Vionville
(spr. wiongwíl), Dorf im Kanton
[* 2] Gorze, Landkreis Metz,
[* 3] des
Bezirks Lothringen, 19 km westlich von Metz,
unweit der franz. Grenze, hat (1890) 378 kath. E., kath.
Kirche und ist bekannt durch die
Schlacht von Vionville
-Mars-la-Tour, (s. Karte: Die Kämpfe
um Metz). Nach der
Schlacht bei Colombey-Nouilly (14. Aug.) glaubte man deutscherseits die
Franzosen im
Abzuge auf Châlons, vermutete
daher westlich von Metz nur noch
Trains oder die Nachhut der franz.
Armee fassen zu können. Deshalb ging die 6.
Kavalleriedivision
am 16. früh bei Pagny über die Mosel.
Ihre
Spitzen stießen südlich von
Flavigny auf sehr bedeutende
feindliche Kräfte, die bereits durch die schon bis auf die
Straße von Vionville
-Mars-la-Tour vorgerückte 5.
Kavalleriedivision
alarmiert worden waren. Die durch die deutschen Reitermassen vollständig überraschten
Franzosen suchten zunächst die südlich
von
Flavigny gegen Rezonville vorgehende preuß. Infanterie (52. Regiment)
durch
Kavallerie aufzuhalten, wobei eine Gardekavalleriebrigade zerschellte.
Ihr folgten das Korps Frossard und
Teile des Korps
Canrobert, mit welchem die 5. preuß. Infanteriedivision in ein heißes
Ringen geriet, das durch den
Eingriff der 6. Division gegen
Mittag dahin führte, daß Vionville
und
Flavigny genommen und die Nordspitze
des
Bois de Vionville
besetzt wurde. Zwischen beiden Divisionen fuhr die
Korpsartillerie des 3. Korps auf, der sich die
Batterien der
Infanterie und der 6.
Kavalleriedivision anschlossen. Die Infanterie des 3.
Armeekorps verblutete sich so sehr in der
Abwehr
gegen die
Vorstöße des Feindes, daß
General von
Alvensleben die Reserve nicht mehr zurückhielt, sondern
mit Ausnahme zweier schwacher
Bataillone alles aufgelöst in vorderster Linie kämpfen ließ.
Die Übermacht des Feindes gestattete ihm, den linken Flügel der
Preußen
[* 4] zu umfassen, so daß, als die
Vorhut des von Thiaucourt
und Pont-à-Mousson unter Voigts-Rhetz anrückenden 10.
Armeekorps Trouville und das Gehölz nördlich davon
um
Mittag erreichte, eine Verlängerung
[* 5] der deutschen Front nach St.
Marcel hin nicht mehr angängig war, das 10. Korps vielmehr
sich begnügen mußte, die
Straße Vionville
-Mars-la-Tour zu halten. Um der Infanterie Luft zu machen, ritten
Teile der 5. und 6. preuß.
Kavalleriedivision mehrfach gegen die feindlichen Linien an. Die
Brigade von
Bredow (5¾ Eskadrons des 7.
Kürassier-
und 10. Ulanenregiments) überritt in einer 3000 Schritt langen
Attacke, nördlich von der
Straße Vionville
Rezonville, feindliche
Infanterie, nahm vorübergehend 24
Geschütze
[* 6] und wurde erst von weit überlegener feindlicher
Kavallerie zurückgeschlagen.
Auf dem linken preuß. Flügel scheiterten die Versuche des 10. Armeekorps gegen die franz. Korps Leboeuf und Ladmirault, die sich mittlerweile über St. Marcel-Bouville bis gegen Ville-sur-Yron ausgedehnt hatten, Terrain zu gewinnen, gleichfalls an der feindlichen Übermacht. Als Ladmirault, in dem Bestreben den linken preuß. Flügel zu umfassen, gegen 5 Uhr [* 7] eine starke Kavalleriemasse bei Ville-sur-Yron zeigte, wurde diese mit Teilen der 5. preuß. Kavalleriedivision handgemein, mußte aber schließlich zurückgehen.
Die Schlacht stand so unentschieden bis in die späten Mittagstunden. Auf dem rechten deutschen Flügel flammte sie lebhafter auf und kostete blutige Opfer, als Spitzen des 9. preuß. Korps vom Bois des Ognons aus gegen das nördlich von demselben in Reserve stehende franz. Gardekorps (Bourbaki) vorbrachen. Bei Einbruch der Dämmerung entschloß sich Prinz Friedrich Karl dazu, auf der ganzen Schlachtlinie und zwar mit allen Waffen [* 8] avancieren zu lassen. Beim 10. Armeekorps gelaugte indes der Befehl zu spät zur Kenntnis des kommandierenden Generals.
Die große Artillerielinie des 3. Korps südlich von Flavigny ging aber staffelweise mit einigen Batterien bis dicht an die feindliche Stellung heran und feuerte mit Kartätschen. Eine weitere Durchführung der Maßregel unterblieb indes. Allein die 6. Kavalleriedivision, gegen Rezonville vorgehend, gelangte in den Feind und gab diesem Veranlassung zu glauben, die Angriffsbewegung werde weitern Fortgang haben. Bazaine überschätzte seinen Gegner und hielt sich in der Defensive.
Die preuß. Korps besaßen fast keine Munition mehr und waren am Ende ihrer Kräfte; dem Feind
aber standen noch starke und frische Reserven zur
Verfügung. Da für den 17. Aug. früh der Wiederbeginn der
Schlacht mit Sicherheit
erwartet wurde, zog man in der Nacht mit Anstrengung aller Kräfte Munitionskolonnen heran. Auch gelang
es, das 9.
Armeekorps vollständig auf dem rechten Flügel zu vereinigen. Der franz.
Angriff unterblieb jedoch. In der
Schlacht
bei Vionville
kämpften nach und nach im Laufe des
Tags 138000
Franzosen mit 476
Geschützen gegen 67000 Deutsche
[* 9] mit 222
Geschützen;
der
Verlust der
Preußen betrug 711 Offiziere, 9
Ärzte, 15079 Mann und 2736
Pferde,
[* 10] der der
Franzosen 879 Offiziere, 16128 Mann
(einschließlich 2000 Gefangener) und 1
Geschütz. Es sind dies die schwersten
Verluste während des ganzen
Krieges. (S.
Deutsch-Französischer Krieg von 1870
und 1871, I.) -
Vgl. Frhr. von der Goltz, Operationen der II. Armee (Berl. 1873);
W. von Scherff, Betrachtungen
über die
Schlacht von Vionville
, Bd. 2 der «Kriegslehren
in kriegsgeschichtlichen
Beispielen der Neuzeit» (ebd. 1894).