Vorsteherdrüse
(Prostata), bei den männlichen Säugetieren eine den Anfang der Harnröhre und das Ende der Samenleiter umgebende Drüse, welche paar oder unpaar ist und in manchen Fällen einen bedeutenden Umfang erreicht. Beim Menschen (s. Tafel »Eingeweide II«, [* 1] Fig. 3) liegt sie im untern Teil des Beckens, hat die Gestalt einer Kastanie, ist rötlichbraun und läßt ihre Drüsenläppchen mittels etwa 30 sehr enger Öffnungen in die Harnröhre ausmünden. Der weißliche Saft (liquor prostaticus) fließt vor und bei Ergießung des Samens in die Harnröhre aus und mischt sich mit ihm. Zwischen den beiden Samenleitern befindet sich im Gewebe der Vorsteherdrüse eine Spalte, der sogen. männliche Uterus (uterus masculinus), welcher dem Ende der Eileiter des Weibes entspricht und aus den Resten des Müllerschen Ganges (s. Eileiter) hervorgeht. - Die Erkrankungen der Vorsteherdrüse sind in überaus zahlreichen Fällen von den benachbarten Schleimhäuten auf die Vorsteherdrüse fortgeleitet.
Als Begleiterscheinung oder Folgekrankheit des Trippers entstehen akute Entzündungen im Bindegewebe der Vorsteherdrüse (Prostatitis acuta), welche meist äußerst schmerzhaft sind, zumal bei Untersuchung mit dem Katheter oder bei Druck vom Mastdarm her; häufig ist die Seitenlage mit angezogenen Oberschenkeln die einzige für die Kranken erträgliche Haltung. Die Urinentleerung ist schmerzhaft, verzögert, es besteht Harn- und Stuhldrang. In schweren Fällen entstehen in der Vorsteherdrüse Abscesse, welche sich in die Harnröhre, in den Mastdarm oder durch die Haut des Dammes nach außen entleeren.
Ruhe, warme Sitzbäder, Narkotika bilden die Behandlung so lange, bis etwa chirurgische Eröffnung notwendig wird. Die chronische Prostatitis ist selten tuberkulös; sie entwickelt sich entweder aus der akuten oder im Anschluß an Gonorrhöe unter ähnlichen Symptomen. Der Ausfluß des Prostatasekrets (Prostatorrhöe), mit Eiter gemischt, bildet das wesentlichste Erkennungsmerkmal. Verwechselungen der Prostatorrhöe mit Spermatorrhöe sind überaus häufig, woraus bei vielen Patienten, welche ihre Behandlung aus populär-medizinischen Büchern schöpfen, tiefe psychische Verstimmungen mit Störung des Allgemeinbefindens hervorgehen.
Mikroskopisch ist die Unterscheidung leicht, da das Vorkommen großer wetzsteinförmiger Böttcherscher Kristalle nebst den geschichteten amyloiden Körperchen für das Sekret der Vorsteherdrüse charakteristisch sind. Die Behandlung mit Bougies, namentlich die Anwendung von Höllenstein auf diesem Weg, führen häufig Heilung herbei. In andern Fällen entwickelt sich später, gegen das 60. Lebensjahr hin, nicht selten eine Prostatahypertrophie. Diese betrifft entweder die Seitenlappen allein oder diese und den mittlern Lappen und bewirkt starke Beschwerden im Harnlassen.
Der dritte Lappen legt sich häufig bei starkem Pressen vor die Harnröhrenmündung und verschließt diese; erst beim Nachlassen des Drängens entleert sich dann Urin in dünnem Strahl (Ischuria paradoxa). Diese derben Vergrößerungen gehen zuweilen unmerklich in den Krebs der Vorsteherdrüse über. Beide Krankheiten bringen die große Gefahr einer Blasenerweiterung, Harnzersetzung, Entzündung der Blase, der Harnleiter, des Nierenbeckens mit sich, worauf dann eine tödliche Nierenentzündung (eiterige Pyelonephritis) einzutreten pflegt. Durch galvanokaustische oder operative Entfernung gelingt es zuweilen, Besserung der Harnbeschwerden bei diesen in der Regel unheilbaren Leiden zu erzielen.