähnlichen,
gesägten oder ganzrandigen Blättern und mit diesen erscheinenden Blüten, unbehaarten Fruchtknoten, wächst in ganz Europa,
im Orient und in Sibirien.
3) Bachweiden, Sträucher mit an starken Ästen wenig rissiger, an schwächern ziemlich glatter, bitter
schmeckender Rinde, meist nicht breiten, gezähnelten, später wenigstens oberseits unbehaarten Blättern, meist ohne Nebenblätter,
vor Entfaltung der Blätter blühend, mit behaartem Fruchtknoten. Die Purpurweide (S. purpureaL.), einStrauch mit glänzenden
Ästen, verkehrt lanzettlichen, meist zugespitzten, scharf gesägten, zuletzt völlig kahlen, unterseits blaugrünen,
sehr bitter schmeckenden Blättern, blüht meist mit Entfaltung der letztern, wächst an trocknen Stellen
in der Ebene. Die echte Bachweide (S.HelixL.), ein hoherStrauch von weniger sperrigem Wuchs als die vorige, sonst ihr
sehr
ähnlich, aber mit weniger bitter schmeckenden Blättern, wächst in Europa und im Orient bis Persien.
[* 22]
4) Korbweiden, Sträucher mit an ältern Ästen rissiger, an jüngern glatter, nicht bitter schmeckender
Rinde, sehr langen, schmalen, gezähnelten oder ganzrandigen, mehr oder weniger behaarten, unterseits meist seidenglänzenden
Blättern, in der Regel stark entwickelten Nebenblättern und kurz vor oder mit den Blättern erscheinenden Blüten und graufilzigem,
gestieltem Fruchtknoten. Die Korbweide (Bandweide, S. viminalisL.), ein hoher Busch mit sehr zähen Zweigen,
schmalen, zugespitzten, am Rand meist zurückgerollten und ganzrandigen, unterseits weißfilzigen Blättern, blüht vor Entfaltung
der letztern, in Europa und Nordasien sehr gemein. Die Zweige werden zum Binden und in der Korbflechterei benutzt.
5) Breitblätterige Weiden, Sträucher mit an stärkern Ästen rissiger, ziemlich glatter Rinde an jungen
Zweigen, breiten, großen, beiderseits grau behaarten (wenigstens in der Jugend), gezahnten Blättern, sehr entwickelten Nebenblättern,
meist vor den Blättern erscheinenden Blüten und gestieltem, grau behaartem Fruchtknoten. Die Salweide (Palmweide, Pfeifenholz,
S. capreaL., s. Tafel), 8-10 m hoher Baum mit unbehaarten Ästen, breit elliptischen, kurz zugespitzten, schwach gezahnten,
oberseits mattgrünen, unterseits grau behaarten Blättern, blüht von allen Weiden am frühsten, wächst in Europa und Nordasien
und diente ehemals am Palmsonntag zum Kirchenschmuck (daher Palme).
[* 23] IhreBlüten riechen sehr stark, bei einer transkaukasischen
Form nach Moschus. Die Grauweide (S. cinereaL.),Strauch mit grauflaumigen Zweigen und Knospen
[* 24] und lanzettlichen,
kurz zugespitzten, wellig gesägten, weichhaarigen Blättern, blüht sehr früh, wächst in allen Elb- und Oderwäldern an
Wiesenrändern, in ganz Europa, dem Orient und Nordasien.
6) Zweifarbige Weiden, meist hohe oder mittelgroße Sträucher mit meist länglichen oder elliptischen, oft ganzrandigen, unterseits
blaugrünen (daher zweifarbig) Blättern und wenig entwickelten oder fehlenden Nebenblättern. S. bicolorEhrh., auf den DeutschenAlpen,
[* 25] in Schlesien,
[* 26] auf dem Brocken und von Skandinavien durch Nordrußland bis zum Ural. Ein Bastard mit
S. caprea, die Lorbeerweide (S. laurinaSm.), ein hoherStrauch mit dunkelbraunen, kahlen Ästen, ovallänglichen, ganzrandigen,
oberseits glänzend dunkelgrünen, unterseits blaugrünen Blättern, wird kultiviert.
Die Gruppe der 7) großblätterigen Weiden umfaßt meist dem Gebirge und dem hohen Norden
[* 27] angehörige zwergige,
bisweilen niederliegende Sträucher mit vorherrschend breiten, schließlich unbehaarten Blättern und spät erscheinenden
Blüten(S. hastataL. in Nordostdeutschland, S. arbusculaL. im Hochgebirge Mitteleuropas, S. myrtilloidesL. im nordöstlichen
Deutschland und Schweden etc.).
8) Die Zwergweiden sind niedrige, bisweilen sperrige Sträucher, vorherrschend in der Ebene, mit elliptischen,
meist schmalen, ganzrandigen, seidenglänzend behaarten Blättern und früh erscheinenden Blüten (Moorweide, S. repensL.,
auf feuchten Wiesen und Torfmooren in Mitteleuropa und bis Sibirien; schmalblätterige Weide, S. rosmarinifoliaWilld. in Schweden).
9) Wolligblätterige Weiden, niedrige, bisweilen sperrige Sträucher, vorherrschend im Gebirge, mit meist
breiten, ganzrandigen oder gezähnelten, wollig behaarten Blättern und zeitig erscheinenden Blüten(S. glaucaL. im hohen
NordenEuropas, S. LapponumL. in Lappland).
10)
¶
mehr
Kurzgestielte Alpenweiden, sehr niedrige, auf dem Boden liegende, meist wurzelnde Sträucher mit kleinen, rundlichen, ganzrandigen
oder gezähnelten, unbehaarten Blättern (S. retusaL. auf den Alpen, S. herbaceaL. auf den Hochgebirgen Europas, S. polarisWahlb. im höchsten Norden). Die Weidenkultur als forstwirtschaftlicher Betrieb hat große Bedeutung für kleinere Grundbesitzer,
in Örtlichkeiten mit hohem Grundwasserspiegel, in Flußthälern und Niederungen.
Anbauwürdige Weidenarten sind besonders folgende: unter den Baumweiden, welche meist zu Kopfholzbetrieb benutzt werden, die
Silberweide (S. albaL.), die Dotterweide (S.vitellinaL.) und die Knackweide (S. fragilisL., besonders an Flußufern);
die Purpurweide (S. purpureaL.), die Mandelweide (S. amygdalinaL.), die Lorbeerweide (S. pentandraL.), die Dotterweide
(S. vitellinaL.), die kaspische Weide (S. acutifoliaWilld.) u. a.
Die Weidenkultur erfolgt meist durch Einzelsteckung auf gelockertem Boden, indem man 2-4 junge Stecklinge, etwa 35 cm
lang geschnitten, in einem Verband
[* 30] von 0,5-0,7 m mittels eines Weidenpflanzers einsteckt.
Dieselben entwickeln sich rasch zu nutzbaren Weidenstöcken. An Flußufern legt man die Stecklinge auch in Nestern zusammen;
zur Erziehung von Kopfstämmen wählt man Satzstangen, 2½ m lang, 5-6jährige Ausschläge, und pflanzt sie mittels des Pfahleisens.
Bei der Kopf- und Schneidelholznutzung wird die ganze Krone oder die Seitenäste (unter Erhaltung des herrschenden
Mitteltriebs) mit glattem Hieb
[* 31] am Stamm alle 2-4 Jahre hinweggenommen. In den Weidenhangern, wo es sich um die Gewinnung von
Flechtruten oder Bandruten handelt, erfolgt der Schnitt alljährlich oder alle 2-3 Jahre. Die Ruten werden am
Gewinnungsort mittels eines Weidenschälers entrindet, sofern sie in diesem Zustand in den Handel gebracht werden sollen,
in Bunde gebunden und vor Regen, auch vor zu raschem Austrocknen bewahrt.
Mit der Weide werden vielfach Landwirtschaftliche Zwischennutzungen verbunden, indem man die Stecklinge in 2 m voneinander entfernte
Rigolgräben einlegt und zwischen den GräbenHackfrüchte baut. Man pflanzt die Weiden auch häufig zur
Befestigung von Wasser- und Uferbauten, Dämmen etc. an. Das Holz
[* 32] ist weiß, weich, wenig dauerhaft, wird aber (von S. alba,
fragilis, caprea) zu verschiedenen Geräten, Sparterie, Schachteln, Sieben, Schuhen etc. benutzt. Man verkohlt es auch zur Gewinnung
von Reißkohle u. Pulverkohle.