Vienne
(spr. wjenn, bei den Alten Vigenna), Fluß im westlichen Frankreich, entspringt im Departement Corrèze auf dem Plateau von Millevache unweit des Mont Odouze, durchfließt in westlicher und nördlicher Richtung die Departements Obervienne, Charente, Vienne und Indre-et-Loire und fällt dort nach einem Laufe von 372 km, wovon 75 km (von Châtellerault an) schiffbar sind, bei Candes zwischen Tours und Saumur links in die Loire. Sein wichtigster Nebenfluß ist rechts die Creuse.
Das Departement Vienne, aus dem größten Teil der frühern Landschaft Oberpoitou, dann Teilen der Touraine und des Berry gebildet, wird von den Departements Maine-et-Loire und Indre-et-Loire (nördlich), Indre und Obervienne (östlich), Charente (südlich) und Beide Sèvres (westlich) umschlossen und umfaßt 6970 qkm (125,33 QM.). Das Land ist im allgemeinen ziemlich fruchtbar und meist eben, nur im S. sind einige Hügelreihen. Bewässerung geben die Vienne und die Creuse (mit der Gartempe), die Dive du Nord, ein Zufluß des Thouet, dann die Charente, von denen die zwei erstern auf kurze Strecken schiffbar sind.
Das Klima ist mild und gesund, aber der im Frühjahr aus NW. wehende Galerne wirkt oft nachteilig auf die Vegetation. Die Bevölkerung belief sich 1886 auf 342,785 Einw. und ist verhältnismäßig spärlich und geistig noch sehr zurückgeblieben. Vom Gesamtareal kommen auf Äcker 451,606, Wiesen 40,695, Weinberge 43,197, Wälder 84,445, Heiden und Weiden 41,059 Hektar. Die wichtigsten Produkte sind: Getreide und zwar Weizen (über 2 Mill. hl) und Hafer (1¾ Mill. hl), weniger Gerste, Halbfrucht und Roggen, ferner Kartoffeln, Hülsenfrüchte, Hanf, Futterrüben, Wein (in guten Jahren 1 Mill. hl), Kastanien, Obst, Holz;
ferner Vieh (1886 zählte man 31,985 Pferde, 13,635 Esel, 108,636 Rinder, 380,650 Schafe, 28,765 Ziegen und 90,662 Schweine), Wild, Geflügel und Fische.
Das Mineralreich bietet außer Kalkstein nicht viel. Die Industrie, welche ohne wesentliche Bedeutung ist, umfaßt Hanfspinnerei, Fabrikation von Posamentierwaren, Maschinen, Messerschmiedewaren (zu Châtellerault), Leder, Papier, Kerzen etc. Zu Châtellerault besteht eine große staatliche Waffenfabrik. Der Handel ist ebenfalls
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unbedeutend und beschränkt sich auf die Landesprodukte. Die Eisenbahn von Tours nach Bordeaux mit ihren Abzweigungen von Poitiers nach Loudun, La Rochelle und Rochefort, nach Laurière, St.-Sulpice und Limoges durchschneidet das Departement. Dasselbe wird eingeteilt in die fünf Arrondissements: Châtellerault, Civray, Loudun, Montmorillon und Poitiers. Hauptstadt ist Poitiers.
Vgl. Longuemar, Études géologiques et agronomiques du départ. de la Vienne (Poitiers 1873, 2 Bde.);
Redet, Dictionnaire topographique du départ. de la Vienne (Par. 1881).
Das Departement Obervienne (Haute-Vienne), aus dem Oberlimousin und Teilen der Landschaften Marche, Oberpoitou und Berry gebildet, grenzt nördlich an das Departement Indre, östlich an Creuse, südöstlich an Corrèze, südwestlich an Dordogne, westlich an Charente und nordwestlich an Vienne und umfaßt 5517 qkm (100,55 QM.). Das Land besteht aus dem westlichsten Teil des granitischen Plateaus von Zentralfrankreich und hat eine mittlere Höhe von 500 m. Es wird von der obern Vienne, der Gartempe und zahlreichen kleinern Flüssen entwässert, ist aber vermöge der Natur des Bodens auch an stehenden Gewässern reich.
Infolgedessen sowie bei der Höhenlage ist das Klima feucht, kühl und veränderlich, die Humusschicht häufig zu dünn und darum die Fruchtbarkeit gering. Vom ganzen Areal kommen auf Äcker 253,828, Wiesen 134,334, Wälder 45,080, Heiden und Weiden 51,106 Hektar. Die Bevölkerung belief sich 1886 auf 363,182 Einw., welche hauptsächlich Landwirtschaft betreiben. Die wichtigsten Produkte derselben sind: Getreide, insbesondere Roggen, Weizen und Buchweizen, Kartoffeln (bis 2½ Mill. hl), Futterrüben (1 Mill. metr. Ztr.), Hanf (10,000 metr. Ztr.), Raps (330,000 kg Ölertrag), Kastanien (ein Nahrungsmittel für Tausende von Bewohnern, über 800,000 hl), Obst, insbesondere Nüsse.
Ausgedehnte natürliche Wiesen begünstigen die Viehzucht, namentlich werden schöne Pferde (Limousiner Rasse) und Rinder für den Markt von Paris gezogen; 1886 zählte man 192,783 Rinder, 645,275 Schafe, 128,470 Schweine, 20,173 Ziegen, doch nur 11,380 Pferde. Die Bienenzucht ist beträchtlich, auch Wildbret in Menge vorhanden. Das Mineralreich bietet Mühl- und Bausteine, besonders aber Kaolin (30 Brüche und 31 Unternehmungen zur Präparation des Kaolins), das die Fabrikation von Porzellanwaren (40 Fabriken mit 6321 Arbeitern und einem Produktionswert von 10 Mill. Frank), dann Porzellanmalerei, namentlich in Limoges, hervorgerufen hat. Im übrigen ist die Industrie (Wollspinnerei und -Weberei, Papierfabrikation, Holzschuhverfertigung) wie auch der Handel minder bedeutend. Die Eisenbahn von Orléans über Limoges nach Toulouse und Bordeaux mit den Zweiglinien nach Poitiers, Angoulême und Meymac durchschneidet das Departement. Dasselbe zerfällt in die vier Arrondissements: Bellac, Limoges, Rochechouart und St.-Yrieix. Hauptstadt ist Limoges.
Vgl. Barral, L'agriculture, les prairies et les irrigations de la Haute-Vienne (Par. 1884).