dasjenige Verfahren, welches den gemeinen deutschen Strafprozeß bis zum Urteilsspruch bildete, im
heutigen Strafprozeß aber nur einen Abschnitt ausmacht, der überdies nur für schwerere Straffälle notwendig ist. Über die
Fälle, wann Voruntersuchung notwendig, wann zulässig ist, s. Untersuchungsrichter. Die Voruntersuchung unterscheidet sich von
dem Ermittelungsverfahren des deutschen und den Vorerhebungen des österr. Strafprozesses dadurch, daß in diesem der Staatsanwalt
selbst oder mit Hilfe der Polizeibehörden und Gerichte, in jener das Gericht die Sache so weit erforscht, um über Erhebung
der öffentlichen Klage eine Entscheidung zu treffen. Im Ermittelungsverfahren bleibt der Staatsanwalt, in der Voruntersuchung ist das Gericht
die selbständig entscheidende Stelle, in Österreich
[* 4] freilich mit der Maßgabe, daß durch den Rücktritt des Staatsanwalts
von der Anklage die Voruntersuchung ihr Ende erreicht.
Das Ermittelungsverfahren ersetzt die förmliche Voruntersuchung, wo diese weder notwendig noch,
wenn zulässig, beantragt ist, und geht in andern Fällen der Voruntersuchung aufklärend und vorbereitend voran,
denn diese kann erst eröffnet werden, wenn die Anschuldigung wegen einer bestimmten That gegen eine bestimmte Person als Thäter
oder Teilnehmer gerichtet ist. Der Angeschuldigte muß über die gegen ihn erhobene, ihm bekannt zu machende
Anschuldigung vernommen werden, damit er Zeit und Gelegenheit hat, seine Verteidigung zu führen. Im übrigen soll die
Voruntersuchung, die im wesentlichen schriftlich und geheim geführt wird, über ihren Zweck, die Entscheidung über Eröffnung des Hauptverfahrens
oder Einstellung des Verfahrens zu ermöglichen, nicht hinausgehen, der öffentlichen, mündlichen, auf
Unmittelbarkeit beruhenden Hauptverhandlung nicht vorgreifen.
Daher werden Zeugen nur ausnahmsweise in der Voruntersuchung beeidigt. Andererseits dient die Voruntersuchung auch
zur Vorbereitung der Hauptverhandlung. Beweise, deren Verlust für die Hauptverhandlung zu besorgen steht (z. B. Augenschein,
Vernehmung lebensgefährlich verletzter Zeugen) oder deren Aufnahme zur Vorbereitung der Verteidigung erforderlich erscheint,
sind in der Voruntersuchung zu erheben. Während die Vernehmung des Angeschuldigten und in der
Regel auch der Zeugen ohne Anwesenheit des Staatsanwalts und Verteidigers stattfindet, findet bei Einnahme des Augenscheins
(nach der Österr. Strafprozeßordnung auch bei Haussuchung und
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Durchsuchung von Papieren, nach der Deutschen bei Vernehmung solcher Zeugen und Sachverständigen, die voraussichtlich am
Erscheinen in der Hauptverhandlung behindert sein werden) eine Parteien-Öffentlichkeit derart statt, daß die Beteiligten
von den Terminen benachrichtigt werden und denselben beiwohnen dürfen.
Über den Antrag auf Eröffnung der Voruntersuchung entscheidet der Untersuchungsrichter; zur Ablehnung desselben bedarf
es indes eines Beschlusses des Gerichts (Strafkammer oder Ratskammer). Der Beschluß, durch welchen die Voruntersuchung eröffnet wird,
unterliegt der Regel nach keiner Anfechtung; der Beschluß, durch welchen die Eröffnung der Voruntersuchung abgelehnt wird, kann nach
der Deutschen Strafprozeßordnung mit sofortiger Beschwerde, nach der Österr. von dem Staatsanwalt und
Privatankläger mit einer binnen drei Tagen bei der Ratskammer (s. d.) anzubringenden, von dem Gerichtshof zweiter
Instanz zu entscheidenden Beschwerde angefochten werden.
Die Führung der Voruntersuchung liegt in der Regel dem Untersuchungsrichter ob (wegen der Ausnahme s. Untersuchungsrichter), der jedoch
befugt ist, auswärtige Amtsrichter (Bezirksgerichte) um Vornahme einzelner Untersuchungshandlungen zu ersuchen.
Er hat über alle Untersuchungshandlungen Protokolle aufzunehmen und zu denselben einen Gerichtsschreiber (beeideten Protokollführer)
zuzuziehen. Die Staatsanwaltschaft kann, ohne das Verfahren aufzuhalten, jederzeit Einsicht von den Akten nehmen und ihr geeignet
scheinende Anträge stellen. Nach Schluß der Voruntersuchung, von welchem der Angeschuldigte in Kenntnis zu setzen ist, werden die Akten
der Staatsanwaltschaft zur Stellung ihrer Anträge vorgelegt, welche auch auf Ergänzung der Voruntersuchung gerichtet sein können.
Vgl.
§§. 176 fg. der Deutschen, §§. 91 fg. der Österr.
Strafprozeßordnung. Das weitere s. unter Einstellung des Strafverfahrens
und Eröffnung des Hauptverfahrens.