Titel
Waitz
,
1)
Georg, berühmter Geschichtsforscher, geb. zu
Flensburg,
[* 2] studierte in
Kiel
[* 3] und
Berlin
[* 4] die
Rechte und
Geschichte, ging hierauf als Mitarbeiter an den
»Monumenta Germaniae historica« nach
Hannover
[* 5] und besuchte für diesen
Zweck
die
Bibliotheken und
Archive von
Kopenhagen,
[* 6]
Lyon,
[* 7]
Montpellier,
[* 8]
Paris,
[* 9]
Luxemburg,
[* 10]
Trier,
[* 11]
Koblenz,
[* 12]
Sachsen
[* 13] und
Thüringen.
Die wichtigsten seiner damaligen
Arbeiten für das genannte Werk sind die
Ausgaben des
Widukind, des Marianus
Scotus, des Eccehardus
Uraugiensis, des Annalista
Saxo, der
»Gesta Trevirorum«, der Bischofsgeschichten von
Metz,
[* 14]
Toul
[* 15] und
Verdun
[* 16] sowie der französischen
Autoren
Adémar und
Hugo von
Fleury. 1842 zum
Professor in
Kiel ernannt, trat Waitz
1846 als
Abgeordneter dieser
Universität in die holsteinischen Provinzialstände.
Bei der Märzbewegung 1848 war er einige Zeit bei der provisorischen Regierung in Rendsburg [* 17] thätig und wurde dann Mitglied der Frankfurter Nationalversammlung, wo er zur Partei des Kasinos, dann zu der des Weidenbusches gehörte. Nachdem er mit Gagern etc. ausgeschieden war, kam er im Sommer 1849 als Professor nach Göttingen, [* 18] wo er durch eifrige Lehrthätigkeit eine Schule jüngerer Historiker begründete, welche sich namentlich die kritische Durchforschung des deutschen Mittelalters zur Aufgabe machte. Nach der Reorganisation der »Monumenta« trat er 1875 an die Spitze dieses Unternehmens und siedelte zu diesem Zweck nach Berlin über, wo er als Mitglied der Akademie auch Vorlesungen an der Universität hielt und starb. Von seinen durch Zuverlässigkeit und Scharfsinn der ¶
mehr
Forschung besonders ausgezeichneten Werken sind hervorzuheben: »Deutsche [* 20] Verfassungsgeschichte« (Bd. 1-8, Kiel 1843-78; Bd. 1-3, 3. Aufl. 1879-83; Bd. 4, 2. Aufl. 1884);
»Schleswig-Holsteins Geschichte« (Götting. 1851-54, 2 Bde.);
»Über das Leben und die Lehre [* 21] des Ulfila« (Hannov. 1840);
»Das alte Recht der salischen Franken« (Kiel 1846);
»Lübeck [* 22] unter Jürgen Wullenweber« (Berl. 1855-1856, 3 Bde.);
»Deutsche Kaiser von Karl d. Gr. bis Maximilian« (das. 1862);
»Grundzüge der Politik« (Kiel 1862);
»Jahrbücher des Deutschen Reichs unter Heinrich I.« (Berl. 1837, 3. Aufl., Leipz. 1885);
»Das Recht des Herzogs Friedrich von Schleswig-Holstein« [* 23] (Götting. 1863);
»Über die angeblichen Erbansprüche des königlich preußischen Hauses an die Herzogtümer Schleswig-Holstein« (das. 1864);
»Kurze schleswig-holsteinische Landesgeschichte« (Kiel 1864);
»Über eine sächsische Kaiserchronik und ihre Ableitungen« (Götting. 1863);
»Zum Gedächtnis an Jakob Grimm« (das. 1863);
»Urkunden zur deutschen Verfassungsgeschichte im 11. und 12. Jahrhundert« (Kiel 1871, 2. Aufl. 1886).
An der Herausgabe der seit 1860 bestehenden »Forschungen zur deutschen Geschichte«
hat Waitz
hervorragenden Anteil; sie enthalten eine Reihe kleinerer Arbeiten von ihm. Auch besorgte er eine Neubearbeitung (3.-5.
Aufl.) von Dahlmanns »Quellenkunde zur deutschen Geschichte« und veröffentlichte
die Briefe von Karoline Schelling, geborne Michaelis (»Karoline«, Leipz. 1871, 2 Bde.)
und »Karoline und ihre Freunde« (das. 1882).
Vgl. Steindorff, Bibliographische Übersicht über Georg Waitz'
Werke
(Götting. 1886);
Kluckhohn, Zur Erinnerung an G. Waitz
(Hamb. 1887).
2) Theodor, Psycholog und Anthropolog, geb. zu Gotha,
[* 24] studierte in Leipzig
[* 25] und Jena
[* 26] Philologie, Mathematik und Philosophie,
habilitierte sich 1844 als Dozent zu Marburg,
[* 27] ward hier 1848 außerordentlicher Professor der Philosophie; starb daselbst Waitz
ist
von der Herbartschen Schule ausgegangen und hat sich allmählich dem Empirismus genähert, als dessen reifste Frucht sein umfassendes
Werk über die »Anthropologie der Naturvölker« (Leipz. 1859-64, 4 Bde.;
Bd. 5 und 6 von Gerland, 1870-71; 2. Aufl. von demselben, Bd.
1, 1876) erscheint. Außerdem schrieb er: »Grundlegung der Psychologie« (Hamb. 1846, 2. Ausg. 1878),
»Lehrbuch der Psychologie als Naturwissenschaft« (Braunschw. 1849),
»Allgemeine Pädagogik« (das. 1852; 3. Aufl. von Willmann, 1882) und gab eine kritische Ausgabe des »Organon« von Aristoteles (Leipz. 1844, 2 Bde.) heraus.