Vernet
(Vernet
les
Bains, spr. wernä la bäng), Dorf im franz.
Departement
Ostpyrenäen,
Arrondissement
Prades, am
Fuß des
Canigou, hat berühmte Schwefelthermen (35-58° C.) mit Badeanstalten und etwa 800 Einw.
Vernet
2 Seiten, 1'764 Wörter, 12'086 Zeichen
Im Meyers Konversations-Lexikon, 1888
Vernet
(Vernet
les
Bains, spr. wernä la bäng), Dorf im franz.
Departement
Ostpyrenäen,
Arrondissement
Prades, am
Fuß des
Canigou, hat berühmte Schwefelthermen (35-58° C.) mit Badeanstalten und etwa 800 Einw.
Vernet
(spr. wernä), 1)
Claude
Joseph, franz.
Maler, geb. zu
Avignon, erhielt den ersten
Unterricht von seinem
Vater
Antoine Vernet
(geb. 1689, gest. 1753) und ging 1734 nach
Rom,
[* 2] wo er sich bei A. Manglard bildete. 1753 nach
Frankreich zurückgekehrt, ward er Mitglied der
Akademie und malte für
Ludwig
XV. eine
Reihe von
Ansichten französischer Seehäfen (jetzt im
Louvre). 1763 ließ er sich zu
Paris
[* 3] nieder,
wo er starb. Vernets
durch reiche
Staffage ausgezeichnete
Landschaften und
Seestücke tragen den
Charakter der
Schule von
Claude Lorrain in ihren letzten
Ausläufern; in
Komposition und Lichtwirkung edel empfunden, leiden sie an konventioneller
Glätte.
Vgl.
Lagrange,
Joseph Vernet
et la peinture au 18e siècle (Par. 1863).
2)
Antoine
Charles Horace, genannt
Carle Vernet
, Sohn und
Schüler des vorigen, geb. zu
Bordeaux,
[* 4] studierte in
Rom und ward 1788 Mitglied
der
Pariser
Akademie. 1810 wurde er Mitglied des französischen
Instituts. Vernet
war hauptsächlich Darsteller
Napoleonischer
Schlachten,
[* 5] malte aber auch
Porträte
[* 6] und
Jagden und zeichnete sich namentlich in der
Darstellung von
Pferden und
Hunden aus. Hervorragend
ist er auch im komischen
Genre, und seine
Darstellungen von zeitgenössischen Sittenbildern sind von
kulturgeschichtlichem Wert. Er starb in
Paris.
3) Horace, Maler, Sohn des vorigen, der berühmteste der Familie, geb. zu Paris, machte seine ersten Zeichenstudien bei seinem Vater und setzte sie bei dem Zeichner Moreau, dem Architekten Chalgrin und dem Maler Vincent fort. Mit einem Bilde: die Einnahme einer Redoute, [* 7] wagte der 20jährige Künstler, den damals herrschenden Regeln der klassischen Schule Davids entgegenzutreten und durch kräftigen Realismus auf eine neue Bahn einzulenken. Er erwarb sich die Gunst des kaiserlichen Hofs und führte in den letzten Jahren des ersten Kaiserreichs mehrere von Maria Luise und dem König von Westfalen [* 8] bestellte Gemälde aus, wie den Hund des Regiments, den Soldaten von Waterloo [* 9] und das Pferd [* 10] des Trompeters, die seinen Namen rasch populär machten.
Nach dem
Sturz des Kaiserreichs stellte er sich die Aufgabe, die eben zum
Abschluß gekommene große militärische
Epoche zu
illustrieren, und malte von 1817 bis 1823 unter anderm die
Verteidigung der
Barriere von
Clichy, die
Schlachten von
Tolosa,
Jemappes,
Valmy,
Hanau,
[* 11]
Montmirail, die Niedermetzelung der Mamlucken und
Poniatowskis
Tod, die jedoch in jener Zeit
der
Reaktion meist von der Ausstellungsjury zurückgewiesen wurden.
Bald aber erteilte ihm
Karl X. selbst Aufträge, wie sein
Reiterbildnis bei einer Truppenrevue, dann ein zweites mit den
Herzögen von
Angoulême und
Orléans,
[* 12] die Ausmalung eines
Plafonds
im
Louvre-Museum, und gestattete ihm auch 1827, eins seiner Hauptbilder, die
Brücke
[* 13] von
Arcole, auszustellen. 1828 zum
Direktor
der französischen
Akademie in
Rom ernannt, verweilte Vernet
dort bis 1835 und widmete sich dem
Studium der italienischen
Schule,
dessen
Resultat
¶
eine Reihe von Gemälden war, die zwischen Genre- und Historienmalerei die Mitte halten. Dahin gehören: Raffael und Michelangelo
im Vatikan,
[* 15] Kampf von Räubern gegen päpstliche Gendarmen, die Beichte des sterbenden Räubers, Papst Leo XII. auf dem Weg nach
der Peterskirche, Judith und Holofernes. Nach Paris zurückgekehrt, widmete sich Vernet
wieder der Schlachtenmalerei
und stellte im Salon 1836 die vier großen Bilder: Friedland, Wagram,
[* 16] Jena
[* 17] und Fontenoy aus. Von Ludwig Philipp mit der Ausschmückung
der Konstantinegalerie im Museum von Versailles
[* 18] beauftragt, bereiste er 1838 Nordafrika, wo er die Studien zu den vierzehn Gemälden
machte, mit welchen er die aus sieben Sälen bestehende Galerie füllte.
Die drei größten stellen den Beginn der Beschießung von Konstantine, die Eröffnung des Sturms und die Einnahme der Stadt
dar. Das Studium des orientalischen Lebens brachte ihn auf den Gedanken, biblische Stoffe im Gewand des modernen Orients zu behandeln.
Doch kamen seine Gemälde dieser Art (Abraham verstößt Hagar, Rebekka und Elieser am Brunnen,
[* 19] Judith auf
dem Weg zum Holofernes) nicht über das Genremäßige hinaus. Größern Beifall fanden dagegen seine afrikanischen Sittenbilder
(Eberjagd, Löwenjagd, Sklavenmarkt, Post in der Wüste). 1843 ging er nach Rußland, ward dort vom Kaiser Nikolaus mit großer
Auszeichnung empfangen und begleitete denselben einige Monate auf Reisen und Musterungen, unter andern in
den Kaukasus. 1814 kehrte Vernet
nach Frankreich zurück und malte nach einer abermaligen Reise nach Algier im Auftrag des Königs
die Wegnahme der Smalah Abd el Kaders (1845) und die Schlacht bei Isly (1846). Außer einer großen Anzahl historischer Gemälde
hat er auch zahlreiche Porträte gemalt, unter andern die Napoleons I., des Herzogs von Orléans, der Marschälle
Saint-Cyr und Gerard, Thorwaldsens, der Herzöge von Tarent und von Reggio, Ludwig Philipps und seiner Söhne, Napoleons III. Er starb in
Paris. Vernet
war einer der fleißigsten und fruchtbarsten französischen Maler.
Die Eigenschaften, welche ihn als Künstler auszeichnen, sind Reichtum der Erfindung. Klarheit der Anordnung
und lebensvolles Feuer. Doch trug seine Ausführung stets den Charakter der Improvisation, und die Einzelheiten sind mehr der
Phantasie als dem Studium der Natur entnommen. Vernet
hat durch seine ruhmrednerischen Darstellungen sehr viel dazu beigetragen,
den französischen Chauvinismus zu fördern.
Im Brockhaus` Konversationslexikon, 1902-1910
(spr. wärrneh), Antoine Charles Horace, genannt Carle Vernet, Sohn des folgenden, geb. zu Bordeaux, gest. zu Paris, wurde Schüler des Pariser Akademikers Lépicié und gewann 1782 den Rompreis mit einem Geschichtsbilde. 1787 nach Paris zurückgekehrt, wurde er 1789 in die Akademie aufgenommen. In dem großen Gemälde, das den Triumph des Paulus Ämilius vorstellt (im Salon 1791), brach er, auf Grund seiner Studien in den Marställen und Reitschulen, mit der Überlieferung, nur Pferde [* 20] von starkem Schlage und von konventionellen Formen zu malen.
Seine zahlreichen, für die franz. Sitten- und Modengeschichte merkwürdigen Karikaturen (der Incroyables [* 21] und Merveilleuses), seine Zeichnungen aus den ital. Feldzügen, endlich sein kolossales Gemälde der Schlacht bei Marengo [* 22] (1806) und das Gegenstück dazu, Napoleon in der Schlacht bei Austerlitz [* 23] (1808), erwarben ihm großen Ruf und Beifall (letztere beiden Bilder befinden sich in der Historischen Galerie zu Versailles). Doch war das große Schlachtenbild nicht sein Fach; viel besser sind die kleinen sittenbildlichen Skizzen, in denen er Napoleons Heere verewigte. Am besten gelang ihm die Schilderung von Roß und Reiter in natürlicher und lebendiger Bewegung. Unter der Restauration malte er Jagden, Pferderennen, kleine Schlachtenbilder, Pferdestücke u.s.w.
(spr. wärrneh), Claude Joseph, franz. Landschafts- und Marinemaler, geb. zu Avignon, gest. daselbst ging 1731 zu dem ältern Viali, Vedutenmaler in Aix, und von da nach Rom, wo die in Salvator Rosas Manier behandelten Landschaften, die er im Palast Rondanini und in der Galerie Farnese ausführte, ihn zuerst bekannt machten. Bald waren seine Seestürme, seine Ansichten der ruhigen See oder des Binnenlandes sehr gesucht. 1753 kehrte er nach Paris zurück, wo ihn die Akademie zu ihrem Mitgliede ernannte. Im Auftrage des Königs malte er 1754–65 Ansichten der größten franz. Seehäfen.
Diese 15 Bilder nebst 29 andern sind im Louvre zu Paris. Seine Werke wurden vielfach gestochen, überhaupt war Vernet der berühmteste und beliebteste Landschaftsmaler seiner Zeit. Seine Bilder beruhen auf tüchtigem Naturstudium; vielfach muten sie uns etwas bunt an. Die vielen [* 24] Figuren als Staffage verleihen seinen Landschaften und Seestücken besonderes Interesse. Auch auf Beleuchtungswirkungen legte er ein großes Gewicht. –
Vgl. Lagrange, Joseph Vernet Et la peinture au XVIIIe siècle (Par. 1864).
(spr. wärrneh), Emile Jean Horace, genannt Horace Vernet, Schlachtenmaler, Sohn von Antoine Charles Horace Vernet, geb. zu Paris, genoß den ersten Unterricht bei seinem Vater und zeichnete 1811 für das Modejournal die Incroyables und Merveilleuses, eine Folge satir. Blätter, Genrestücke aus dem Soldatenleben, später eine Reihe von Schlachtenbildern, die ihn schnell bekannt machten. Nach seiner Ernennung zum Mitglied des Instituts (1826) näherte er sich der Romantischen Schule, in deren Richtung er eine Reihe von Werken von kräftigem Ausdruck in Zeichnung und Farbe schuf. Vernet wurde 1828 Direktor der Französischen Akademie in Rom.
Erst als Vernet 1834 mit Ablauf [* 25] seiner amtlichen Stellung nach Paris zurückkehrte, wandte er sich wieder der Schlachtenmalerei und dem Genre zu. Die Gegenstände gehörten nunmehr sämtlich dem Orient an, wie Der arab. Märchenerzähler, Die Post in der Wüste, Das Gebet in der Wüste, Eber- und Löwenjagden u.s.w. Bei der Austeilung der Arbeiten für das Museum zu Versailles sowie durch den Petersburger Hof, [* 26] den er besuchte, erhielt er zahlreiche Aufträge auf Schlachtenbilder aus dem russ.-türk. wie aus dem algerischen Kriege. Um letztere auszuführen, reiste Vernet 1837 nach Afrika [* 27] und konnte somit den 14 Gemälden des Constantinesaales den ¶
Reiz einer ethnogr. Richtigkeit verleihen (1838–42). Vernet hatte zugleich Deckenbilder in einem Saal der Deputiertenkammer zu malen begonnen, mußte aber diese Arbeit einstellen, da ihn Ludwig Philipp beauftragte, die Überrumpelung der Smala Abd el-Kaders durch den Herzog von Aumale 1843 in einem 22 m langen Gemälde darzustellen. Das Überstürzen, die Hast, die Angst, das Auseinanderstieben der Menschen und Tiere ist in diesem kolossalen Bilde (1845; Museum zu Versailles) mit großer Lebendigkeit geschildert.
Studien für die Beschießung von Tanger und die Besetzung von Mogador führten ihn nach Marokko. [* 29] Infolge der hier gemachten Kostümstudien veröffentlichte er nach der Rückkehr die Denkschrift «Des rapports qui existent entre le costume des Hébreux et celui des Arabes moderne» (in «L’Illustration», 1848), welche viel dazu beitrug, daß in der Folgezeit von ihm und andern, trotz heftiger Gegnerschaft der dem überlieferten Kostüm [* 30] Anhängenden, vielfach für die biblische Historienmalerei das arab. Kostüm verwendet wurde.
Von seinen Schlachtenbildern sind zu nennen: Sieg Philipps II. August von Frankreich bei Bouvines 1214, Schlacht von Valmy 1792 (1826), Ansprache Napoleons an die Garde vor der Schlacht bei Jena 1806, Napoleon in der Schlacht bei Friedland 1807 (1836; s. Tafel: Französische Kunst V, [* 28] Fig. 12), Schlacht bei Wagram 1809, Belagerung und Einnahme von Konstantine 1837 (1838), Schlacht bei Isly 1844 (1846); diese sämtlich in der Galerie zu Versailles. Ferner: Die Barriere von Clichy 1814 (1820; im Louvre), Einnahme des Malakow 1855 (Museum in Autun).
Von Kompositionen aus andern Gebieten sind hervorzuheben: Judith mit dem Haupt des Holofernes (1830; im Louvre), Sklavenmarkt (1836; Nationalgalerie zu Berlin), [* 31] Verstoßung der Hagar (1837; Museum in Nantes). [* 32] Die Werke seiner letzten Zeit, welcher die lebensgroßen Bildnisse Napoleons III., der Generale Cavaignac, Canrobert und Bosquet, die Schlacht an der Alma u. a. angehören, zeigen eine merkliche Abnahme seiner Kräfte. Er starb zu Paris. Außer der Menge von Bildern, Aquarellen und Handzeichnungen hat man von Vernet auch mehr als 200 lithographierte Blätter und an 500 nach seinen Zeichnungen gefertigte Holzschnitte für die Prachtausgabe von Laurents «Histoire de Napoléon» –
Vgl. Jouy und Jay, Salon d'Horace Vernet (1822);
Bruzard, Catalogue de l’œuvre lithographique d’Horace Vernet (1826);
Beulé, Éloge d’Horace Vernet (1863);
Lagrange, Les Vernet (Bd. 2, 1864);
Durande, Joseph, Carle et Horace Vernet, correspondance et biographies (1865);
Runtz Rees, Horace Vernet (1880).