Vuadens
,
deutsch Wüadingen (Kt. Freiburg,
Bez.
Greierz). 810 m. Gem. und Pfarrdorf auf einer das ganze untere Greierzerland überblickenden
Anhöhe zwischen der
Trême und der
Sionge, am N.-Fuss der
Alpettes und an der Strasse
Bulle-Châtel
Saint
Denis-Vevey; 3 km w.
Bulle. Station der elektrischen Bahn
Bulle-Châtel
Saint Denis. Postablage, Telegraph, Telephon. Zusammen
mit Aux
Briez,
Aux Riallet,
Les Combes,
Les Craux,
Margy,
Maupaz,
Moille du Moulin,
Moilletaz,
Sur la Ville und
Sur le Dally: 217
Häuser, 1193 kathol.
Ew.; Dorf: 46
Häuser, 237 Ew. Vuadens
ist mit Bezug auf Fläche und Einwohnerzahl die dritte Gemeinde
des Bezirkes.
Zugleich erscheint sie als eines der wohlhabendsten Gemeinwesen des Kantons überhaupt. Acker- und Wiesenbau, Viehzucht und
Milchwirtschaft. Zahlreiche Familien leben einzig aus dem Ertrag der Viehzucht und ziehen im Sommer mit Kind und
Kegel in die Alpweiden hinauf. Vuadens
hat die reichsten Alppächter des Kantons. 3 Käsereien. Jeden Sommer ziehen 30-40
Käser aus Vuadens
nach Savoyen, um dort ihre Kenntnisse zu verwerten. Diese periodische Auswanderung findet nun schon
seit langen Jahren statt und hat sich zu einer wirklichen lokalen Ueberlieferung ausgebildet.
Andre Erwerbsquellen sind Holzschlag, Holzhandel, Sägerei und Zimmerei. Zwei Mühlen. Strohflechterei als Hausindustrie. Drei Gasthöfe. 2 km w. vom Dorf befinden sich am Fuss der Alpettes die Bains des Collombettes, eine sehr gut besuchte Sommerfrische. Oestl. vom Dorf zieht sich von der Trême zur Sionge ein Moränenzug, der zusammen mit der in seiner Mitte sich erhebenden Anhöhe La Mottaz Spuren von alten Befestigungsarbeiten erkennen lässt und von einem 2 m breiten Graben begleitet ist.
Hier hat man Burgundergräben und Reste von eisernen Gegenständen, aber weder Mauern noch Ziegel aufgedeckt. Südl. der Mottaz sind auf der Höhe von Sur le Dally ein Hypokaust oder Heizkörper, Fragmente von Bodenplatten aus Zement und Stukk und nachrömische Gräber mit eisernen Waffen, einem Kessel und einem Glöckchen aus Bronze, eine Handmühle aus Kalkstein und Münzen Gordians III. (238-244 n. Chr.) zum Vorschein gekommen. Gegenüber des Dally und an der Sionge fand man im Weiler Aux Briez Reste von Mauern, Ziegeln, Backsteinen, Töpferwaren und Marmorplatten einer ¶
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römisehen Siedelung, sowie inmitten dieser Trümmerstätte mehrere Gräber aus späterer Zeit, die aber weder Waffen noch
Grabgegenstände enthielten. Urkundlich erscheint Vuadens
zum erstenmal im Jahr 516. Als burgundisches Krongut gehörte die
curtis Wadingum zu den von König Sigismund der Abtei Saint Maurice geschenkten Ländereien. In einer Urkunde von 1017,
durch welche König Rudolf dem Kloster diesen Besitz bestätigt, erscheint der Ort als potestas Vuadengis. 1775 erscheint
ein Ritter von Vuadens.
1291 ward Gérard de Vuippens, Archidiakon von Lincoln in England, später Bischof von Lausanne und endlich
Bischof von Basel,
auf 14 Jahre mit der Herrschaft Vuadens
belehnt, wofür er der Abtei Saint Maurice den Treueid
leisten musste.
Diese letztere trat 1317 die Herrschaft Vuadens
, deren Besitz ihr nicht mehr passte, im Tausch gegen die Herrschaft Auboranges
an Ludwig von Savoyen, Baron der Waadt,
unter der Bedingung ab, dass er sie nie veräussern werde. Andre Rechte auf Vuadens
waren
bis 1324 an das jenseits der Trême gelegene Kloster La Part Dieu übergegangen. In geistlicher Hinsicht
stand Vuadens
unter der Pfarrei Bulle, hatte aber schon 1308 eine Kapelle und einen Rektor in der Person eines der Chorherren
von Saint Maurice.
Das von seinem neuen Herrn der Herrschaft Corbières angegliederte Gebiet von Vuadens
kam 1450 zusammen
mit dieser als Lehen an den Grafen von Greierz. Am schloss Vuadens
mit Freiburg
ein Burgrecht, das 1501 erneuert ward. 1551 gaben
sich die Leute von Vuadens
ein Gemeindestatut. Als Gläubigerin des Grafen Michel von Greierz nahm die Republik Freiburg
1553 die Herrschaft
Corbières samt Vuadens
in Beschlag. So kam Vuadens zu Freiburg.
Die mit der Erhebung der Gemeinde zur eigenen Pfarrei 1602 erbaute
Kirche fiel 1866 einem Schadenfeuer zum Opfer und wurde durch die 1869 geweihte heutige Pfarrkirche ersetzt.
Das Schulhaus datiert aus dem Jahr 1883 und ist eine der schönsten Schulbauten im ganzen Kanton. Vorher
war die Schule seit etwa 40 Jahren in einem alten Haus der Grafen von Greierz einquartiert, das diese den Herren von Aigremont
geschenkt hatten, worauf es im 16. Jahrhundert von der Gemeinde Vuadens
käuflich erworben worden war. Seit dieser Zeit an
diente dieser an der Heerstrasse von Vevey nach Bern
gelegene Herrensitz der Reihe nach als Gasthof, landvögtlicher
Gerichtshof, Spital und Schulhaus.
Heute ist es unter die historischen Baudenkmäler eingereiht. Im 18. Jahrhundert besass Vuadens
eine Fayencefabrik, deren
Produkte sich einer gewissen Berühmtheit erfreuten. Es besteht in der Gemeinde ein Fonds zur Gründung eines Altersasyles
mit Waisen- und Armenhaus. Urkundliche Namensformen: 516 curtis Wadingum;
929 in curte Vuadingis;
1017 potestas Vuadengis;
1145-1159 Wadens;
1403 Vuadens
, welch letztere Form dann auf den Freiburger Karten seit dem 16. Jahrhundert ausschliesslich
zur Verwendung kommt.
Auf Boden der Gemeinde Vuadens
finden sich mächtige erratische Blöcke verschiedener Natur und Herkunft:
Vallorcinekonglomerat, Hornfluhbreccie, miozäne Nagelfluh und (bei Les Collombettes) Konglomerat von
L'Étivaz. Vuadens ist die Heimat des Diplomaten und Polyglotten Jean Pierre Tercier (geb. in Paris 1704, † 1767) und seines
Neffen, des in Philippeville 1752 gebornen Generales Tercier. Ferner sind von hervorragenden Bürgern des Ortes noch zu nennen:
der Mathematiker François Moret (1827-1899), Verfasser von grundlegenden Arbeiten über die Zusammensetzung
der Körper und
ihrer Moleküle;
der Chorherr und Theologieprofessor Wicky (1814-1883), ein talentvoller Mann und ausgezeichneter Kanzelredner;
der Dekan Chenaux (1822-1885), Botaniker und Folklorist.