Verleugnun
gsklage,
s. Illegitimitätsklage.
Verleugnungsklage
3 Wörter, 44 Zeichen
Verleugnungsklage,
s. Illegitimitätsklage.
(Unehelichkeit, hierzu die »Illegitimitätskarten«). Bei allen Kulturvölkern wird die Erscheinung der Geburt mit religiösen und gesetzlichen Zeremonien und Bestimmungen umgeben und jedes Kind, welches diesen Gebräuchen gemäß ins Leben tritt, für bevorrechtet denjenigen Kindern gegenüber angesehen, die außerhalb dieser Normen das Licht [* 3] der Welt erblickt haben. Das Kind, dessen Lebenssetzung diesen gesetzlichen Bestimmungen zuwiderläuft, gilt als unehelich, wobei jedoch zu beachten ist, daß der auf religiöser Grundlage entstandene sittliche Begriff der Unehelichkeit nicht vollständig mit dem rechtlichen zusammenfällt.
Uneheliche Kinder sind nun jene, welche nicht von Ehegatten in der Ehe erzeugt worden sind; im besondern gehören hierher:
1) Kinder, welche von einer ledigen Frauensperson geboren werden;
2) welche von einer verheiratet gewesenen Frauensperson nach Ablauf [* 4] einer bestimmten Frist nach dem Tode des Mannes oder nach Eintritt der vollständigen Auflösung der Ehe geboren werden; diese Frist wird von den Gesetzbüchern schon von alters her in ziemlich übereinstimmender Weise angesetzt, z.B. Österreichisches allgem. bürgerl. Gesetzbuch im zehnten Monat nach dem Tode des Mannes etc., Code civil 300 Tage und mehr nach gänzlicher Auflösung der Ehe;
3) Kinder, welche von einer von Tisch und Bett [* 5] geschiedenen Frau nach Ablauf einer solchen bestimmten Frist geboren werden, falls nicht der Beweis erbracht wird, daß die Ehegatten sich wieder vereinigt hatten;
4) die aus einem Ehebruch hervorgehenden und 5) die vor der Eheschließung von andern Personen als den spätern Ehegatten erzeugt gewesenen, aber erst nach erfolgter Eheschließung gebornen Kinder. Was die beiden Fälle 4) und 5) anbelangt, so werden diese Kinder rechtlich nur dann als unehelich angesehen, wenn der Ehegatte oder dessen Erben innerhalb der gesetzlich bestimmten Frist entweder der Vaterschaft widersprochen haben, ohne daß dieser Widerspruch durch einen Beweis entkräftet worden wäre, oder die eheliche Geburt des Kindes bestritten und die Unmöglichkeit der Zeugung durch den Ehegatten bewiesen haben; in dieser Richtung gehen die Bestimmungen der Gesetzbücher ziemlich weit auseinander (vgl. z. B. § 156-158 des Österreich. [* 6] allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuchs und Art. 312-314 des Code civil).
Vom sittlichen Standpunkte aus und abgesehen von der formal juristischen Auffassung werden wir diese rechtlich eventuell als ehelich geltenden Kinder immer als uneheliche ansehen müssen, gleichgültig ob der Illegitimitätsbeweis gelungen ist oder nicht. Hier geht also die sittliche Anschauung über das geltende Recht hinaus; dasselbe gilt zum Teil auch 6) bezüglich jener Kinder, welche vor der Eheschließung von dem spätern Ehegatten erzeugt und nach erfolgter Eheschließung von der nunmehrigen Ehegattin geboren werden, d. h. der sogen. vorzeitig erzeugten Kinder.
Hier ist die Konzeption unehelich und die Geburt ehelich erfolgt. Anderseits endlich gibt es Fälle, in denen Kinder rechtlich als unehelich gelten, bezüglich deren die Sitte kaum dieses Urteil fällen kann; dies ist dort der Fall, wo in Staaten Bevölkerungsgruppen wohnen, innerhalb deren verschiedene auf disparaten Religionssystemen beruhende sittliche Anschauungen gelten, während nur eins dieser Religionssysteme, resp. dessen sittlicher Gehalt zur Grundlage des allgemein gültigen Rechtes geworden ist. So gelten in vielen Gegenden des Ostens mit jüdisch-orthodoxer Bevölkerung [* 7] (Galizien, Bukowina, Rußland, Balkan) die von solchen jüdischen Ehepaaren, ¶
welche nach ihren eignen rituellen Gebräuchen, aber nicht nach den staatlichen Normen getraut sind (Rabbinatsehe, einfacher Konsens vor Zeugen oder den Familienmitgliedern), gebornen Kinder seitens der Staatsgewalt folgerecht als uneheliche, während sie nach jüdisch-konfessioneller Ansicht und auch nach der sozialen Auffassung als eheliche zu betrachten sind; man hat diese Kinder als »quasi eheliche« bezeichnet. Schließlich wäre noch 7) auf die große Masse der ausgesetzten oder verlassenen Kinder, resp. Findlinge hinzuweisen.
Diese können entweder ehelicher oder unehelicher Geburt sein, wenn sie auch meist der letztern sind; ihren sozialen Verhältnissen nach zeigen sie eine fast vollständige Übereinstimmung mit den unehelich Gebornen, so daß sie bei einer Erörterung dieser letztern nicht unerwähnt bleiben können; man hat deshalb die Findlinge als »quasi uneheliche« bezeichnet. Es sind eben für die erschöpfende Auffassung des Moments der Unehelichkeit drei Gesichtspunkte maßgebend: die auf religiöser Basis beruhende Sitte, das Recht und die sozialen Verhältnisse.
Die Frage der unehelichen Geburten ist in ihrem innersten Wesen eine ethische. So wie die ethischen Anschauungen und Lehren [* 9] der Völker in ihrer dreifachen Wurzel [* 10] von Religion, Sitte und sozialen Verhältnissen in geschichtlicher Entwickelung umgewandelt wurden, in derselben Weise haben auch die Ansichten über die Unehelichkeit sich geändert. Damit hat auch das Recht der I. große Wandlungen durchgemacht. Bedenken wir die harten Ansichten und Bestimmungen früherer Jahrhunderte, welche auf den »Bastarden« lasteten, so ist zu konstatieren, daß deren frühere Ausnahmestellung vom Standpunkte der Sitte einer Gleichstellung mit den ehelichen gewichen ist, und daß auch die Rechtsnormen zu einer wesentlichen Erleichterung geführt haben.
Die heutigen Rechtsnormen über die Unehelichen umfassen zunächst Bestimmungen über die Definition der Unehelichkeit und dann jene Rechtsfolgen, welche die Thatsache der Unehelichkeit für das natürliche Kind und seine Eltern mit sich führt. Diese Rechtsfolgen sind ausschließlich vermögensrechtlicher Natur und beziehen sich einerseits auf das Erbrecht des unehelich Gebornen gegenüber den Eltern, meist aber nur der Mutter, und anderseits auf die Erhaltung und Erziehung des Kindes durch die Eltern.
Was diesen letzten Punkt anbelangt, scheiden sich die Rechtssysteme in zwei Gruppen, nämlich in jenes neuere mit partieller Gültigkeit, welches die Sorge für die Erhaltung des Kindes ausschließlich der Mutter überläßt und den Vater vollkommen außer jeder Beziehung zum unehelichen Kinde stellt (Frankreich, Rheinland, Elsaß-Lothringen, [* 11] Belgien, [* 12] die Niederlande, [* 13] Italien, [* 14] Rumänien, [* 15] d.h. die Länder französischer Rechtsanschauung), und in das in den übrigen Staaten geltende allgemeine Recht, nach welchem es gestattet ist, den Umstand der Vaterschaft, die Paternität, gerichtsordnungsmäßig zu beweisen, und aus welchem für den Vater des unehelichen Kindes (nicht nur für die Mutter) Pflichten für die Erhaltung und Erziehung des Kindes erwachsen.
Letzterer Grundsatz galt allgemein, bis unter Napoleon I. der Beweis der Paternität verboten und dieselbe als rechtlich irrelevant hingestellt wurde, eine Rechtsanschauung, die dann in einigen Ländern, wie bemerkt, Aufnahme fand. Dieselbe ist zu verwerfen, indem gar nicht abzusehen ist, weshalb der Vater eines unehelichen Kindes anders zu behandeln sein soll wie die Mutter, und mit welchem Rechte die Folgen einer von zwei Personen begangenen That auf eine derselben und überdies noch die sozial und speziell wirtschaftlich schwächere übergewälzt werden sollen.
Abgesehen von diesen Satzungen des bürgerlichen Rechtes gibt es nahezu keine andern, welche sich heute noch auf die Thatsache der Unehelichkeit beziehen, und es ist auch zu sagen, daß nach allgemeiner Anschauung und Volksüberzeugung selbst der niedersten Schichten dem »ledigen Kinde« als solchen kein Makel mehr anhaftet. Nur ist dabei nicht zu übersehen, daß die unehelich Gebornen auch heute noch eine durch besondere Merkmale in populationistischer, ökonomischer und ethischer Hinsicht gekennzeichnete Bevölkerungsgruppe bilden. Diesen Umstand konstatiert und nach allen Richtungen hin klargestellt zu haben, ist das Verdienst der Statistik, vornehmlich der sogen. Moralstatistik, welcher es auch gelungen ist, in der Ethik eine erfreuliche methodische Reform herbeizuführen. So ist die Lehre [* 16] von den unehelichen Geburten seit einigen Jahrzehnten von der Statistik, speziell der Moralstatistik, in einer gänzlich neuen Weise erfaßt und ausgebaut worden.
Die Statistik bringt die unehelichen Geburten sowie die andern Thatsachen des Bevölkerungswechsels durch Vermittelung der Matrikelbehörden oder Standesämter zur Verzeichnung. Dabei ist zu betonen, daß sie nur die außer der Ehe gebornen unehelichen Kinder, allerdings die weitaus wichtigste Gruppe derselben, zur Verzeichnung bringt. Demgemäß beziehen sich alle nachfolgenden Darstellungen auf die von nichtverheirateten Frauenspersonen gebornen Kinder.
Und doch sind unter Umständen auch die übrigen Arten nicht zu übersehen. So belief sich z. B. die Anzahl der frühzeitig Gebornen, und zwar die in der Ehe vor Ablauf des vollen 7. Monates gebornen Kinder in einigen Gegenden Dänemarks nach Spezialuntersuchungen Rubins und Westergaards (»Statistik der Ehen«, Jena [* 17] 1890) auf nicht weniger als 25 Proz. aller Gebornen. Dieselben waren also, abgesehen von den etwanigen Frühgeburten, vor Eingang der Ehe konzipiert. Überhaupt behauptet Westergaard und ebenso Geißler, daß etwa die Hälfte der Erstgeburten unehelich erzeugt seien.
Noch drastischer liegen die Verhältnisse bezüglich der jüdischen Bevölkerung dort, wo dieselbe ihre Eheschließungen nicht nach staatlichen, sondern rituellen Vorschriften vornimmt; so betrugen die unehelich Gebornen in Galizien 1882: 88,5 Proz. bei den Juden und nur 4-5 Proz. bei den Christen, wogegen es bekannt ist, daß nahezu kein jüdisches Mädchen ledig bleibt, die Judenehen ungemein frühzeitig geschlossen werden und uneheliche Geburten nach jüdischer Auffassung nahezu gar nicht vorkommen.
Zur Bestimmung des Maßes für die I. einer Bevölkerung wäre es eigentlich erforderlich, gelegentlich der Volkszählungen die Frage nach der ehelichen oder unehelichen Geburt zu stellen, was aber überall, wenn auch ohne Grund, unterlassen wird. Es wird vielmehr die Thatsache der Unehelichkeit meist nur bei der Geburt verzeichnet. Dort, wo dies auch bei den Sterbefällen geschieht und überdies die Legitimationen zur Verzeichnung gelangen, kann auf die Verbreitung der Unehelichkeit in einer Bevölkerung geschlossen werden. Die Anzahl der unehelichen Geburten kann in zweifacher Hinsicht zur Bestimmung eines Maßes benutzt werden: das Verhältnis der Zahl der unehelichen Geburten zur Zahl der Geburten überhaupt bezeichnet man als die Frequenz der unehelichen Geburten;
diese Ziffer zeigt an, welcher Teil des ¶
natürlichen Zuwachses das Moment der I. an sich trägt. Das Verhältnis der Zahl der unehelichen Geburten zur Zahl der nicht in der Ehe lebenden Frauen im gebärfähigen Alter (15.-45. Jahr) bezeichnet man als die uneheliche Fruchtbarkeit; diese Verhältniszahl ist sozial-ethisch von größerer Bedeutung und sollte immer benutzt werden, wenn es darauf ankommt, nachzuweisen, welchen Grad von Intensität die I. in einer Bevölkerung erreicht hat. Nur liegen leider die erforderlichen Berechnungen nicht vor.
Es ist nun ein sehr weit verbreiteter Fehler, daß aus der erhöhten Verhältniszahl der unehelichen Geburten auf eine analoge Verminderung der Moralität geschlossen wird. Dieser Ansicht gegenüber ist zu sagen, daß die sozial-ethische Qualifizierung einer unehelichen Geburt von der dieser Geburt zu Grunde gelegenen Art der Geschlechtsgemeinschaft bedingt ist. Uneheliche Geburten, die aus Konkubinaten hervorgehen, stehen ethisch höher als die Folgen ganz vorübergehender Vereinigungen, und ebenso gibt es innerhalb der Konkubinate eine ganze Stufenleiter von ethisch verschiedener Qualifikation.
Ferner ist zu bedenken, daß (da eben nicht die uneheliche Geburt, sondern die uneheliche Konzeption, resp. Geschlechtsgemeinschaft das Unsittliche ist) die Zahl der unehelichen Geburten noch keinen Rückschluß auf die vorgelegenen Arten und Zahl der unehelichen Geschlechtsgemeinschaften gestattet, indem häufig gerade den unsittlichsten Vereinigungen die wenigsten Kinder entstammen und umgekehrt. Es muß daher immer auf diese Umstände Rücksicht genommen werden, und nur unter diesem Vorbehalt kann die verschiedene Frequenz oder uneheliche Fruchtbarkeit verschiedener Völker oder Zeiten zur Vergleichung gebracht werden.
II. Intensität und Haupterscheinungen der Illegitimität.
Länder | Uneheliche Geburten jährlich auf: | ||
---|---|---|---|
1000 Lebendgeburten, | 1000 Geburten überhaupt. | 1000 nicht verheir. Frauen über 15 Jahre etc., | |
Durchschnitt 1865-83 | Durchschnitt 1878-82 | Durchschnitt 1878-82 | |
Deutschland | 85.5 | 89.6 | 21.7 |
Preußen | 74.7 | 78.4 | 19.3 |
Sachsen | 132.3 | 127.6 | 36.1 |
Bayern | 152.4 | 131.5 | 30.6 |
Württemberg | 103.5 | 86.2 | 21.6 |
Baden | 93.1 | 75.2 | 16.2 |
Thür. Staaten | 101.1 | 104.7 | ? |
Elsaß-Lothr. | 71.0 | 74.5 | 13.9 |
Österreich (Cisl.) | 133.7 | 145.2 | 34.3 |
Ungarn | 74.5 | 78,1* | 25.3 |
Kroatien-Slawon. | 52.0 | 56,9* | ? |
Schweden | 101.7 | 101.2 | 17.1 |
Norwegen | 84.9 | 83.4 | 15.5 |
Dänemark | 107.2 | 162.0 | 21.0 |
Finnland | 76.6 | 71,9* | 16.1 |
England | 52.7 | 48,2* | 10,3* |
Schottland | 92.4 | 84,2* | 15,1* |
Irland | 26.2 | 25,0* | 3,1* |
Schweiz | 45.9 | 47.9 | 7.9 |
Spanien | 56.0 | 56,6* | ? |
Massachusetts | 13.7 | 17,5* | ? |
Vermont | ? | 8,6* | ? |
Connecticut | 10.8 | 10,8* | ? |
Rhode Island | 7.9 | 8,5* | ? |
Frankreich | 74.1 | 76.4 | 11.9 |
Belgien | 70.5 | 78.4 | 14.8 |
Niederlande | 33.8 | 31.0 | 7,x** |
Italien | 67.5 | 74.2 | 17.5 |
Rumänien | 43.2 | 50,5* | ? |
Griechenland | 12.2 | 9,9* | 1,8* |
Rußland | 28.6 | 28,1* | ? |
* Ausschließlich der Totgeburten (Anmerkung des Editors: ** Nachkommastelle unleserlich)
1) In der vorstehenden Tabelle (nach Angaben des »Movimento« und J. (Anmerkung des Editors: Jacques) Bertillons) ist eine Übersicht über die etwa 700,000 unehelichen Geburten, welche alljährlich in Europa [* 19] vorfallen, enthalten. Die Zahl der unehelichen Geburten ist hiernach in Deutschland, [* 20] in Österreich und den skandinavischen Staaten hoch und beträgt hier 10-15 Proz. der Geburten; am kleinsten ist sie in einigen kulturell niedriger stehenden Gegenden, wie z. B. den amerikanischen Staaten, auf dem Balkan, in Rußland und Kroatien-Slawonien, wo sie 1-5 Proz. beträgt; die übrigen Staaten stehen dann in der Mitte, so namentlich Frankreich, England, Italien mit 5-10 Proz. der Geburten.
2) Geschlechtsverhältnisse. Während bei den Geburten im allgemeinen die Knabengeburten die Mädchengeburten überwiegen, ist das Überwiegen der Knabengeburten bei den unehelichen Geburten geringer als bei den ehelichen; es entfallen auf 100 Mädchengeburten Knaben (ohne Totgeburten) in
überhaupt | Bei den unehel. | überhaupt | Bei den unehel. | ||
---|---|---|---|---|---|
Frankreich | 105 | 103 | Kroatien-Slaw. | 106 | 104 |
Belgien | 105 | 103 | Finnland | 105 | 103 |
Niederlande | 105 | 103 | Irland | 106 | 105 |
Italien | 106 | 104 | Massachussetts | 106 | 101 |
Rumänien | 111 | 103 | Rhode-Island | 105 | 91 |
Griechenland | 112 | 96 | Sachsen | 105 | 105 |
Spanien | 107 | 104 | Österreich | 106 | 106 |
Schweiz | 105 | 101 | Schweden | 105 | 105 |
Deutschland | 105 | 104 | Dänemark | 105 | 105 |
Preußen | 105 | 104 | England | 104 | 104 |
Bayern | 105 | 104 | Rußland | 105 | 106 |
Württemberg | 105 | 102 | Thüringen | 105 | 106 |
Baden | 105 | 104 | Serbien | 106 | 111 (?) |
Ungarn | 105 | 104 | Norwegen | 106 | 107 |
A. Bertillon sucht diese Erscheinung dadurch einigermaßen zu erklären, daß einerseits bei den unehelichen Geburten die Erstgeburten verhältnismäßig viel zahlreicher sind als bei den ehelichen, anderseits aber gerade bei den unehelichen Erstgeburten die Frucht viel seltener männlich ist als bei den ehelichen (vgl. 3). Möglicherweise rührt aber die geringere Zahl der Knabengeburten daher, daß von den Eltern der unehelichen Kinder der Mann weit häufiger jünger ist als bei den verheirateten Ehepaaren (vgl. 4).
3) Häufigkeit. Das eben erwähnte Verhältnis der Erstgeburten zu den sämtlichen ehelichen und unehelichen Geburten hat A. Bertillon an der Hand [* 21] ältern österreichischen Materials konstatiert. Während nämlich auf 100 erstgeborne 520 später geborne eheliche Kinder entfallen, kommen bei den unehelichen auf 100 nur 120. Es ist psychologisch erklärlich, daß eine ledige Frauensperson dem ersten unehelichen Kinde nicht so leicht ein zweites folgen läßt, abgesehen davon, daß der Geburt eines unehelichen Kindes in vielen Fällen die Eheschließung folgt.
4) Alter der unehelichen Mütter. Während das Maximum der ehelichen Fruchtbarkeit vor dem 20. Lebensjahre liegt und dann allmählich abnimmt, so stehen die unehelichen Mütter viel häufiger im Alter von 20-25 Jahren und in einigen nordischen Ländern noch häufiger von 25 - 30 Jahren. In Sachsen [* 22] kamen 1876-80 auf je 100 Mütter jährlich:
Alter der Mütter | Kinder der Verheirateten | Kinder der Unverheirateten | |
---|---|---|---|
unter 20 | Jahren | 70.9 | 3.7 |
20-25 | Jahre | 54.9 | 9.0 |
25-30 | " | 43.8 | 8.3 |
30-35 | " | 33.2 | 5.5 |
35-40 | " | 24.7 | 3.5 |
über 40 | Jahre | 6.2 | 0.6 |
¶