Wassergraf
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s. Graf.
Wassergraf
3 Wörter, 21 Zeichen
Wassergraf,
s. Graf.
(lat. Comes, franz. Comte, engl. Earl, ital. Conte), ein Wort von unbestimmter Abstammung, zuerst in der latinisierten Form (Garafio, Grafio) in der aus dem 5. Jahrh. herrührenden »Lex Salica« als Titel der höchsten vom König ernannten und je über einen Pagus (Gau) gesetzten Beamten vorkommend, bezeichnet ursprünglich eine amtliche Stellung. Nach Jakob Grimm ist das Wort gleichbedeutend mit gisello (socius), Geselle, Hausgenosse (des Königs). Nach dem Salischen Gesetz hatte der Graf als Vorsteher des Gaues die Befugnis, vor Gericht zu laden und das Urteil zu vollstrecken sowie Friedensgelder zu erheben.
Die Amtsgewalt des Grafen, der den spätrömischen Titel Comes erhielt, wuchs mit der königlichen Macht, namentlich bei den Franken; er führt jetzt nicht nur den Vorsitz bei Gericht, sondern schreitet auch von Amts wegen bei Verbrechen ein, handhabt die Polizei, bietet den Heerbann auf und übernimmt dessen Führung, erhebt die Steuern, Zölle und Strafgelder, verwaltet auch häufig die königlichen Besitzungen, nimmt den Huldigungseid ab etc. Außer Geschenken, die er von Gaueingesessenen und dem König erhält, ist ihm auf die Zeit seiner Amtsdauer ein gewisser Grundbesitz zugewiesen.
Als Stellvertreter des Grafen werden genannt der vom König ernannte Vicarius, welcher besonders bei Gericht und bei der Steuererhebung für den Grafen fungierte, und ein Abgeordneter des Grafen (missus comitis). Neben diesen kommen unter den Merowingern auch schon, wenn auch ohne gräflichen Titel, außerordentliche Sendboten des Königs selbst (missi regis) vor. Karl d. Gr. teilte nach Beseitigung der Stammes- oder Nationalherzöge sein ganzes Reich in Grafensprengel (Gaue) ein.
Statt des Vicarius tritt seit dem 9. Jahrh., namentlich in den südlichen Provinzen, der Vizecomes (woraus das französische Vicomte und das italienische Visconti entstand) auf. Der Pfalzgraf (comes palatii, comes palatinus), der anfangs nur als Rechtskundiger bei Sitzungen des Gerichts die Entscheidung der Beisitzer zusammenzufassen und damit das Urteil zum Abschluß zu bringen hatte, besorgt jetzt in Gemeinschaft mit dem Kanzler die weltlichen Geschäfte am Hof [* 3] im allgemeinen, hat aber dabei noch insbesondere die Leitung des höchsten königlichen Gerichts.
Was die Einkünfte der Grafen in der karolingischen Zeit anlangt, so erhielten diese eine bedeutende Vermehrung, indem die Grafen Abgaben und Dienste [* 4] zum Besten ihrer Güter in Anspruch nahmen und außer den Gütern, welche ihnen durch ihr Amt zufielen, oft noch Benefizien besaßen, d. h. Güter, welche ihnen zur Nutznießung auf Lebenszeit des Königs übergeben waren. Da nun dergleichen Benefizien, wenn sie längere Zeit im Besitz von Inhabern einer und derselben Grafschaft gewesen waren, oft mit den Gütern der letztern für immer verbunden wurden, so erklärt es sich, wie jene umfänglichen Komplexe von Gütern entstehen konnten, welche die Grundlagen vieler späterer Grafschaften bildeten.
Unter Grafschaften verstand man nach Auflösung der alten Gauverfassung und Gaueinteilung nämlich nicht mehr ein Amt, sondern einen Bezirk, dessen Besitzer gewisse Rechte, namentlich die Gerichtsbarkeit, zustanden. Wie aber die Lehen in Deutschland [* 5] nach und nach überhaupt erblich wurden, so auch die Grafschaften, und so kommt es, daß die Grafen seit dem 11. Jahrh. ihren Namen nicht mehr von dem Gau, über den sie ursprünglich gesetzt worden waren, sondern von dem Hauptbestandteil ihres Güterkomplexes führen; auch führten sie oft nicht einmal den Titel »Grafen«, sondern begnügten sich mit dem damals gewöhnlichen Adelsprädikat »Nobiles« oder »Liberi Domini«. Das ihnen als Afterlehen von ihren Lehnsherren übertragene Richteramt verwalten diese neuern Grafen nicht mehr persönlich, sondern durch besonders bestellte Richter. Die Inhaber des alten Gaugrafenamtes nennen sich im Gegensatz zu diesen Lehnsgrafen Landgrafen (comites provinciales) und zählen, nachdem sie sich von der Gewalt der Herzöge frei gemacht, zum Fürstenstand, also zur ersten Klasse der Reichsstände, während die ein ¶
Afterlehen besitzenden Grafen mit den Prälaten die zweite Klasse derselben ausmachten. Markgrafen (s. d.), ursprünglich »Grenzgrafen«, welchen die Beaufsichtigung tributpflichtiger Grenzlandschaften anvertraut war, und Pfalzgrafen (s. d.), ursprünglich die Stellvertreter des Königs bei Ausübung der höchsten Gerichtsbarkeit, erhoben sich bald zu völlig gleichem Rang mit den Herzögen. Seit dem 13. Jahrh. blieben diese Standesverhältnisse im wesentlichen unverändert.
Die von den deutschen Kaisern kraft der wenigen ihnen gebliebenen Reservatrechte verliehenen Grafen- und Fürstentitel erhoben zwar die damit Ausgezeichneten in den Herrenstand, befreiten aber weder Personen noch Güter von der Landeshoheit, wie sie auch keine Reichsstandschaft begründeten. Die wirklich reichsständischen Grafen (Reichsgrafen) aber, wozu nur diejenigen gerechnet werden sollten, welche bis 1582 die Reichsstandschaft ausgeübt hatten, stimmten auf dem Reichstag nicht einzeln, sondern nach Kurien, deren anfangs zwei waren, die wetterauische und die schwäbische, zu denen 1640 noch eine fränkische und 1653 eine westfälische kam.
Grafschaften, welchen fürstliche Rechte ausdrücklich verliehen wurden, bezeichnete man als gefürstete Grafschaften. Mit den infolge des Umschwunges der politischen Verhältnisse zu Anfang des 19. Jahrh. eintretenden Mediatisierungen hörte die Souveränität der Grafen und Herren völlig auf. Nur der Landgraf von Hessen-Homburg bewahrte sich die Souveränität, bis mit seinem im März 1866 erfolgten Tod seine Dynastie ausstarb. Die früher reichsunmittelbaren Grafengeschlechter, wie die Grafen von Castell, Erbach, Fugger, Giech, Leiningen, Neipperg, Ortenburg, Pappenheim, Quadt-Wykradt, Rechberg, Rechteren, Solms, Stolberg [* 7] u. a., gehören jetzt als Standesherren zum deutschen hohen Adel (s. d.). Außer den Burggrafen (s. d.), die zu keiner der angeführten Kategorien gehörten, sind noch die westfälischen Freigrafen (Gografen) des Femgerichts zu erwähnen (s. Femgerichte).
Jene übten, wie die alten Gaugrafen (s. Gau), den ihnen vom Kaiser verliehenen Blutbann sowie die Gerichtsbarkeit über Freie
aus; diese aber richteten ohne kaiserliche Beleihung und zogen erst allmählich alle Streitsachen an sich, die nicht Freie
betrafen. Besondere, von den landesherrlichen Gerichten eximierte Verhältnisse bezeichneten früher die Titel
Holz-, Salz-, Deich-, Mühl- und Wassergrafen
und der Hansgraf zu Regensburg,
[* 8] der Vorsitzende des Handelsgerichts (von Hansa abgeleitet).
Vorstände der betreffenden Korporationen führen hier und da noch jetzt solche Titel. In die merowingische Zeit zurück reicht die Würde des Stallgrafen (comes stabuli, daher das franz. connétable und das engl. constable), dessen anderweite Benennung Marschall später mehr in Gebrauch kam. Es war damit die Aufsicht über die königlichen Ställe, später auch Gesandtschaft und Heerführerschaft im Krieg verbunden. Den eigentlichen Pfalzgrafen ganz fern stehen die seit dem 14. Jahrh. vorkommenden Hofpfalzgrafen (comites sacri palatii lateranensis), eine völlig neue Art von Beamten; deren Titel der römischen Hofordnung entlehnt war, und denen die Ausübung einzelner kaiserlicher Rechte anvertraut war (s. Pfalzgraf). - Graf oder Comes der sächsischen Nation heißt noch heute in Siebenbürgen der Chef der politischen Behörden des Sachsenlandes.
1) Urs, Maler, Kupferstecher, Zeichner für den Holzschnitt und Goldschmied, geboren zwischen 1485 und 1490 zu Solothurn, [* 9] führte als Landsknecht ein abenteuerliches, wildes Leben, ließ sich 1509 in Basel [* 10] nieder und starb daselbst um 1529. Von seinen Gemälden hat sich nichts erhalten. Seine Handzeichnungen, Kupferstiche und Zeichnungen für den Holzschnitt, meist Sittenbilder, Landsknechte [* 11] und Genrefiguren in derber, sinnlicher Auffassung, erinnern in der Lebendigkeit und Frische der Darstellung an Hans Holbein [* 12] den jüngern.
Vgl. Amiet, Urs Graf (Basel 1873).
2) Arturo, ital. Dichter und Gelehrter von deutscher Herkunft, geb. 1848 zu Athen, [* 13] brachte seine Kindheit in Rumänien [* 14] zu, studierte dann die Rechte auf der Universität Neapel [* 15] und habilitierte sich 1874 als Privatdozent an der Universität zu Rom. [* 16] Schon während seines Aufenthalts in Neapel hatte er sich nebenbei mit Philologie sowie mit den Naturwissenschaften befaßt und Proben eines eigentümlichen poetischen Talents gegeben. Er veröffentlichte: »Versi« (Braila 1874);
»Poesie e novelle« (Rom 1876) und zuletzt eine Gedichtsammlung, »Medusa« (Turin [* 17] 1880),
in welcher der Dichter ergreifende Töne für den Ausdruck seiner ernsten, etwas düstern und sozusagen nordisch angehauchten Stimmung zu finden weiß.
Von seinen Prosaschriften mögen genannt sein: »Dell' epica neolatina« (Rom 1876);
»Delle origini del dramma moderno« (das. 1876);
»Della storia letteraria e de' suoi metodi« (Turin 1877);
»Studii drammatici« (das. 1878);
»Roma [* 18] nella memoria e nelle immaginazioni del medio evo« (das. 1882-1883, 2 Bde.) und einige interessante Abhandlungen zur vergleichenden Sagenkunde, wie: »La leggenda del paradiso terrestre« (Tur. 1879),
»Prometeo nella poesia« (das. 1880),
»La leggenda dell' aurora« (das. 1881) u. a. Aus einem Kodex der Nationalbibliothek in Turin gab er heraus: »Complementi della Chanson d'Huon de Bordeaux« [* 19] (Halle [* 20] 1878).
Gegenwärtig lebt Graf als Professor der Litteratur an der Universität zu Turin. Mit Fr. Novati und R. Renier gibt er das »Giornale storico della letteratura italiana« (Turin, seit 1883) heraus.