Wehr
,
ein quer durch einen
Fluß gelegter, fester oder auch ganz oder teilweise wegnehmbarer
Bau, welcher die
Aufgabe
hat, das Wasser zu stauen. Man legt an bei
Flußregulierungen (s.
Flußbau), um das zu starke Gefälle
eines
Flusses zu mäßigen und dadurch die zerstörende Wirkung auf die Ufer und die
Sohle zu mildern, für Schiffahrts-, Flößerei-
und Triftzwecke, um eine größere
Tiefe des Wasserlaufs zwischen den einzelnen Wehr
gegenüber dem ungestauten Flußlauf zu
erzielen, oder um Wasser dicht oberhalb des Wehr
abzuleiten und zu
Bewässerungen, zum Betriebe von Wasserrädern,
Turbinen u. s. w. benutzen zu können. Der oberste
Teil des festen Einbaues, welcher für die Höhe der Aufstauung maßgebend
ist, wird Wehr
rücken genannt und wird bei hölzernen Wehr durch den Fachbaum (s. d.)
gebildet.
Wird z. B. in
[* 1]
Fig. 1 oberhalb des Wehr
A
bei B Wasser entnommen und mittels eines Mühlgrabens
B C (Oberwassergraben) nach dem Wasserrade bei C geleitet, so kann daselbst
das Wasser zum Fallen
[* 3] gebracht werden und
Arbeit verrichten, worauf es mittels des Unterwassergrabens C’ D wieder zum
Flusse
zurückgeführt wird. Ist H der Höhenunterschied der Punkte
B’ und D (das natürliche Gefälle des
Flusses vor Erbauung des Wehr
), h der Höhenunterschied zwischen dem gestauten und ungestauten Wasserspiegel am
Wehr
(die Stauhöhe),
o der Höhenunterschied der Punkte
B und C (das Gefälle des Oberwassergrabens),
u der Höhenunterschied
der Punkte C’ und D (das Gefälle des Unterwassergrabens), so wird o +
u + ho = H + h, worin ho
der Höhenunterschied der Punkte C und C’ ist, welches als nutzbares Gefälle für industrielle Zwecke verwertet werden
kann.
Ist Q die Wassermenge in Kubikmetern, welche dem Flusse bei B in der Sekunde entnommen ¶
forlaufend
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den kann, so vermag dieselbe in C eine Arbeit von ^[mathem. Formel] nomineller Pferdestärken zu entwickeln, wenn ho ^[ho]
in Metern eingeführt wird. Bezeichnet E den Punkt, in welchem die gestaute Wasserfläche den ursprünglichen Wasserspiegel
wieder erreicht, so heißt die Entfernung AE die hydraulische Stauweite, die Kurve, nach welcher sich der
gestaute Wasserspiegel BFE einstellt, die Staukurve. Die Berechnung der Stauhöhe und Stauweite für eine gegebene Wehrhöhe
und umgekehrt führt zu schwierigen Aufgaben der Hydraulik. Bei regelmäßigem Laufe des Flusses oder Baches von E bis B ist
die hydraulische Stauweite etwa doppelt so groß als die hydrostatische Stauweite, d. h. als der Abstand
desjenigen Punktes der Linie B’E, welcher in gleicher Höhe mit dem Wasser am Wehr
liegt. - Bei Streitigkeiten über
die Höhe des durch ein Wehr
verursachten Aufstaues pflegt man einen Probestau zu machen und die Höhe des Wasserspiegels
durch Nivellement zu bestimmen.
[* 4]
^[Abbildung:]Fig. 1. Je nachdem das Wehr
unter
oder über den ursprünglichen Wasserspiegel sich erstreckt, heißt es ein Grund- oder Überfallwehr. Eine völlige oder teilweise
Beseitigung des Staukörpers behufs Abführung von Hochwasser oder Eis
[* 5] gestatten die beweglichen Wehr.
Dahin gehören:
1) die Dammbalkenwehre
, bei welchen Hölzer wagerecht in Falzen (Dammfalze) von Mauern abwärts geschoben oder mittels
Haken gehoben werden.
2) Die Schützenwehre
[* 4]
(Fig. 2), bei welchen der Stau durch lotrecht verschiebbare Holz- oder Eisentafeln (Schütze) oder um
lotrechte Achsen drehbare Tafeln (Drehschütze) bewirkt wird. Bei diesen Wehr
kommen teilweise komplizierte Aufzugsmechanismen
vor, und die Breite
[* 6] der frei zu machenden Öffnung wird häufig durch Holz- oder Eisenstützen (Griespfeiler,
Griessäulen) in
kleine Abschnitte zerlegt. Diese Griespfeiler sind oft oben durch Längsbalken (Griesholme) verbunden, die
sich bei Hochwasser umlegen lassen.
Neuerdings läßt man mehrfach die Schütze sich auf Rollen
[* 7] bewegen. Bei dem neuem Mühlendammwehr
in Berlin
[* 8] sind zwei Rollenpaare
für jede der Schütztafeln derart angebracht, daß diese während des Hochziehens aus der lotrechten
in die wagerechte Lage übergehen und sich unter die über das Wehr führende Brücke
[* 9] legen. Die Nadelwehre
[* 4]
(Fig. 3), bei welchen
annähernd lotrechte Holzstäbe rund oder eckig, Bretter oder auch Eisenröhren (sämtlich Nadeln
[* 10] genannt), den Aufstau erzeugen,
indem sie sich unten gegen einen Fundamentabsatz, oben gegen einen Horizontalträger stützen.
Wird der obere Horizontalträger in der Art beweglich gemacht, daß er, aus kurzen 1-1,5 m langen Stücken bestehend, sich gegen eiserne auf der Flußsohle aufgestellte, aber um eine untere Horizontalachse drehbare Stütze (Wehrrippen) legt, so ist die Möglichkeit gegeben, durch Abheben der Horizontalbalken und Niederlegen der Wehrrippe auf die Flußsohle einen vorher aufgestauten Stromlauf von Ufer zu Ufer völlig frei zu legen. Dies ist das System des vom Franzosen Poirée ersonnenen und nach diesem benannten Poiréeschen Nadelwehren 4) Die Klappwehre, bei welchen um Horizontalachsen drehbare Holz- oder Eisenklappen den Ausstau besorgen. Der Franzose Chanoine hat auch dieses Wehr ähnlich den Nadelwehren eingerichtet, indem er die Klappen an Eisenböcken befestigte [* 4] (Fig. N, welche sich mit den Klappen auf die Flußsohle niederlegen. Das Niederlegen geschieht mit Hilfe einer auf der Flußsohle liegenden, von Ufer zu Ufer führenden Eisenstange, welche Nasen hat und dadurch die Stützen der Wehr- [* 4] ^[Abbildung:]Fig. 2. [* 4] ^[Abbildung:]Fig. 3. [* 4] ^[Abbildung:]Fig. 4. [* 4] ^[Abbildung:]Fig. 5. ¶