Titel
Verjüngung
,
in der Biologie die Erneuerung oder Fortpflanzung eines Lebewesens ohne vorhergegangene geschlechtliche Erzeugung. Unter diesem Begriff faßt man indessen mannigfache, zum Teil recht verschiedene Vorgänge zusammen:
1) die Verjüngung
durch
Entwickelung von
Knospen,
[* 2]
Schößlingen,
Trieben,
Ranken etc., die in
Verbindung mit dem Mutterstock
bleiben (wie beim Neuergrünen der zwei- und mehrjährigen
Pflanzen, dem Weitersprossen der Stockkorallen etc.) oder sich
auch neu (wie
Stecklinge) einwurzeln können. So z. B. biegen sich die Brombeerranken abwärts, dringen
mit der
Spitze in den
Boden ein und schlagen dort
Wurzel;
[* 3] ebenso biegt sich der nichtblühende Mittelzweig
des dreiteiligen
Stengels der Männertreu
(Veronica Chamaedrys) im
Herbst zum
Boden und erzeugt durch Einwurzelung eine neue
Pflanze.
Bei vielen tropischen Pflanzen, z. B. bei dem auf Bäumen keimenden heiligen Feigenbaum (Ficus religiosa), verjüngt sich der Stamm durch senkrecht herabsteigende Luftwurzeln, die zu ebenso vielen Stämmen und säulenförmigen Trägern des weit ausgebreiteten Laubdaches auswachsen. In andern Fällen lösen sich die Knöspchen (Sporen, Knollen, [* 4] Zwiebelchen) freiwillig von der Mutterpflanze ab und wurzeln selbständig im Boden, z. B. beim Scharbockkraut (Ranunculus Ficaria);
2) die Verjüngung
durch Selbstteilung bei nachheriger oder schon vorher begonnener
Sprossung findet sich namentlich bei niedern
Pflanzen
und
Tieren, z. B. bei den
Arten des
Süßwasserpolypen
(Hydra), welche pflanzenartig
Knospen bilden, die sich
ablösen und selbständig leben, bei
Hydroidpolypen, aus denen
Medusen absprossen, bei
Ringelwürmern, namentlich Naiden, die
sich durch
Sprossung verlängern und dann in zwei und mehr Individuen zerfallen, bei
Seesternen und andern
Stachelhäutern,
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die sich freiwillig in mehrere Stücke teilen und sich dann durch Neusprossung zu ebenso vielen vollständigen Individuen ergänzen.
3) Hat man auch das Auftreten niederer Tiere in immer neuen, veränderten Gestalten (s. Metamorphose) sowie die Häutung, Mauserung,
Geweiherneuerung der Tiere etc. zu den Verjüngung
serscheinungen gerechnet, ja manche Biologen, wie z. B.
Schultz-Schultzenstein, betrachteten alles Weiterwachstum durch Hinzufügung gleichartiger Glieder
[* 6] als Verjüngung
, und im weitern Sinn
gehört auch die geschlechtliche Fortpflanzung hierher, die das Lebewesen auf seine Anfangsstufe zurückführt.
Vgl. A. Braun, Betrachtungen über die Erscheinung der in der Natur (Leipz. 1851), und die einschlägigen Schriften von Schultz-Schultzenstein (s. d.).