Herm., Geograph und
Statistiker, Sohn des Physiologen
RudolfWagner und
Bruder des Nationalökonomen
AdolfWagner, geb. zu
Erlangen,
[* 3] studierte in
Erlangen und Göttingen
[* 4] Mathematik und Naturwissenschaften. Seit 1864 am Gymnasium zu Gotha
[* 5] beschäftigt,
nahm er Anteil an den
Arbeiten des Geographischen
Instituts von Justus Perthes; insbesondere übernahm
er 1868‒76 die Redaktion des statist. Jahrbuchs im «Gothaer
Almanach» und begründete 1872 mit E.
Behm eine kritische Übersicht
über areal- und bevölkerungsstatist.
Daten u. d. T.: «Die
Bevölkerung
[* 6] der Erde» (Ⅰ-Ⅸ, Ergänzungshefte zu «Petermanns Mitteilungen»).
Wagner wurde 1876 Professor der Geographie in Königsberg
[* 7] und 1880 in Göttingen. W.s «Wandkarte
von
Deutschland»
[* 8] (1879) erschien 1892 in 5.
Auflage; seit 1879 redigiert er das «Geographische Jahrbuch»
(Gotha),
worin er über die
Entwicklung der Methodik der Geographie berichtet, und gab Guthes «Lehrbuch
der Geographie» (5. Aufl., 2 Bde.,
Hannov. 1882‒83) in neuer Bearbeitung heraus; daraus ging ein eigenes «Lehrbuch
der Geographie» (2 Bde., ebd. 1894‒95)
hervor. Als Ersatz der Sydowschen
Atlanten erschien sein «Methodischer Schulatlas» (7. Aufl.,
Gotha 1896).
Johanna, Sängerin und Schauspielerin, Nichte Richard W.s, geb. bei
Hannover
[* 9] als Tochter des
RegisseursAlbertWagner (geb. 1799, gest. 1874), trat schon 1833 in
Würzburg
[* 10]
auf und wurde nach einem Engagement am Hoftheater zu
Bernburg
[* 11] 1844 als Sängerin an der Hofbühne
zu
Dresden
[* 12] angestellt, wo die Schröder-Devrient eingreifenden Einfluß auf ihre
Entwicklung ausübte. 1846 ging sie nach
Paris,
[* 13] um bei Garcia Gesangsunterricht zu nehmen, wurde 1849 Mitglied des
HamburgerTheaters, 1850 des Hoftheaters in
Berlin,
[* 14] wo sie 1853 zur
Kammersängerin ernannt wurde. Neben den
OpernGlucks und Richard W.s waren es hauptsächlich die
Meyerbeers,
in denen sie
Ausgezeichnetes leistete. Nach ihrer Verheiratung mit dem preuß.
Landrat Jachmann (1859) verließ sie 1862 die
Opernbühne, wurde Mitglied des königl. Schauspielhauses und 1872 pensioniert. Sie starb in
Würzburg.
Joh. Martin von, Bildbauer, geb. in
Würzburg als Sohn des dortigen Hofbildbauers
JohannPeterAlexanderWagner (geb. 1730, gest. 1809 zu
Würzburg), gewann 1802 an der
WienerAkademie den ersten Preis im histor. Zeichnen und 1804 für die
Komposition Odysseus den Polyphem berauschend, den ersten
Preis derWeimarer Kunstfreunde. Nach einem kurzen Aufenthalt in
Paris lebte er von 1804 an in
Rom.
[* 15] In diese
Zeit fallen seine Gemälde:
Rat der griech.
Helden vor
Troja
[* 16] (Depot der
NeuenPinakothek in
München)
[* 17] und Orpheus
[* 18] in der
Unterwelt;
auch setzte er seine plastischen
Studien fort. 1810 von dem Kronprinzen
Ludwig von
Bayern
[* 19] mit dem Ankauf
von
Antiken beauftragt, erwarb er 1812 die berühmten äginetischen
Skulpturen für
München. (Vgl.L.Urlichs, Die
GlyptothekLudwigs Ⅰ. nach ihrer Geschichte und ihrem
Bestande,
Münch. 1867.) Der
Entwurf eines Frieses nach
Schillers «Eleusinischem
Feste» bewog 1821 den Kronprinzen
Ludwig, bei Wagner den
Kentauren- und Lapithenkampf als Relief für die
Münchener
Reitschule komponieren zu lassen. Es folgte 1822 die
Bestellung des 92 m langen Frieses für das
Innere der
Walhalla (enthaltend
Motive aus der deutschen
Vorgeschichte), welcher erst 1839 vollständig aufgesetzt
war. Später entstanden plastische
Entwürfe
zur Ausschmückung des Siegesthors in
München, darunter die 5 m hohe
Bavaria auf einer mit vier Löwen
[* 20] bespannten Quadriga;
[* 21] ferner für das Giebelfeld der
Glyptothek eine Marmorgruppe: Minerva als Beschützerin der plastischen
Künste (von
Schwanthaler ausgeführt). Wagner starb in
Rom. –
Vgl.
Urlichs, Jobann Martin von Wagner (Würzb. 1866).
Jos., Schauspieler, geb. zuWien,
[* 22] war anfangs Schriftsetzer, wandte sich jedoch 1835 dem
Theater
[* 23] zu und erhielt ein Engagement an den damals vereinigten
Theatern in der Josephstadt und zu
Baden.
[* 24] Nach anderthalb Jahren
begab sich Wagner nach
Prag,
[* 25] von da nach
Preßburg
[* 26] und
Pest. Marr zog ihn an das Stadttheater nach
Leipzig,
[* 27] wo er
seit April 1845 wirkte und seinen Ruf begründete. Nach erfolgreichen
Gastspielen in
Hamburg,
[* 28]
Weimar,
[* 29]
Wien
(Hofburg) und
Berlin
(Hoftheater) folgte Wagner 1848 einem Rufe an letztere
Bühne, heiratete 1849
BerthaUnzelmann (s. d.) und ging 1850 nach
Wien ans
Burgtheater. Er starb zu
Wien. Wagner war einer der vorzüglichsten Heldenliebhaber; moderne Rollen
[* 30] gelangen ihm weniger.
Anden von Panama
[* 35] bis
Ecuador.
[* 36] Er wurde darauf Honorarprofessor für Geographie und Ethnologie an der
UniversitätMünchen und
beschäftigte sich hauptsächlich mit
Tiergeographie und
Studien im
Sinne der DarwinschenTheorie. Er starb zu
München durch Selbstmord. Von ihm sind außer zahlreichen kleinern
Arbeiten in «Petermanns Mitteilungen», der
Berliner
[* 37] «Zeitschrift
für allgemeine Erdkunde»
[* 38] und den
Schriften der königl.
BayrischenAkademie zu
München namentlich folgende Werke hervorzuheben:
«Reisen in der Regentschaft
Algier in den J. 1836, 1837 und 1838» (3 Bde.,
Lpz. 1841),
«Naturwissenschaftliche
Reisen im tropischen
Amerika»
[* 39] (Stuttg.
1870). Seitdem beschäftigte sich Wagner fast ausschließlich mit Beiträgen zur Darwinschen Entwicklungslehre. Er
publizierte «Die Darwinsche
Theorie und das Migrationsgesetz der Organismen» (Lpz. 1868),
«Über den Einfluß der geogr. Isolierung
und Kolonienbildung auf die morpholog.
Veränderungen der Organismen»
(Münch. 1871). –
Vgl. K. von Scherzer,
Moritz ein
deutsches Forscherleben (in der Beilage zur
«Allgemeinen Zeitung», 1888, Nr. 6‒8).
Otto,
Architekt, geb. in
Wien, besuchte das Polytechnikum und die
Akademie daselbst und die
BerlinerBauakademie. Bei der Konkurrenz für den
Wiener Generalregulierungsplan (18514) erhielt er den ersten Preis. Von der
Wiener
Künstlergenossenschaft wurde er einstimmig als
¶
mehr
Beirat in die Verkehrskommission gesandt und mit der ästhetischen Durchbildung der Verkehrsanlagen (Stadtbahn u. s. w.) betraut.
Auch die Donauregulierungskommission hat ihn als künstlerischen Beirat berufen. Seine hervorragendsten Bauten sind, neben
einer großen Zahl von Privatbauten, die neue Synagoge in Budapest
[* 41] (1872), der Palast der Länderbank, die in Ausführung begriffenen
Hochbauten der Verkehrsanlagen und die künstlerische Durchbildung des Nadelwehrs in Nußdorf. Wagner ist
k. k. Oberbaurat, seit 1894 Professor an der k. k. Akademie der bildenden Künste, Mitglied der Kunstkommission des k. k. Unterrichtsministeriums,
Ehrenmitglied des Royal Institute of British Architects. Von ihm erschienen: «Einige Skizzen, Projekte und ausgeführte Bauten»
(Bd. 1‒2, Tl. 1, Wien 1891‒96),
Paul, Agrikulturchemiker, geb. zu Liebenau in Hannover, studierte in ErlangenPharmacie und widmete
sich dann der Agrikulturchemie, wurde Unterrichtsassistent am Agrikulturchemischen Laboratorium
[* 42] in Göttingen, 1872 Vorstand
der landwirtschaftlichen Versuchsstation in Darmstadt
[* 43] und 1881 Professor daselbst. W.s Hauptthätigteit ist auf die weitere
Ausbildung der Düngerlehre gerichtet. Er schrieb: «Lehrbuch der Düngerfabrikation und Anleitung zur chem.
Untersuchung der Handelsdünger» (Braunschw. 1877),
Richard, Komponist und Dichter, geb. in Leipzig als Sohn eines Polizeiaktuars,
verlebte nach dem frühen Tode des Vaters seine Jugendzeit in Dresden und studierte dann in LeipzigPhilosophie, beim Thomaskantor
Weinlig Kontrapunkt. In dieser Zeit entstanden seine ersten Kompositionen: eine Klaviersonate (op. 1, B-dur, in vier Sätzen),
eine Polonaise (D-dur), eine (nicht gedruckte) Phantasie für Klavier (Fis-moll), ein Streichquartett, vier
Ouverturen (B-moll, D-moll, C-dur mit Schlußfuge, «Polonia») und die C-dur-Sinfonie (zuerst aufgeführt 1832 in Prag, dann
in der Leipziger «Euterpe», 1833 im Gewandhaus). 1833 wurde Wagner Chordirektor
am Theater in Würzburg, wo sein BruderAlbert, der Vater der Johanna Wagner (s. d.), Schauspieler und Sänger
war, 1834 Musikdirektor am Stadttheater in Magdeburg.
[* 44] Im Nov. 1836 verheiratete er sich in Königsberg, wo er kurze Zeit als
Musikdirektor am Stadttheater wirkte, mit der Schauspielerin Minna Planer (gest. in
Dresden). 1837‒39 war er Kapellmeister am Theater in Riga.
[* 45] 1839 ging er über London
[* 46] nach Paris, wo er drei
Jahre (bis 1842) in der größten materiellen Not verlebte, Arrangements und Klavierauszüge bearbeitete und für mehrere Zeitungen
schrieb. 1842 wurde Wagner Kapellmeister an der Hofoper zu Dresden, hatte hier zuerst große Erfolge mit «Rienzi» (1842),
schrieb «Das Liebesmahl der Apostel» (biblische
Scene für Männerstimmen und großes Orchester),
bearbeitete Glucks «Iphigenie in Aulis» und führte 1846 Beethovens Neunte
Sinfonie auf. Nachdem er sich am Maiaufstand von 1849 beteiligt hatte, mußte Wagner aus Dresden flüchten, verweilte kurze Zeit
in Weimar bei Liszt, dann in Paris und wohnte mehrere Jahre in Zürich.
[* 47] 1855 dirigierte er die Konzerte der Philharmonischen
Gesellschaft in London, besuchte 1858 Norditalien, 1860 Paris, wo 1861 der auf Befehl des Kaisers gegebene «Tannhäuser» ausgezischt
wurde, und Brüssel.
[* 48] 1860 amnestiert, kehrte er 1861 nach Deutschland zurück, lebte in Wien, Karlsruhe
[* 49] und andern Orten, im
Sommer 1862 in Biebrich
[* 50] a. Rh., 1863‒64 in Penzing bei Wien.
Im J. 1864 trat Wagner in nähere Beziehungen zu König Ludwig Ⅱ. von Bayern und hielt sich ein Jahr lang in München auf. Wie
früher Dresden, dann Weimar, so wurde jetzt München, wohin einer seiner fähigsten Anhänger, Hans von Bülow, zur Leitung des
nach W.s Vorschlägen reorganisierten Konservatoriums und als Hoftheaterkapellmeister berufen wurde, der Mittelpunkt für
die Aufführung seiner Werke. Seinen Wohnort hatte Wagner seit 1865 in Triebschen bei Luzern,
[* 51] bis er 1872 nach Bayreuth übersiedelte.
Hier war der Ort, an dem er für das ihm vorschwebende Kunstideal in der Wirklichkeit einen sichern Boden
zu gewinnen trachtete. Obwohl Wagner vielfach und heftig angefeindet wurde, namentlich von den Fachmusikern, so lenkte
doch jetzt der glücklich beendete Deutsch-FranzösischeKrieg von 1870 und 1871 die gehobene patriotische Stimmung ganz besonders
auf ihn, weil man in seiner Behandlung alter deutscher Sagen eine neue specifisch deutsche Kunst erblickte.
Für die Herstellung eines Bühnenfestspielhauses zur Vorführung ausschließlich deutscher Werke, zunächst von W.s «Ring
des Nibelungen», bildeten sich in verschiedenen Städten Wagner-Vereine. Bayreuth, in Deutschlands
[* 52] Mitte liegend, wurde als der
passendste Ort erwählt und im Mai 1872 die Grundsteinlegung des Theaters mit einer Festaufführung von Beethovens Neunter
Sinfonie (vgl. H. Porges, Die Aufführung von Beethovens Neunter Sinfonie unter Richard Wagner in Bayreuth, Lpz.
1872) gefeiert.
Die ersten Bayreuther Festspiele fanden im Aug. 1876 in Anwesenheit Kaiser Wilhelms Ⅰ., König Ludwigs Ⅱ. u. a. statt und
brachten den «Ring des Nibelungen»; später sind auch die meisten andern Musikdramen W.s, im Festspielhause aufgeführt
worden. W.s letztes Werk, das Bühnenweihfestspiel «Parsifal», soll auf
W.s ausdrücklichen Wunsch nur in Bayreuth aufgeführt werden. –
Vgl. J. E. Kloß, Zwanzig Jahre «Bayreuth» (Berl. 1896);
Die Vorbereitungen für die Wiederholungen des «Parsifal»
hatte Wagner noch geleitet; im Winter 1882‒83 nahm er seinen Aufenthalt in Italien.
[* 53] Ein plötzlich eingetretener Herzschlag endigte
sein Leben in Venedig;
[* 54] seine Leiche wurde feierlich nach Bayreuth überführt und 18. Febr. in dem von ihm selbst errichteten
Erbbegräbnis im Garten
[* 55] seiner Villa Wahnfried beigesetzt.
In zweiter Ehe hatte sich Wagner vermählt mit Cosima, einer Tochter Liszts und der Gräfin d’Agoult (s. d.).
In erster Ehe (1857‒69) war Cosima mit Hans von Bülow verheiratet gewesen; aus
¶
mehr
dieser Ehe stammten drei Töchter: Daniela (1886 verheiratet mit Henry Thode, Professor der Kunstgeschichte in Heidelberg),
[* 57] Blandine und Isolde. Richard W.s und Cosimas Kinder sind: Eva und Siegfried. Letzterer, geb. in Luzern,
hat sich seit 1893 als
tüchtiger Dirigent bekannt gemacht; hauptsächlich ist er neben seiner Mutter an der Regie der Bühnenfestspiele
thätig.
Richard Wagner ist unbestritten die bedeutendste Künstlererscheinung des 19. Jahrh.
Vielerlei innere und äußere Ursachen wirkten zusammen, um ihn schnell auf eine so hervorragende Stelle zu heben. Die deutsche
Oper war, mit Ausnahme weniger Werke von Karl Maria vonWeber (s. d.) und HeinrichMarschner (s. d.), fast
ganz verarmt und erschöpfte sich meist in erfolglosen Versuchen. Das Repertoire wurde fast ausschließlich beherrscht von
der sog. GroßenOper, hauptsächlich von Meyerbeer. In dieser hatte der Widersinn der Handlung, die theatralische Mache mit
allen ihren Unwahrheiten, die dem Dramatischen hohnsprachen (die Texte stammten meist von Scribe und seinen
litterar. Genossen), und die prunkende, raffinierte, stillose Musik ihren Höhepunkt erreicht, der kaum noch überboten werden
konnte.
Als Schriftsteller bekämpfte Wagner energisch und leidenschaftlich diese GroßeOper und verfocht mit Erfolg die Forderung der
dramat. Wahrheit, als Dichterkomponist schuf er eine Reihe von Werken, die ihn als eine selbständige,
nach sehr bestimmten Zielen strebende künstlerische Persönlichkeit bald in den Mittelpunkt des öffentlichen Interesses
rückten. Sein Verlangen großer und neuer, vor allem nationaler Stoffe, und einer dem Wesen der dramat. Musik entsprechenden
Behandlung des Textes mußte zünden. Er selbst suchte in seinen Texten entschieden zu reformieren, und es ist sein
Verdienst, psychologisch und dramatisch wertvolle Operndichtungen geboten zu haben.
Sein Vorgänger und Vorbild in dieser Hinsicht war namentlich Gluck (s. d.), dessen Grundsätze auch auf W.s Gestaltung des
Recitativs und der Deklamation bedeutend eingewirkt haben. W.s ganze Thätigkeit galt dem Theater, von dessen Bedeutung für
das nationale Leben er durchdrungen war, eine Anschauung, die ihn mitWeber verband. Seine dichterischen
Anlagen sind von manchen selbst über die musikalischen erhoben worden. Seine höchste Kunst zeigt Wagner im dramat.
Aufbau, in der meisterhaften Charakteristik durch Leitmotive, der unübertroffenen Deklamation und der musikalischen Situationsmalerei,
die sich im Recitativ und in einer mannigfaltigen glänzenden Instrumentation am freiesten entfalten kann.
(S. auch Deutsche Musik.)
[* 58]
Die Jugendwerke W.s, die Opern «Die Feen» (1833; nach Gozzis «Frau
als Schlange»)
[* 59] und «Das Liebesverbot» (nach Shakespeares«Maß für Maß»),
hatten keinen Erfolg. «Die Feen» wurden erst nach
seinem Tode veröffentlicht und sind seit 1888 mehreremal in München gegeben worden, ohne nachhaltiges
Interesse zu erregen; «Das Liebesverbot» erlebte 1836 eine Aufführung
in Magdeburg. Berühmt wurde W.s Name nach der ersten Aufführung seines «Rienzi» (1842 in Dresden), einer Oper, die musikalisch
noch nach den Vorbildern von Meyerbeer, Spontini, Auber und Halévy geschrieben ist, aber textlich schon deutlich den Wagner der
Zukunft verriet, namentlich im Aufbau.
Den musikalisch-dramat. Reformator zeigte dann zum erstenmal deutlich «Der fliegende Holländer» (1843 in
Dresden),
in dem die
leitmotivische Idee und die fortlaufende Deklamation den Arien und Ensembles gegenüber bereits den Vorrang einnehmen. «Tannhäuser
und der Sängerkrieg auf [der] Wartburg» (Dresd. 1845) und «Lohengrin» (Weim. 1850) steigerten die Erfolge
des Dichterkomponisten; seine «romantischen Opern» wurden Repertoirestücke aller größern Bühnen.
Eine neue Periode beginnt in W.s künstlerischem Schaffen mit «Tristan und Isolde» (vollendet 1859, zuerst aufgeführt 1865 in
München). In diesem Musikdrama sind seine Grundsätze, wie sie schon vom «Holländer» ab zu Tage treten, zuerst vollständig
durchgeführt. An die Stelle des künstlerischen Formalismus, in dem die Tonwerke der besten frühern
Meister aufgebaut sind, ist eine (in ihrer Art vollkommene) neue musikalische Behandlung getreten, die im wesentlichen
von dem Princip der «unendlichen Melodie» beherrscht wird.
Nach der musikalischen Seite steht das Orchester im Vordergrund: es ist bei ein Organ unendlich vielseitigen
Ausdrucks;
«Leitmotive», die unversieglichen Quellen thematischer Arbeit und sinfonischer Durchführung, kennzeichnen mit scharfen
Strichen die Gestalten des Dramas.
«Der Ring des Nibelungen» (begonnen gegen Ende der vierziger Jahre),
ein Bühnenfestspiel in drei
Tagen und einem Vorabend (Ⅰ. «Das Rheingold»; Ⅱ. «Die
Walküre»; Ⅲ. «Siegfried»; Ⅳ. «Götterdämmerung»; das ganze Werk zuerst aufgeführt im Aug. 1876 in Bayreuth) und «Parsifal»
(zuerst in Bayreuth).
Von größtem Einfluß ist W.s künstlerische Thätigkeit auf die musikalische Produktion der Gegenwart: er äußert sich
sowohl als direkte Nachahmung seines Stils und seiner Manier, wie als fruchtbare Anregung zur polyphonen
Orchesterbehandlung, zu gewissenhafter, korrekter Deklamation und zur kritischen Schätzung der Opernbücher auf ihren dramat.
Gehalt.
Außer den genannten Werken komponierte Wagner:. «Eine Faust-Ouverture», «Huldigungsmarsch für Ludwig Ⅱ., König von Bayern» (gedruckt
1871),
«Die beiden Grenadiere» für Baß oder Bariton mit Klavierbegleitung (1843).
Eine Reihe von Kompositionen, darunter eine Konzertouverture in C-dur, ist ungedruckt. Von W.s Schriften seien hervorgehoben:
«Die Kunst und die Revolution» (Lpz. 1849),
«Über das Dirigieren»
(ebd. 1869). Eine Gesamtausgabe von W.s Schriften und Operntexten erschien u. d. T. «Gesammelte
Schriften und Dichtungen» (10 Bde., Lpz.
1871‒83; 3. Aufl. 1897 fg.). Aus seinem Nachlaß erschienen: «Richard Wagner, Entwürfe, Gedanken, Fragmente» (Lpz. 1885) und
«Jesus von Nazareth. Ein dichterischer Entwurf aus dem J. 1848» (ebd. 1887);
beide zusammen mit der bisher
nur in den «BayreutherBlättern» veröffentlichten Operndichtung «Die
¶