Wasserpflanzen
[* 2] (hierzu Tafel »Wasserpfla
nzen«),
eine durch gemeinsame Lebensbeziehungen ausgezeichnete
Gruppe von
Gewächsen,
die dem äußern Verhalten nach in die Abteilungen der untergetauchten (submersen) und der schwimmenden Wasserpflanzen
zerfällt.
Unter den einheimischen
Formen der ersten
Gruppe herrscht eine
Neigung zur
Bildung fein zerschlitzter
Blätter vor, welche sich
überdies durch den Mangel von
Spaltöffnungen auszeichnen und in ihren Oberhautzellen
Chlorophyll führen.
Selten besitzen sie (z. B.
Lobelia Dortmanna, Littorella) gestauchte
Achsen mit einer dichten
Rosette schmallinealer, schlaffer
Laubblätter; die
Mehrzahl (wie Myriophyllum, Callitriche, Potamogeton, Zannichellia, Ruppia,
Zostera u. a.) entwickelt langgestreckte,
sehr dünne und biegsame, sich stark verzweigende
Stengel,
[* 3] die von zahlreichen Luftkanälen durchzogen
werden und daher im
Wasser schwimmen.
Ihre
Gefäßbündel
[* 4] sind meist entsprechend ihrer Inanspruchnahme durch Zugkräfte zu einem axialen
Strang vereinigt und entbehren
mehr oder weniger die sklerotischen
Elemente. Die
Wurzeln fehlen dieser
Gruppe der Wasserpflanzen
entweder ganz
(Utricularia, Aldrovandia,
Ceratophyllum), oder sie sind als lange, unverzweigte, aus den
Knoten hervorbrechende Adventivwurzeln
entwickelt. Im
Gegensatz zu der erstgenannten
Gruppe besitzen die schwimmenden Wasserpflanzen
Blattbreiten von ovaler oder nierenförmiger
Gestalt, welche auf ihrer Oberseite den
Bau von Luftblättern zeigen und hier auch
Spaltöffnungen führen.
Die
Wurzeln sind bei dieser
Gruppe mit Ausnahme von Wolffia wohl entwickelt und können, wie bei den
Wasserlinsen
(Lemna) und
Hydrocharis morsus ranae, frei im
Wasser flottieren. Die
Mehrzahl der Schwimmpflanzen, wie
Arten von Potamogeton,
Ranunculus,
Trapa
[* 5] natans, die
Seerosen u. a., entwickelt einen Erdstamm
(Rhizom),
[* 6] der oberwärts lange Laubtriebe mit Schwimmblättern
oder diese direkt trägt. Den Wasserpflanzen
schließen sich einige als Uferpflanzen zu bezeichnende
Gewächse (z. B.
Alisma
Plantago, Sagittaria, Sparganium, einige
Arten von
Ranunculus und
Polygonum u. a.) an, welche ebenfalls befähigt sind, unter
Umständen an überschwemmten Wohnplätzen Schwimmblätter zu entwickeln.
Die Wasserpflanzen
überwintern teils durch ihre
Rhizome oder
Knollen,
[* 7] teils dadurch, daß sich bestimmte Zweigenden unter
Verwesung der
übrigen Teile zu
Winterknospen umwandeln, die sich im Schlamm der Gewässer festsetzen und im Frühjahr
neue
Pflanzen durch Sproßbildung erzeugen. Viele Wasserpflanzen
bringen ihre
Blüten auf mehr oder minder langen Stielen an oder über
die Oberfläche des
Wassers, um auf diese
Weise eine
Bestäubung durch den
Wind oder durch
Insekten,
[* 8] wie bei Hottonia,
Arten von
Nymphaea,
Lobelia, zu ermöglichen; bei andern
¶
1. Aponogeton distachyus.
2. Nelumbium speciosum. (Lotosblume, mit Frucht a).
4. Ouvirandra fenestralis. [* 10]
5. Papyrus antiquorum.
6. Pistia stratiotes.
7. Thalia dealbata.
mehr
(Vallisneria, Hydrilla, Elodea) bewirken im Wasser schwimmende Pollenmassen die Befruchtung;
[* 13] bei einer Minderzahl endlich (Najas,
Zostera, Ceratophyllum) erfolgt die Befruchtung unter Wasser innerhalb der geschlossenen Blüte.
[* 14] Die in der Regel schwimmfähigen
Früchte der Wasserpflanzen
reifen selten in der Luft, viel häufiger unter Wasser, besitzen oft eine sehr feste innere Steinschale
und bisweilen eigentümliche, zum Festhalten im Schlamm dienende Ankerorgane, die bei Trapa in Form von vier starken Stacheln
ausgebildet sind.
Die geographische Verbreitung der Wasserpflanzen
ist eine sehr ausgedehnte, jedoch halten sie sich vorwiegend an die
Wasserstraßen der Tiefländer und steigen nur mit wenigen Arten in die Hochgebirge auf. Die im Meer wachsenden
Wasserpflanzen
, die sogen. Seegräser, von welchen zur Zeit 27 Arten aus den Familien der Hydrocharitaceen und Najadeen bekannt sind, zeigen
höchst eigenartige Verbreitungsverhältnisse, die mit der Entstehung der gegenwärtigen Meeresküsten zusammenhängen.
Unter den ausländischen, durch kulturgeschichtliche Beziehungen merkwürdigen Wasserpflanzen
stehen die Seerosen oder Nymphäaceen obenan,
zu welchen die Lotosblumen Ägyptens und der Gangesländer gehören. Gegenwärtig wachsen in Ägypten
[* 15] Nymphaea
coerulea Sav., mit blauen Blumen und ganzrandigen Blättern, und Nymphaea Lotos
[* 16] L. (s. Tafel,
[* 12]
Fig. 3), die weißblütig und gezahntblälterig
ist. Beide Arten finden sich auf den altägyptischen Denkmälern häufig dargestellt; auch wurden die Mumien der spätern römisch-griechischen
Zeit bisweilen mit Kränzen von Lotosblumen geschmückt Samen
[* 17] und Rhizome beider Arten wurden in alter Zeit gegessen, während
dies jetzt nach Schweinfurth nur noch bei den Anwohnern des obern Nilgebiets geschieht.
Das Vorkommen des rosablütigen indischen Lotos, des Nelumbium speciosum Willd. (s. Tafel, [* 12] Fig. 2), im alten Ägypten ist durch monumentale Darstellungen und durch die Schilderung von Herodot, der ihre Frucht treffend mit einem Wespennest vergleicht, unzweifelhaft bezeugt. Gegenwärtig ist jedoch diese herrliche, bei den Indern in uralter Verehrung stehende und von den Dichtern des Orients besungene Pflanze gänzlich aus Ägypten verschwunden und auf die wärmern Teile Asiens und Nordostaustraliens beschränkt; ihr am weitesten nach Westen vorgerückter Standort liegt am Kaspischen Meer: jedoch kommt eine ihr sehr nahe verwandte Art (N. Buchii Ett.) fossil auch in Europa [* 18] vor.
Eine vierte, wegen der Riesendimensionen ihrer Blätter und Blüten allgemein bewunderte Seerosenart, die Victoria regia Lindl.
(s. Tafel,
[* 12]
Fig. 8), ist im tropischen Amerika
[* 19] zwischen dem 15.° südl. Br und dem 6.° nördl. Br. einheimisch
und wird in unsern Gewächshäusern aus Samen alljährlich neu aufgezogen, während sie in ihrem Vaterland ausdauert; auch
ihre Samen werden als »Wassermais« von den Eingebornen gegessen. Andre auffallende Formen der Wasserpflanzen
bilden die zu den Najadeen gehörigen
Aponogeteen, welche durch eigentümliche, zwei oder dreiteilige Blütenähren ausgezeichnet sind und sich mit ca. 23 Arten
im tropischen und subtropischen Afrika,
[* 20] Asien
[* 21] und Australien
[* 22] verbreiten; unsre Tafel bringt Aponogeton distachyus und Ouvirandra fenestralis
(letztere durch höchst zierliche, gitterartige Durchlöcherung ihrer Blattspreite bemerkenswert) zur Anschauung
[* 12]
(Fig. 1 u.
4). Bekanntere Gewächshauspflanzen aus der Gruppe der Wasserpflanzen
sind ferner die zu den Marantaceen gezählten
Thalia-Arten, die im tropischen Amerika und auch in den Südstaaten Nordamerikas
vorkommen; die in Sümpfen Südcarolinas und
weiter westwärts verbreitete Thalia dealbata Fras. (s. Tafel,
[* 12]
Fig. 7) hat langgestielte, herzförmige Wurzelblätter, einen
weißlich bepuderten, aufrechten Blütenstand
[* 23] und kleine, violette Blüten. Die frei im Wasser schwimmende,
zu den Araceen gehörige Pistia Stratiotes L. (s. Tafel,
[* 12]
Fig. 6) bewohnt die wärmern Gebiete von Amerika, Asien und Afrika und
wird bei uns bisweilen ihrer niedlichen Blattrosetten wegen in Aquarien gezogen. Als Uferpflanze schließt sich den Wasserpflanzen
endlich
auch die Papyrusstaude (Papyrus antiquorum Willd., s. Tafel,
[* 12]
Fig. 5) an, die ihre Heimat im tropischen Afrika
hat und außerdem in Syrien und auf Sizilien
[* 24] vorkommt. Bekanntlich diente das Mark ihrer bis 3 m hohen Halme als Rohmaterial
für die Papierbereitung der alten Ägypter, von denen sie kultiviert und auch als hieroglyphisches Symbol benutzt
wurde, während sie gegenwärtig aus Ägypten verschwunden ist. Weiteres in den Spezialartikeln »Nymphaea«, »Nelumbium«, »Papyrus«.
Bezüglich der einheimischen Arten vgl. Schenk, Die Biologie der Wasserpflanzen
(Bonn
[* 25] 1885).