Vespasiānus,
Titus Flavius, röm. Kaiser (69–79 n. Chr.), wurde 9 n. Chr. bei Reate in Mittelitalien geboren. Seine Mutter, die aus einer vornehmen umbrischen Familie stammte, brachte ihn dazu, die höhere Beamtenlaufbahn einzuschlagen. Er war 51 Konsul und erhielt dann den hohen ¶
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Statthalterposten in Afrika.
[* 3] 65 fiel er beim Kaiser Nero, weil er dessen musikalische Leistungen nicht genügend würdigte,
in Ungnade, begleitete ihn aber 66 wieder auf der Kunstreise nach Griechenland.
[* 4] Im Winter 66/67 erhielt er den Befehl gegen
die aufständischen Juden, den er mit Energie und Umsicht führte. 69 waren nur noch Jerusalem
[* 5] und einige
wenige feste kleinere Orte niederzuwerfen, da fiel Nero, und nach ihm traten zuerst Galba, dann Otho und Vitellius als Kaiser
auf. Vespasianus
hatte Galba, danach Otho gehuldigt.
Nach Othos Sturz jedoch ließ er sich, namentlich auf Betreiben des Statthalters Mucianus in Syrien, selbst zum Kaiser ausrufen. Die pannonischen und mösischen Truppen fielen ihm zu, und diese eroberten ihm, während er selbst noch im Orient blieb, bis Ende 69 den Thron. [* 6] (S. Vitellius.) Der Senat erklärte sich für ihn und bestätigte ihm durch die zum Teil erhaltene Lex de imperio Vespasiani, die sog. Lex regia, die Regierungsgewalt. Doch war damit das Reich noch nicht sofort beruhigt.
Jerusalem, dessen Belagerung Vespasianus
seinem Sohne Titus (s. d.) überließ, leistete hartnäckigen Widerstand, und im Norden
[* 7] hatten
sich die Bataver unter Civilis (s. d.) erhoben. Aber schon im Sommer 70 fiel Jerusalem, und Gallien unterwarf Petillius Cerialis; 71 herrschte
überall Friede. Vespasianus
selbst war nach langsamer Reise 70 erst in Rom
[* 8] eingetroffen. Er stellte vor allem die
durch die vergangenen Bürgerkriege stark gelockerte militär. Disciplin her. Ferner brachte
er die arg zerrüttete Reichsverwaltung durch äußerste Sparsamkeit und strenge Steuerkontrolle wieder in Ordnung.
Den Ehrennamen eines Neubegründers des Principats hat er durchaus verdient. Daneben entwickelte er eine großartige Bauthätigkeit; er unternahm unter anderm den Wiederaufbau des eben abgebrannten Jupitertempels auf dem Kapitol, den Bau des Friedenstempels auf dem Forum [* 9] und des Amphitheatrum Flavium (s. Kolosseum). [* 10] Auch das Unterrichtswesen förderte er durch Anstellung von Lehrern, wie Quintilian, und erwarb sich ein hohes Verdienst um Hebung [* 11] und Verbesserung der sittlichen Zustände.
Dabei war Vespasianus
im ganzen ein sehr milder Herrscher, wenn auch unter ihm harte Maßregeln nicht ausblieben.
Namentlich verfuhr er gegen die altrepublikanische Gesinnung zeigenden Anhänger der stoischen Philosophie mit Strenge. Vespasianus
starb 23. Juni 79 mit
Hinterlassung von zwei Söhnen, Titus und Domitianus, die ihm nacheinander als Kaiser folgten. Aus der kurz
vor 1347 aufgefundenen Lex regia suchte der Tribun Rienzi (s. d.) dem mittelalterlichen Römervolk seine althergebrachten
Rechte zu erweisen.