Titel
Wân
oder Vân.
1)
Türk. Wilajet im südöstl.
Armenien, gewöhnlich zu Kurdistan gerechnet, bestehend aus den Sandschaks Wân
und Hakkiari,
hat ein
Areal von etwa 47700 qkm und zählt etwa 430000 E., darunter 79998 armenische, 98002 andere
Christen, sonst Kurden
und einige
Türken in den
Städten. Es ist durchaus gebirgig und umschließt den Wansee
(s.d.). –
2) Hauptort des Wilajets Wân, am Ufer des Wansees
, Sitz des
Generalgouverneurs des nördl. Kurdistans, mit etwa 30000 E., zerfällt
in die ummauerte türk. Stadt mit der Citadelle und die armenische sog.
Gartenstadt mit herrlichen Gärten, hat vier Moscheen, schöne
Bazars, verwahrlostes Militärhospital;
Weberei
[* 2]
(Ziegen-
und Kamelhaar), Herstellung von groben Kalikos und feinen
Silberarbeiten, Obstbau und
Landwirtschaft. Innerhalb der
Mauern der
Citadelle finden sich großartige Felsenbauten («Felsschloß der Semiramis»),
hineingehauen in den Kalkstein mit polierten
Wänden, aus denen sich vorzüglich erhaltene
Keilinschriften befinden. Der Sage
nach ist Wân
von Semiramis (daher auch Schamira makert = Semiramisstadt bei den Armeniern genannt),
nach den
Inschriften aber sind Stadt und Befestigungen etwa von der Mitte des 9. bis zur Mitte des 8. Jahrh.
v. Chr. Gebaut. Für die
Bewässerung ihrer Gärten diente der sog. Schamiramsul = Semiramiskanal, ein noch heute
erhaltener und in Gebrauch befindlicher Felsenaquädukt von 75 km Länge.
Ruinen finden sich auf der ganzen Ebene rings um den See. Die Stadt soll vom pers. König Schapur II. in der Mitte des 4. Jahrh. n.Chr. zerstört worden sein, erscheint aber später, bis 1021, als Residenz einer armenischen Dynastie im Lande Vaspuragan. Sie kam 1021 unter die Herrschaft der Byzantiner, 1081 unter die der Seldschuken und Turkomanen, gehörte Ende des 12. Jahrh. zum Reiche Khilât (Achlath), im 13. und 14. Jahrh. zu Kurdistan, wurde 1387 und 1394 von Timur, 1425 vom Turkomanen Iskander erobert und 1533 und 1548 von den Türken durch Kapitulation den Persern entrissen, welche sie 1636 auf kurze Zeit wieder eroberten.