(DreissenapolymorphaPall.),
Gattung aus der
Familie der
Miesmuscheln (Mytilidae), besitzt ein gleichschaliges,
dreieckiges Gehäuse. Der
Mantel ist bis auf drei enge Öffnungen völlig geschlossen. Sie ist im südlichen Rußland heimisch
und sitzt klumpenweise an
Steinenoder anMuscheln
[* 2] mittels des
Byssus (s. d.) befestigt. Im ersten
Viertel
unsers
Jahrhunderts gelangte sie auf den künstlichen und natürlichen Wasserwegen aus ihrer
Heimat in etwas mehr als einem
Jahrzehnt nach den
Ostseeprovinzen und deren
Haffen und von da bis zur
Havel, wo sie sich seit 1825 massenhaft
findet.
(Dreissena
polymorpha Pall). Während bei den Muscheltieren im allgemeinen die Entwickelung durch frei
schwärmende, mit einem als Schwimmorgan dienenden bewimperten Lappen (Segel, Velum) versehene Larven erfolgt,
entwickeln sich die Jungen der Süßwassermuscheln innerhalb der Kiemen der Mutter so weit, daß sie beim Verlassen der letztern
bereits die Gestalt der ausgebildeten Tiere haben oder sich doch auf so hoher Entwickelungsstufe befinden, daß sie mit den
frei schwärmenden Larven von Seemuscheln nicht zu vergleichen sind. Es lag die Vermutung nahe, daß bei
der Wandermuschel, welche vor verhältnismäßig kurzer Zeit aus dem pontischen Gebiet in unsre Flußläufe und Seen vorgedrungen ist,
der Verlauf der Entwickelung ein andrer sein werde als bei den übrigen Süßwassermuscheln, und dies hat Korschelt in der
That feststellen können.
Die Wandermuschel besitzt als nahe Verwandte der Miesmuschel mehr den Charakter einer marinen Form. Wenn sie aber auch nach allgemeiner
Annahme ursprünglich eine Seemuschel gewesen ist, so verträgt sie doch jetzt kein salzreiches Wasser mehr und lebt z. B.
im KaspischenMeer nur in der stark versüßten Mündung der Wolga und in der Ostsee innerhalb der Haffe.
Bei Beobachtung der Entwickelung der Wandermuschel zeigte sich nun, daß im Verlauf derselben eine frei schwärmende, mit Segel versehene
Larve auftritt, welche mit den Larven mariner Muscheln vollkommen übereinstimmt.
Damit ist zum erstenmal das Vorkommen solcher Larven im Süßwasser festgestellt worden, da auch unter
den Ringelwürmern, wo diese Larvenform gleichfalls vorkommt, die im Süßwasser oder auf dem Lande lebenden Arten dieses Stadium
nicht im frei schwimmenden Zustand, sondern innerhalb der Kokons und nur unvollständig durchlaufen. Die Larven der Wandermuschel sind
sehr klein und werden von manchen Infusorien an Größe übertroffen; sie machen den Eindruck eines Wimperinfusoriums
oder eines Rädertierchens, wenn sich das Segel in stark rädernder Bewegung befindet.
Sie schwärmen etwa 8 Tage an der Oberfläche des Wassers, wo sie sich von frei schwimmenden Algen
[* 11] zu ernähren scheinen, und
steigen dann auf den Grund herab. Inzwischen hat sich der Fuß gebildet, dessen Entwickelung fortschreitet,
während das Schwimmorgan zurückgebildet wird. Auch der Mantel entwickelt sich kräftiger, es werden die Kiemen angelegt,
der Fuß erreicht eine beträchtliche Länge, und die Muschel kriecht mit seiner Hilfe lebhaft umher. Dann aber bleibt er im
Wachstum zurück, während der Körper der Muschel an Umfang zunimmt; so erhält der Fuß endlich die stummelförmige
Gestalt, die er am ausgebildeten Tiere besitzt. Schließlich setzt sich die Muschel fest. Die leichte Beweglichkeit der Wandermuschellarven
hat jedenfalls zur raschen Verbreitung des Tieres wesentlich beigetragen. In der langen Periode des Schwärmens können die
Larven durch die Strömung der Flüsse weit fortgetrieben werden. Das Vordringen der Muschel stromaufwärts
ist durch das Festsetzen derselben an Schiffe oder durch den Transport mit Bauholz etc. bedingt.