Vögel
[* 2]
(Farben und Färbung). Die
Ansichten über die
Farbstoffe, denen das
Gefieder der Vögel
seine
Schönheit verdankt,
haben im
Laufe der Jahre nicht unwesentliche Modifikationen erfahren. Durch Sacc war die
Ansicht aufgestellt worden, daß Tierfarben
vorwiegend aus den Abfallstoffen des
Körpers entständen, und er hatte dies mit
Versuchen begründet, nach denen sowohl
bei mausernden
Eidechsen
[* 3] als bei
Schlangen
[* 4] u.
Vögeln die Abscheidung von
Harnsäure, unter deren Abkömmlingen sich schöne
Farbstoffe befinden, bedeutend zurückgehe. Allein dieser Rückgang erklärt sich auch schon durch die verminderte Nahrungsaufnahme
während der Mauserungszeit, wenigstens hat nicht wie bei den
Schmetterlingen (s. d., S. 835) in einem besondern
Falle die
Verwandtschaft mit Harnstofffarben nachgewiesen werden können.
Unter den Vogelfarben muß man zunächst, wie bei allen lebhaft gefärbten
Tieren, die optischen
Farben, denen kein entsprechendes
Pigment zu
Grunde liegt, von den durch
Farbstoffe erzeugten unterscheiden.
Krukenberg und neuerdings
Hacker haben sich mit dieser
Unterscheidung beschäftigt. Zu den optischen
Farben gehört in sehr vielen
Fällen das
Blau und
Grün der
Vögel.
Die blaue
Farbe wird wie das
Blau des menschlichen
Auges meist dadurch hervorgebracht, daß eine farblose, lufterfüllte
Zellen- und Rindenschicht sich über einen mit dunklem
Pigment erfüllten
Kern der Federmasse wie ein
Schirm herüberlegt, wobei
die Form der Schirmzellen mannigfache
Nüancen des
Blaues bedingt. Wenn sich in diesen Schirmzellen aber
ein durchsichtiger gelber oder rötlicher
Farbstoff befindet, so treten verschiedene
Nüancen von
Grün und
Violett auf, so daß
man (abgesehen von einzelnen Ausnahmen)
berechtigt ist, die blaue
Reihe
(Blau,
Grün und
Violett) unter die ganz oder halb optischen
Farben zu rechnen, denen ein gleich gefärbtes
Pigment meist nicht zu
Grunde liegt.
Dagegen ist die Reihe gelb, rot, braun, schwarz durch wirkliche Farbstoffe bedingt, die man mit Krukenberg ebenso wie die Haarfarbstoffe in lösliche oder im Fett gleichmäßig verteilte Fettfarbstoffe (Lipochrome) und dunklere Farbstoffe von körniger Beschaffenheit (Melanine) einteilt. Die letztern, welche direkt allen braunen und schwarzen, indirekt aber auch den grauen, blauen, grünen und violetten Färbungen zu Grunde liegen, treten bei der Entwickelung des Tieres zuerst auf, sofern sie schon bei den embryonalen Daunenkeimen sich finden und wesentlich die stammesgeschichtliche Grundlage der Streifung und Zeichnung bedingen.
Wenn diese Körnerpigmente in die äußern Zellen und Rindenschichten eintreten, so entstehen die braunen und sattschwarzen Färbungen, je mehr sie sich hingegen in die innern Schichten zurückziehen, die grauen und blauen sowie die durch Lipochrome veränderten oder bedingten grünen, gelben, roten oder violetten Färbungen. Bei den weißen Federn ist entweder gar kein Farbstoff oder doch nur eine Oberflächentrübung in der Schirmzellen- und Rindenschicht vorhanden, welche das zerstreute Licht [* 5] in ähnlicher Weise reflektiert wie der weiße Schaum des Heeres.
Auf das Eindringen der Fettfarbstoffe oder
Lipochrome in die
Federn haben gewisse
Praktiken, durch welche man Vögel
durch bestimmte
Beimischungen zur
Nahrung künstlich färbt, einiges
Licht geworfen. Die Eingebornen des Amazonenstromgebiets
füttern nach der
Beobachtung von
Wallace den gemeinen grünen
Papagei
(Chrysotis festiva L.) mit dem
Fette gewisser großer,
welsartiger
Fische,
[* 6] und die so behandelten
Tiere bekommen dann
Flecken von wundervoll roten und gelben
Federn. Im
Malaiischen
Archipel sah derselbe Beobachter, wie die Eingebornen von
Gilolo durch ein ähnliches
Verfahren aus dem
gewöhnlichen
Lori (Lorius garrulus) den sogen. Königslori
(Lori
Rajah) verfertigten, der somit ein
Kunstprodukt ist.
Auch bei unsern Kanarienvögel
züchtern war seit etwa 10
Jahren von
England aus ein
Verfahren in
Gebrauch gekommen, Kanarienvögel
schön orangerot zu färben, indem man
vor der
Mauserung dem
Futter junger Vögel
einen regelmäßigen Beisatz
von Cayennepfefferpulver hinzufügte. Die durch feuchte
Luft begünstigte, durch Sonnenlicht und
Kälte beeinträchtigte schöne
Färbung hält dann bis zur nächsten
Mauser an. Sauermann hat hierüber genaue Untersuchungen angestellt, bei denen er ursprünglich
von dem
Glauben ausgegangen war, daß es allein auf den
ca. 4 Proz. betragenden roten
Farbstoff des
Pfeffers
ankomme, der wahrscheinlich dem
Karotin der
Mohrrüben und
Tomaten identisch ist, und daß man ihn ohne
Schaden in größerer
Menge würde reichen können, wenn man vorher durch
Alkohol den scharfen Pfefferstoff
(Piperin), dessen
Menge 8-10 Proz. beträgt,
entfernt. Er hatte dann mehrjährige vergebliche
Versuche angestellt,
Kanarienvogel mit spanischem
Pfeffer,
der durch
Alkohol seines
Piperins und seiner
Fett- und
Extraktivstoffe
(ca. 27 Proz.) beraubt war, zu färben, und der reine
Farbstoff
gab keinen bessern Erfolg. Es schien daraus hervorzugehen, daß der durch
Alkohol entfernte Fettstoff, ein Trioleïn, demjenigen,
welches man durch
Alkohol aus
Olivenöl ausziehen kann, durchaus entsprechend, eine wesentliche
Rolle bei
der
Aufnahme und Verbreitung des
Farbstoffes bis in die
Federn spiele, und er
¶
mehr
begann daher neue Versuche mit dem gewöhnlichen Pfefferpulver u. zwar an weißen Italiener-Hühnern, bei denen auf der weißen Feder die Spuren der Gelbfärbung schon früher erkennbar werden mußten. In der That ließen sich bei einem jungen Huhn schon am zehnten Tage die ersten gelben Federn auf der Brust entdecken; nach einigen Tagen wurde der Spiegel [* 8] gelbrot, die Brust noch tiefer rot, und diese Teile hoben sich durch tiefere Färbung auch bei dem ausgewachsenen über und über gelbroten Tiere hervor.
Bei einem andern färbte sich nur die Brust rot, während das übrige Gefieder weiß blieb, bei noch andern nur die Füße, und alle diese Färbungen wurden in feuchter Luft lebhafter, so daß diese Tiere eine Art Psychrometer abgaben und nahenden Regen schon einige Stunden im voraus anzeigten. Bei alten Hühnern trat keine andre Veränderung ein, als daß sich das Eigelb nach einigen Tagen rot färbte und selbst durch 10 Minuten langes Kochen nicht mehr zum Gerinnen gebracht werden konnte, augenscheinlich infolge einer Vermehrung ihres flüssigen Fettstoffes durch das Trioleïn.
Dadurch wird nun auch der Nutzen des Fischfettes bei der von den Indianern geübten Umfärbung der Papageien verständlich, und Sauermann hat sich durch Versuche mit Anilinfarben überzeugt, daß diese, in Alkalien gelöst und unter das Futter gemengt, weder Eigelb noch Federn färbten, wohl aber wurden weiße Tauben [* 9] zart rot gefärbt, wenn ihnen in verdünntem Glycerin gelöstes Methyleosin gereicht ward. Auch das in Öl lösliche Alkannarot scheint so den Federn mitgeteilt werden zu können, während die ohne Fettzusatz unter das Futter gemengte Alkannawurzel nur die Knochen [* 10] rot färbt.
Aus diesen Untersuchungen wird nun deutlicher, weshalb die gelben und roten Fettfarbstoffe in der Färbung der Federn eine besondere Rolle spielen. Auch manche Naturfarben scheinen ein besonderes Futter vorauszusetzen, aus welchem der Vogelkörper die Farbe allein bereiten kann. So hat man seit langem bemerkt, daß die rote Brustfarbe der Dompfaffen 1 m Käfig nicht wiederkehrt, und dasselbe soll bei Hänflingen der Fall sein. Erfahrene Vogelzüchter versichern aber, daß, wenn man den Dompfaffen im Frühjahr junge Nadelholztriebe reiche, die rote Farbe ebenso lebhaft wie in der freien Natur sich wiederherstelle.
Übrigens darf nicht behauptet werden, daß sämtliche gelbe und rote Vogelfarben Fettfarben seien, es gibt darunter solche von sehr verschiedenartiger chemischer und wahrscheinlich auch von körniger Beschaffenheit. Aus den Schwanzfedern der roten Bananenfresser oder Turakus, die schon am lebenden Vogel abfärben, wenn man sie mit feuchten Fingern berührt, läßt sich beispielsweise mit Alkalien ein purpurroter Farbstoff (Turacin) ausziehen, dessen Asche beinahe 6 Proz. vorher fest gebundenen Kupfers enthält.
Mit der Grundfarbe der Federn hat der Glanz und das Farbenspiel der Federn nichts gemein; dies sind optische, durch besondere Oberflächenbeschaffenheit der Federn und durch die Beugung des [* 11] Lichtes an denselben hervorgebrachte Eigenschaften. So wird der Metallschimmer der Kolibrifedern durch Längsrillen und Längsstreifen auf den Fiedern zweiter Ordnung, die man mit dem Mikroskop [* 12] wahrnehmen kann, hervorgebracht, und ähnlich verhält es sich mit dem Farbenspiel der Taubenhalsfedern und entsprechenden Erscheinungen.