Volkstheater
,
ein Nebentheater in großen
Städten, das mehr für die
Sphäre der niedern
Stände
berechnet ist und deren
Begriffen angemessene
Stücke gibt. Seit der 1869 eingetretenen
Gewerbefreiheit haben die Volkstheater
eine schrankenlose
Erweiterung erfahren; sie haben zum Teil selbst das klassische
Repertoire mit
Glück in ihren Bereich gezogen, im allgemeinen
aber sich auf eine
Spezialität:
Operette oder
Posse, geworfen. Infolge einseitiger Bevorzugung der letztern
Gattung trat schnell ein allgemeiner
Verfall der Volkstheater
ein, und es machten sich dem gegenüber Bestrebungen geltend, welche das
Volkstheater
zu einer wirklichen Bildungsstätte für die unbemittelten
Klassen des
Volkes machen und das Volkstheater
der geschäftlichen Ausbeutung
von Theaterunternehmern entziehen wollen.
Diese Bestrebungen fanden eine lebhafte
Förderung durch die volksmäßig organisierten und von
Dilettanten unternommenen Lutherspiele
von
Herrig,
Devrient,
Henzen und Trümpelmann und durch lokale
Festspiele (der Meistertrunk in
Rothenburg
[* 2]
a. T.,
Hutten-Sickingen-Spiel
von
Bungert in
Kreuznach)
[* 3] sowie durch
Versuche, wirkliche Volkstheater
zu gründen, von denen bis jetzt (1889) zwei
ins
Leben getreten sind: das von
March in
Berlin
[* 4] erbaute
Volks- und Festtheater in
Worms
[* 5] und das im
September 1889 eröffnete in
Wien
[* 6] (geleitet von E. v.
Bukovics). Ein
»Verein zur Begründung deutscher Volksbühnen« besteht seit 1889 in
Berlin.
Vgl. Herrig, Luxustheater und Volksbühne (Berl. 1886);
Schoen, Ein städtisches Volkstheater
und Festhaus in
Worms
(Worms 1887).