Volksvertr
etung
(Volksrepräsentation), die
Stellvertretung des gesamten
Volkes durch hierzu berufene Vertreter (Abgeordnete,
Deputierte,
Landstände,
Mandatare,
Repräsentanten,
Landtag,
Gesetzgebender Körper), durch welche die Regierten das
Recht der Mitwirkung ausüben, welches ihnen der
Regierung gegenüber in Ansehung wichtiger Regierungshandlungen, namentlich
bezüglich der
Gesetzgebung, zusteht. Die Volksvertr
etung der modernen Repräsentativverfassung
(Repräsentativsystem) in der konstitutionellen
Monarchie unterscheidet sich von dem ständischen
System, welches früher verbreitet war, dadurch, daß nach letzterm nur Vertreter
gewisser
Stände
(»Landstände«),
und zwar meistens nur mit beratender
Stimme, von der
Regierung zugezogen
wurden (landständisches
System), während die Volksvertr
etung im
Sinn und nach den Bestimmungen der neuern Verfassungsurkunden eine Vertretung
des
Volkes in seiner Gesamtheit bezweckt, so daß die Abgeordneten keineswegs
nur als Vertreter ihres
Standes oder ihres Wahlkreises
erscheinen, auch an
Instruktionen seitens ihrer
Wähler nicht gebunden sind (parlamentarisches, konstitutionelles
System).
Dasselbe gilt von der repräsentativen Demokratie (s. d.) im Gegensatz zur unmittelbaren (antiken) Demokratie, in welch letzterer das Volk selbst unmittelbar in der Volksversammlung die Regierungsgewalt ausübt. In den größern Staaten besteht dabei nach dem Vorgang Englands die Einteilung der in zwei repräsentative Körperschaften (Zweikammersystem, im Gegensatz zum Einkammersystem der Kleinstaaten), von denen nur die Zweite Kammer (Unterhaus, Abgeordnetenhaus, Volkskammer) lediglich aus Wahlen der Staatsbürger hervorgeht, während die Erste Kammer (Oberhaus, Herrenhaus, Pairskammer) auf Grund von Ernennungen seitens der Krone, auf Grund ständischer Wahlen und besonderer Notabilität oder vermöge erblichen Rechts (Standesherren) zusammengesetzt wird. So bildet die letztere ein konservatives Gegengewicht der Zweiten Kammer gegenüber, indem zugleich durch das Zweikammersystem dem Bedürfnis einer gründlichen und wiederholten Erörterung der politischen Fragen durch zwei verschiedene Körperschaften, der Wahrung begründeter ständischer Interessen Rechnung getragen und das Majoritätsprinzip, welches der Abstimmung in den Kammern selbst zu Grunde liegt, gemildert werden soll.
Die deutsche
Reichsverfassung hat das
Zweikammersystem trotz des
Dualismus von
Bundesrat und
Reichstag nicht angenommen, da die
Mitglieder des
Bundesrats lediglich Vertreter der verbündeten Staatsregierungen sind. Obgleich übrigens das ständische
System aufgegeben, ist doch die Bezeichnung
Stände
(Landstände) für die
Landtage geblieben, deren
Angehörige auch als
Landboten im
Gegensatz zu den
Reichsboten, d. h. den Mitgliedern des
Reichstags, bezeichnet werden. Die Art und
Weise, wie die
Wahlen zur Volksvertr
etung zu erfolgen haben, ist durch besondere Wahlgesetze bestimmt (s.
Wahl). Über die Volksvertr
etungen der einzelnen
Staaten vgl. die betreffenden
Artikel (z. B.
Frankreich,
Preußen
[* 2] etc.) und den
Artikel
»Reichstag«.