Waltharĭus,
genauer Waltharius
manu fortis, eine lat.
Dichtung, die etwa 930 in Hexametern als
metrische Schulübung von dem St.
Galler Mönche Eckehart Ⅰ. (s. d.; gest. 973)
gedichtet und später von einem Mönche desselben
Klosters, Eckehart Ⅳ. (gest. um 1060), zum
Teil überarbeitet wurde. Die
Dichtung, die im letzten
Grunde sicher auf deutsche allitterierende Lieder zurückgeht, gehört dadurch trotz christl.
und gelehrter Einschiebsel zu den wichtigsten
Quellen für die
Kunde der alten deutschen
Heldensage.
Sie berichtet, wie ihr
Held, der vergeiselte Königsohn
Walther von
Aquitanien, bei
Attila weilt, wie er mit Hildegunde, der
Tochter König
Heinrichs von
Burgund flieht, und wie er auf dem Wasgenstein
(d.
i. den
Vogesen) gegen den habgierigen König
Gunther und seine Recken siegreich kämpft. Dem Dichter, der
Virgil besonders plündert, glückt der einheitliche
Aufbau des
Ganzen und der wilde volksmäßige
Humor der Einzelkämpfe wunderbar gut. Der Waltharius
wurde herausgegeben von Peiper (Berl.
1873), mit
Übersetzung von Scheffel und
Hölder (Stuttg. 1874), übersetzt von P. von Winterfeld (Innsbr.
1897). Von einem angelsächsisch allitterierenden und einem strophischen mittelhochdeutschen Walthergedicht
des 13. Jahrh. sind nur Bruchstücke da. In der
Thidrekssaga, die aus niederdeutschen
Quellen schöpft, und, wie es scheint,
in dem mittelhochdeutschen und bruchstückweise erhaltenen Gedicht von
Walther aus dem 13. Jahrh. mußte
Walther seinen Raub
gegen die verfolgenden Hunnen, unter ihnen
Hagen,
[* 2] verteidigen.
Auswüchse der
Walthersage zeigt die poln.
Version von Walczerz wdały, die neben alten Zügen ganz junge Motive enthält. –
Vgl. Müllenhoff (in der «Zeitschrift für deutsches Altertum», Bd. 12, S. 264);
Heinzel, Über die Walthersage (Wien [* 3] 1888);
Knoop, Die deutsche Walthersage und die poln. Sage von Walther und Helgunde (Pos. 1887).