Vulgāta
(lat.), die in der röm.-kath.
Kirche als authentisch geltende Bibelübersetzung. Dieselbe ist zu unterscheiden
von der ältesten lat. Bibelübersetzung (gewöhnlich
Itala [s. d.] genannt), die noch in bedeutenden
Bruchstücken erhalten ist. Hieronymus verbesserte die letztere, soweit sie das
Neue Testament umfaßte, um 383, fertigte
dann aber 385-405 eine neue lat.
Übersetzung des Alten
Testaments nach dem hebr. Grundtext. Allmählich kam diese Hieronymianische
Übersetzung in allgemeinen Gebrauch und wurde daher Vulgata
, d. h. die allgemein
gebrauchte, genannt. Ihr kirchliches Ansehen wurde von den
Reformatoren des 16. Jahrh. verworfen, weil
sie den
Sinn der Urschrift nicht immer gehörig ausdrücke und verschiedene
¶
mehr
Unrichtigkeiten enthalte. Das Tridentinische Konzil setzte fest, daß die Vulgata
auch künftig im kirchlichen Gebrauche
als die einzige beglaubigte Übersetzung gelten sollte; namentlich sollten alle Beweisstellen nur nach dieser Übersetzung
angeführt werden. Doch wurde den Gelehrten gestattet, daneben auch den Grundtext zu studieren. Der älteste Druck ist
vom J. 1462 (Mainz
[* 3] bei Fust und Schöffer). Papst Sixtus Vulgata
ließ 1588 eine neue angeblich authentische Ausgabe anfertigen,
die er danach als die für alle Zeiten unveränderliche Übersetzung veröffentlichte («Biblia sacra vulgatae
editionis», 3 Bde.,
Rom
[* 4] 1590). Der vielen Druckfehler wegen ließ aber Clemens VIII. (daher auch Clementina genannt)
sie durch eine verbesserte ersetzen («Biblia sacra vulgatae
editionis Sixti Vulgata jussu recognita atque edita», Rom 1592). Unter
demselben Titel veröffentlichte Clemens VIII. 1593 und 1598 zwei weitere Revisionen des Textes, deren letztere trotz der noch
immer in ihr enthaltenen Fehler jetzt als authentisch gilt.
Eine neue Ausgabe ist von Vercellone (Rom 1861). Die neueste Ausgabe: «Novum Testamentum vulgatae
editionis»,
veranstaltet M. Hetzenauer (Tl. 1, Innsbr. 1896). Eine neue Textausgabe: «Novum
Testamentum vulgatae
editionis juxta exemplar vaticanum. Editio emendatissima», erschien Turin
[* 5] 1889. Eine kritische Bearbeitung
der Vulgata.
Neuen Testaments nach den heutigen Grundsätzen der Wissenschaft haben der anglikan. Bischof von
Salisbury, J. ^[John, 1843–1911] Wordsworth, und der Professor White unternommen: «Novum
Testamentum domini nostri Jesu Christi latine secundum editionem sancti Hieronymi» (Oxf. 1889 fg.).
-
Vgl. Kaulen, Geschichte der Vulgata
(Mainz 1869);
ders., Handbuch zur Vulgata
(ebd. 1870);
Rönsch, Itala und Vulgata
(2. Aufl., Marb. 1875);
Berger, Histoire de la Vulgate pendant les premiers siècles du moyen age (Par. 1893);
Dobschütz, Studien
zur Textkritik der Vulgata
(Lpz. 1894).