Damit grenzt der Bezirk Vevey: im NW. an den Bezirk
Lavaux, im N. an den
Freiburger Bezirk Veveyse,
im O. und SO.
an den Bezirk
Greierz(Freiburg)
und an die Waadtländer Bezirke
Pays d'Enhaut und Aigle,
im S. und SW. endlich an den
Genfersee.
Höchster Punkt
ist der Gipfel der
Rochers de Naye (2045 m), tiefster das Seeufer in 375 m. Dazwischen liegt als letzter Ausläufer der Waadtländer
undFreiburgerVoralpen ein welliges. Bergland mit allen klimatischen und floralen Abstufungen vom warmen
und geschützten Seeufer bei Vevey und
Montreux bis zu den allen Luftströmungen ausgesetzten höchsten Gipfeln.
Dem geologischen Bodenbau nach umfasst der Bezirk zwei stark verschiedene Gebiete:
1) ein StückMittelland (zwischen der Veveyse,
dem
Genfersee und der Kette der
Pléiades) mit roter (aquitanischer)
Molasse und Nagelfluh und 2) die
Präalpen hinter der tertiären Zone und zwischen
Montreux und
Villeneuve bis zum
See herabreichend.
Ein eigentlicher
Gletscher oder Firn fehlt dem Bezirk; doch ist in den
Höhlen an den
Rochers de Naye eine Art unterirdischen
Gletschers vorhanden, der Sommer wie Winter bestehen bleibt. Der weitaus grösste Teil des Bezirkes entwässert
sich durch die
Veraye, die
Baye de Montreux,
Baye de Clarens, Ognonnaz, Veveyse
und Sallenche zum
Genfersee.
umfasst folgende 11 politische Gemeinden: Blonay, Chardonne, Le Châtelard, Corseaux, Corsier, Jongny, Les Planches, Saint Légier-La Chiésaz,
La Tour de Peilz, Vevey und Veytaux. Zusammen: 7290 Haushaltungen in 3055 Häusern; 33461 Ew. Davon waren 24611 Reformierte, 8638 Katholiken, 116 Israeliten
und 96 Andre; 24498 Ew. französischer, 5466 deutscher, 2569 italienischer, 45 rätoromanischer und 883 andrer
Sprache. 3812 Bürger der Wohngemeinde, 11395 Bürger andrer Gemeinden des Wohnkantons, 10619 Bürger andrer Kantone und 7635 Ausländer.
Der Wert sämtlicher Immobilien des Bezirks beläuft sich auf Fr. 46485413. Die Gesamtfläche von 9464 ha verteilt sich wie
folgt:
Mit Bezug auf Bodenprodukte steht der Weinbau, an dem sich alle 11 Gemeinden beteiligen, im ersten Rang. Der Katasterwert
der 953 ha Rebland beläuft sich auf Fr. 20256937. Im Jahr 1906 produzierte der Bezirk 54609 hl Weiss-
und Rotwein (14000 hl mehr als 1905) im Wert von Fr. 2619154. Ziehen wir davon die Summe von Fr. 1419330 für allgemeine
Unkosten ab, so verbleibt ein Reingewinn von rund Fr. 1200000, was einer Verzinsung des eben angegebenen Katasterwertes von
fast 6% entspricht.
Vom Ackerland waren nach der landwirtschaftlichen Statistik von 1906 bebaut: 132 ha mit Weizen, 5 ha
mit Roggen, 22 ha mit Weizen und Roggen gemischt, 1 ha mit Gerste, 75 ha mit Hafer und 113 ha mit Kartoffeln. Die Ernte des
selben Jahres betrug: 19800 Meterzentner Stroh, 126030 q Heu und Emd, 12620 q Kartoffeln und 4149 q Rüben,
Räben, Runkelrüben etc. Es wurden 728 hl Aepfel- und Birnenmost gewonnen und 234 hl Kirschwasser, Pflaumen- und andrer
Schnaps gebrannt. Die 664 Bienenvölker lieferten 1914 kg Honig. Die eidg. Viehzählungen haben folgende Resultate ergeben:
1886
1896
1906
Rindvieh
2954
3107
3021
Pferde
649
778
953
Schweine
1186
1567
1196
Schafe
641
305
122
Ziegen
1008
1092
571
Bienenstöcke
579
727
-
Die Milchproduktion stieg 1906 auf 60075 Meterzentner, wovon 33272 von den Milchhändlern für den täglichen Verbrauch verkauft, 1800 zu
Käse verarbeitet und 10300 an Schokoladefabriken und Fabriken kondensierter Milch geliefert worden sind. Neben
Landwirtschaft beschäftigt man sich im Bezirk auch mit Industrie. Hotelwesen und Fremdenverkehr haben in den beiden Zentren
Montreux und Vevey während der letzten 30-40 Jahre einen gewaltigen Aufschwung genommen.
Vevey breitet seine Häusermassen auf dem mächtigen Mündungsschuttkegel der Veveyse aus. Dabei kann man deutlich zwischen
dem rezenten Delta und den ältern Ablagerungen zur Zeit höherer Wasserstände des Genfersees unterscheiden: In der Ebene
direkt hinter dem Seeufer liegen die untern Quartiere der Altstadt und das neue Quartier LePlan;
auf einer etwa 10 m höher
gelegenen Terrasse folgt bis zum Fuss des Hanges von Saint Martin hin die Oberstadt mit dem Bahnhof, während endlich die Terrasse
von Saint Martin selbst den ältesten Teil des Deltas darstellt, der sich zu einer Zeit bildete, da der
Seespiegel 30 m höher lag als heute.
Anlässlich der Erweiterungsarbeiten der Stationsanlage hatte man bei der Rue des Bosquets
de la Rouvenaz den Fuss dieser Terrasse angeschnitten und deren Deltastruktur wunderbar schön aufgeschlossen. Ein Gegenstück
dazu bildet am gegenüberliegenden rechten Ufer der Veveyse die das Dorf Corsier tragende Terrasse. Höher
oben zeigt sich zwischen Gilamont und Veyre noch eine dritte, wahrscheinlich der Mündung eines Wildwassers der Diluvialzeit
entsprechende Terrasse.
Die Uferzone der Altstadt Vevey und des QuartieresLe Plan ist teilweise auf Boden erstellt, der dem See durch künstliche
Auffüllung abgewonnen wurde. Noch weiter vorgeschoben erscheint der zum Teil auf Pfahlwerk ruhende Quai Perdonnet, dessen
Fortsetzung bis zum Hafen noch der Vollendung harrt, nachdem sein westl. Abschnitt am auf eine Länge von 104 m
im See verschwunden ist. Das anlässlich eines Sturmes am von den Wellen weggerissene Stück
des Quai du Plan konnte dagegen ohne Mühe wieder hergestellt werden.
Die Stadt Vevey besitzt eine Reihe von historisch, architektonisch oder auch landschaftlich bemerkenswerten QuartierenundBauwerken. Zunächst sei die Place du Marché (oder GrandePlace) genannt, die an Markttagen (Dienstag und Samstag) ein äusserst
belebtes Bild darbietet. Hier wird auch in unregelmässigen Zeiträumen das berühmte Winzerfest (Fête des Vignerons) abgehalten,
das Veveys Namen der ganzen Welt bekannt gemacht hat. Die das Fest veranstaltende «Confrérie des Vignerons» (Winzerzunft) wird
unter dem Namen der «Abbaye de l'agriculture de Vevey, dite de Saint Urbain» zum erstenmal 1647 genannt,
doch glaubt man, dass sich die Winzer schon im Lauf des 16. Jahrhunderts, vielleicht schon vor der Einführung der Reformation
im Jahr 1536 zu einer besondern Zunft oder Korporation (abbaye) zusammengeschlossen hätten.
Zunächst zählte die «Confrérie» bloss etwa 30 Mitglieder, deren Aufgabe in der Ueberwachung und zeitweisen Besichtigung
des Rebgeländes bestand. Die Feste jener Zeit waren noch sehr bescheiden und beschränkten sich auf einen
Umzug durch die Stadt mit nachfolgendem Bankett. Schon im 18. Jahrhundert zählten dann die Mitglieder der reich gewordenen
Zunft nach hunderten. Ihre Feste nahmen immer grössern Umfang an und wuchsen sich seit 1783 zu ungewöhnlichen
Proportionen aus. Der Festzug von 1797 legte die grossen Grundzüge der Organisation fest, wie sie im wesentlichen heute
noch bestehen. Seither ist das Fest wieder in den Jahren 1819, 1833, 1851, 1865, 1889 und 1905 gefeiert worden. Die im Jahr 1797 auf
Fr. 3257 veranschlagten Kosten stiegen 1905 auf die Summe von rund Fr. 360000 an. 1819 zählte man 2000 Zuschauer, 1833 deren
5000, 1865 deren 11000, 1889 deren 60000 und 1905 deren 75000.
In der Nähe des Marktplatzes bemerkt man das Haus der Madame de Warens (heute Haus Nicole) und das im Besitz der Familie Couvreu
befindliche Château de l'Aile, das nach zahlreichen Umbauten 1842 seine heutige zierliche Gestalt erhielt.
Der Schlossgarten (Jardin public de l'Aile) ist vor kurzem an die Stadt verkauft und dessen Orangerie mit Hilfe einer von
Andrès Nuñes del Castillo den Ortsbehörden übermachten Summe von Fr. 100000 zu einem Konzertsaal umgebaut worden.
Ebenfalls unweit des Marktplatzes stehen die Auberge de la Clef (Gasthaus zum Schlüssel), mit Gedenktafel
an einen einstigen Aufenthalt von J. J. Rousseau, die 1808 zu ihrer heutigen Gestalt ausgebaute Grenette (Kornhaus) und das 1868 eingeweihte
Theater.
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mehr
Im Stadtinnern bemerkt man das 1830 erbaute und 1880 restaurierte Kasino, das Gebäude der Latein- und Industrieschule (1838)
und den Spital, dessen heutiges Gebäude aus 1734 datiert. Der 1327 gegründete Spital erhielt von den Bernern zur Zeit der
Reformation die Einkünfte des sog. Hôpital de la Madeleine und der drei religiösen Bruderschaften
der Stadt zugesprochen, unter der Bedingung freilich, dass er auch die wohltätigen Verpflichtungen dieser charitativen Gesellschaften
übernehme.
Seither gibt er an die armen Durchreisenden Almosen ab. Infolge einer grossen Feuersbrunst beschloss man 1731, den Spital
an seiner heutigen Stelle neu aufzubauen. Er beherbergt in seinen Räumen das Bezirksgericht. Sein Vermögen
ist ansehnlich und besteht hauptsächlich in Reben, aus deren Ertrag bedürftige. Gemeindebürger unterstützt werden. Dieser
Spital darf nicht mit dem Hôpital de la Madeleine verwechselt werden, der schon 1147 bestand, dem Hospiz auf dem Grossen St. Bernhard
gehörte und 1550 niederbrannte, aber nicht wieder aufgebaut wurde.
Das unter dem Namen der Cour aux Chantres bekannte Bauwerk war zuerst Eigentum der Herren von Oron, ist 1555 abgebrochen,
dann neu erstellt und 1746 zu seiner heutigen Gestalt umgeformt worden. Das heutige Rathaus (Hôtel de Ville) steht an der
Stelle des ehemaligen Hôpital du Vieux Mazel und datiert aus 1755; es enthält ein sehenswertes Treppengeländer
aus Schmiedeeisen. In der Nähe die Tour deSaint Jean (ehemalige Johanneskapelle) und die an Stelle einer einstigen Klosterkirche
der Klarissinnen 1422 erbaute Kirche SainteClaire, die von Bern
1536 dem reformierten Kultus eingeräumt und 1776, 1783 und 1885 restauriert
worden ist.
Das jetzige Hôtel du Château war ehemals Sitz der Familie de Tavel und dann der Bernischen Landvögte;
hier hielt sich in der Familie des Landvogtes Lentulus 1783/84 Charlotte von Lengefeld auf, die spätere Gemahlin Schillers.
In dem heute durch einen modernen Neubau ersetzten alten Gebäude des Hotel du Lac wohnten die englischen Refugianten
Ludlow und Broughton, zwei der Richter, die den König Karl I. von England 1649 zum Tod verurteilt hatten. An ihren Aufenthalt
erinnert eine in die Gartenmauer eingelassene Gedenktafel. Das Hôtel desTroisCouronnes endlich ist an die Stelle eines 1840 abgetragenen
Herrenhauses getreten, das 1376 im Besitz der jüngern Linie derer von
Blonay gewesen war.
Wendet man sich nordwärts gegen die Terrasse von Saint Martin, so kommt man an der russischen Kirche vorbei, die 1878 auf
Kosten des Grafen und der Gräfin Peter Schuwaloff zum Andenken an ihre in Vevey gestorbenen und bestatteten zwei Töchtern
erbaut worden ist. Unmittelbar darüber erhebt sich die Pfarrkirche Saint Martin, das ehrwürdigste aller
Bauwerke von Vevey. Urkundlich erwähnt wird die Kirche zum erstenmal 1174 in einer päpstlichen Bulle. 1496 restaurierte
man sie 1581 erhielt sie eine Glocke im Gewicht von 20 Zentnern, 1602 und 1603 zwei weitere Glocken;
1693 wurden Broughton
und Ludlow in der Kirche beigesetzt;
1740 erhielt sie eine Orgel, die man 1883 durch ein neues Instrument
ersetzte;
im Februar 1871 quartierte man in der Kirche 800 Internierte der französischen Ostarmee ein.
Das jüngste der öffentlichen Gebäude ist das Museum Jenisch, das die Stadt einem Vermächtnis der Frau Senator Jenisch
aus Hamburg verdankt. Es enthält eine öffentliche Bibliothek, einen interessanten Gemäldesaal, eine
naturhistorische Sammlung und eine Kollektion von Gegenständen aus der geschichtlichen Vergangenheit von Vevey. Es wird
auch oft zu privaten Gemäldeausstellungen von schweizerischen oder ausländischen Malern benutzt.
Klima.
Dank ihrer voll zur Sonne exponierten Lage und dem die kalten N.-Winde abhaltenden Gebirgskranz erfreut
sich die Stadt Vevey eines mildern Klimas als die benachbarten Ortschaften am Genfersee (Montreux ausgenommen). Dazu kommt
im Winter der einer Warmwasserheizung zu vergleichende Einfluss des Sees, dessen Temperatur nicht unter 4 °C. sinkt. Nebel
ist trotz der Lage am Seeufer verhältnismässig selten. Mittlere Zahl der Tage mit Regen oder Schnee
68, der klaren Tage 91 und der Tage mit bedecktem Himmel (aber ohne atmosphärische Niederschläge) 206. Es betragen die
monatlichen Mitteltemperaturen: