Wasserjungfern
[* 2]
(Seejungfern,
Libellen,
Himmelspferde
Schillebolde, Libellulina
Burm., hierzu Tafel
»Wasserjung
fern«),
Insektenfamilie aus der Ordnung der Falschnetzflügler, [* 3] Insekten [* 4] mit frei drehbarem, quer cylindrischem oder halbkugelförmigem Kopf, sehr großen Augen, deutlichen Nebenaugen, kleinen Fühlern, kräftig ausgebildeten Mundteilen, schmalem, ringförmigem Prothorax, sehr breitem Meso- und Metathorax, vier gleich langen, glasartigen, dicht netzartig geäderten Flügeln und vierkantigen, nach innen stachligen Schenkeln und Schienen. Die Hinterbeine sind länger als die vordern.
Der
Hinterleib, am vorletzten
Ring mit zwei ungegliedert ten, griffel- oder blattartigen
Reifen versehen, die beim Männchen
auch zu
Zangen werden, ist sehr lang, oft nadelartig. Bei mehreren
Gattungen sind die
Geschlechter von auffallend verschiedener
Körper- oder Flügelfärbung. Die Wasserjungfern
fliegen sehr ausdauernd und rasch und verdanken
dies
Vermögen eigentümlichen tellerförmigen
Sehnen im
Thorax. Sie fangen andre
Insekten im
Flug und sind sehr gefräßig. Auch
die
Begattung erfolgt im
Flug, und das Männchen ergreift bei derselben mit seinen
Reifen den
Nacken des Weibchens, welches sodann
die
Spitze seines
Hinterleibes gegen das im blasenartig aufgetriebenen zweiten
Bauchring des Männchens
befindliche Kopulationsorgan krümmt.
Letzteres muß das Männchen vor der Begattung an den im neunten Hinterleibsring liegenden Ausgängen der Hoden mit Samen [* 5] füllen. Nach der Begattung legt das Weibchen, bisweilen unter Assistenz des Männchens, die Eier [* 6] ins Wasser oder in Wasserpflanzen, [* 7] welche es mit seiner kurzen Legeröhre anschneidet (s. die Tafel). Die Larven leben in fließendem und stehendem Gewässer und sind durch große Raubgier ausgezeichnet. Dieselben gleichen im allgemeinen dem geschlechtsreifen Insekt, haben aber kleinere Augen und längere Fühler; ihre Unterlippe ist zu einem Raubarm (Maske) umgestaltet, welchen die Larve gegen ihre Beute weit vorschnellen kann.
Die kleinern besitzen äußere, am Hinterleibsende sitzende, blattförmige Kiemen; bei den übrigen befinden sich Tracheenkiemen im Mastdarm, und der große, mit drei Klappen versehene After vermittelt den Ein- und Austritt des Wassers und durch letztern zugleich taktmäßige Schwimmbewegungen. Die Entwickelung erfolgt meist in einem Jahr; die überwinterte Larve kriecht an einer Wasserpflanze oder an einem Pfahl eine Strecke empor und setzt sich fest, die Haut [* 8] zerreißt dann bald vom Nacken bis auf den Kopf, und durch diesen Riß arbeitet sich das Insekt heraus, während die Larvenhaut im übrigen unversehrt sitzen bleibt.
Man kennt etwa 1100 Arten, welche über alle Erdteile verbreitet sind; Europa [* 9] besitzt etwa 100 Arten. Die gemeine Schlankjungfer (Leste. [Agrion] puella L.), (das Männchen) 3,5 cm lang, grünlich erzfarben, mit himmelblauen Längsbinden und blauer Unterseite des Thorax; am Hinterleib ist der erste bis sechste Ring blau mit schwarzer Spitze, der zweite mit H-förmiger, schwarzer Zeichnung, die beiden vorletzten sind ebenfalls blau; sie ist in Deutschland [* 10] gemein, ebenso die große Schmaljungfer (Aeschna grandis L.), 6,5 cm lang, rostfarbig, kaum gefleckt, an den Thoraxseiten mit zwei gelben Binden und auf den Flügeln gelb.
Der gemeine Plattbauch (Libellula depressa L.), gelbbraun, an den Rändern gelb gefleckt oder am Hinterleib des reifen Männchens himmelblau bereift, mit großem, länglichem, dunklem Fleck an der Wurzel [* 11] der vordern und dreieckigem an der der hintern Flügel, tritt, ebenso wie L. quadrimaculata L., mit safrangelbem Körper, schwarzer Hinterleibsspitze, hellgelben Seitenflecken an der Wurzel und safrangelben, in der Mitte des Vorderrandes mit einem schwarzbraunen Fleck gezeichneten, glashellen Flügeln, zuweilen in ungeheuern Mengen auf und unternimmt weite Züge.
Vgl. v. d. Linden, Monographiae Libellularum Europae specimen (Brüssel [* 12] 1825);
Charpentier, Libellulinae europaeae (Leipz. 1840);
de Sélys-Longchamps, Monographie des Libellulidées d'Europe (Par. 1840);
Derselbe und Hagen, [* 13] Revue des Odonates ou Libellules d'Europe (Brüssel 1850).