Verfassung
,
s. Staatsverfassung.
Verfassung
4 Seiten, 3'144 Wörter, 22'807 Zeichen
Im Meyers Konversations-Lexikon, 1888
Verfassung,
s. Staatsverfassung.
Im Das Lexikon des Zeitungslesers, 1951
Verfassung.
Gesamtheit aller Grundsätze, die das wirtschaftliche, soziale, kulturelle und politische Leben eines
Volkes regeln. Die Verfassung
umschreibt vor allem die Zuständigkeitsbereiche der verschiedenen Organe des Staates und die
Freiheitsrechte der Bürger.
Im Brockhaus` Konversationslexikon, 1902-1910
Verfassung
und Verwaltung. B. ist eine im Mannsstamme und in direkter Linie erbliche und konstitutionelle Monarchie
im Vasallenverhältnisse zur Hohen Pforte. Die Verfassung
vom 16./28. April 1879 wurde 15./27. Mai 1893 revidiert. Die Fürstenwürde
ist von der Nationalversammlung in Tirnova am 17./29. April 1879 durch Zuruf einstimmig dem Prinzen Alexander
von Battenberg und nach dessen Rücktritt am ebenfalls in Tirnova einstimmig dem Prinzen Ferdinand von Sachsen-Coburg
übertragen, der am 14. Aug. desselben Jahres nach geleistetem Eid auf die Verfassung
als Ferdinand I. die
Regierung antrat. Der Fürst (Knjas) führt in amtlichen Urkunden den Titel Carsko Visočestvo, d.h. Königliche
[* 3] (nicht Kaiserliche)
Hoheit und residiert in Sofia. Die Nationalversammlung (Narodno sobranie) besteht
¶
720 aus 161 Abgeordneten, je einer auf 20000 E., durch direkte Wahlen bei allgemeinem Stimmrecht vom Volke gewählt. Die für
fünf Jahre gewählten Abgeordneten müssen 30 J. alt sein sowie lesen und schreiben können. Aktive Militärpersonen, Mönche
und Beamte im betreffenden Wahlbezirke sind nach dem Wahlgesetz vom 17./29. Dez. 1880 nicht wählbar. Die
Wähler müssen 21 J. alt sein. Die Nationalversammlung tritt nach der Verfassung jährlich einmal zusammen, und zwar vom 15. Okt. bis 15. Dez. Für
außerordentliche Fälle sind außerordentliche Sitzungen vorgesehen. In bestimmten Fällen, namentlich wenn die Verfassung
abgeändert werden soll, oder zur Wahl eines neuen Fürsten oder zur Einsetzung einer Regentschaft während
der Minderjährigkeit des Fürsten (majorenn mit 18 Jahren), muß die sog. Große Nationalversammlung (Veliko narodno sobranie)
zusammenberufen werden, die doppelt so stark ist als die der gewöhnlichen Nationalversammlung.
Alle Staatsangehörigen sind gleich vor dem Gesetze, nachdem schon die türk. Herrschaft alle Standesvorrechte (mit Ausnahme des Klerus) aufgehoben hatte; der Adel darf nicht verliehen werden. Die Minister sind dem Fürsten und der Nationalversammlung verantwortlich. An der Spitze der Verwaltung stehen 8 Ministerien: des Krieges, des Äußern (des Kultus), des Innern, der Finanzen, der Justiz, des Unterrichts, des Handels (des Ackerbaus und der Industrie) und der öffentlichen Arbeiten und Verkehrswege.
Das Land ist in 22 Kreise [* 5] (okrug) eingeteilt; davon 16 im Fürstentum (Sofia, Trn, Köstendil, Vidin, Lom, Braca, Plevna, Loveč, Seljvi, Šistov, Tirnova, Rustschuk, Razgrad, Silistria, Schumen [türk. Schumla], Varna), 6 im ehemaligen Ostrumelien (Philippopel, Tatar-Pazardžik, Chasköi, Stara-Zagora [türk. Eski-Zagra, Slivno, Burgas). Jeder Kreis [* 6] zerfällt wiederum in mehrere Bezirke (okolija), im ganzen in 84 Bezirke. An der Spitze des Kreises steht ein Kreisdirektor (okružni upravitel) mit einem Kreisrate.
Der Kreisrat (okružni sojet) besteht aus 1 Präsidenten, 4 wirklichen und 4 Ehrenmitgliedern. Dieselben werden von den Wahlmännern des Distrikts gewählt und vom Fürsten bestätigt. An der Spitze jedes Bezirks steht ein Bezirksamtmann. Justiz. Die Justizpflege wird von einem Kassationsgerichtshofe in Sofia (1 Präsident, 1 Vicepräsident, 4 Mitglieder), 4 Appellationsgerichtshöfen (Sofia, Rustschuk, Tirnova, Philippopel mit je 6–5 Mitgliedern) und einer größern Zahl Kreisgerichte (okružni sud) mit je 6 oder 4 Mitgliedern wahrgenommen.
Für Bagatellprozesse bis zu 600 Frs. ist das Institut endgültig entscheidender Friedensgerichte (mirovi
sud) vorläufig eingeführt. Die provisorische russ. Administration der Occupation hat eine Civilprozeßordnung und eine Strafprozeßordnung
ausgearbeitet. Diese Gesetze bilden die Grundlage des heutigen Prozeßrechts B.s, ändern somit die dieses Gebiet
betreffenden
Teile der ottomanischen Gesetze ab. Die erwähnten russ. Prozeßgesetze sind von der Nationalversammlung
abgeändert worden, und diese abgeänderten Gesetze bilden jetzt die Gerichtsverfassung
und Prozeßordnung B.s.
Was das Recht und die Rechtspflege anbelangt, so gelten in allen andern als den oben angegebenen Punkten die ottomanischen Gesetze, wie sie in der Sammlung von Aristarchi-Bei enthalten sind. Somit ist z. B. der türk. Code pénal geltendes Strafgesetzbuch für das Fürstentum B. Doch wurde von der Nationalversammlung ein Strafgesetzbuch für die Friedensrichter ausgearbeitet; dasselbe enthält Bestimmungen über Übertretungen und ist eine Vervollständigung des oben genannten Code pénal.
Finanzen. Nach dem Budget für 1893 betrugen die Einnahmen und Ausgaben je 89369334 Frs. Die direkten Steuern waren auf 41,38 Mill., die indirekten Steuern und Zölle auf 19,18 Mill., andere Einnahmen auf 28,80 Mill. Frs. veranschlagt. Die öffentliche Schuld verzehrte 14,14 Mill., das Heer 23,24, die Finanzen 18,42, die Justiz 5,6, Kultus und Auswärtiges 6,2 Mill. Frs. Für die innere Verwaltung des Landes werden 10,03 und für den Unterricht 9,92 Mill. aufgewendet.
Armee. Nach dem Gesetz vom 18./30. Dez. 1880 ist jeder Bulgare vom vollendeten 20. Jahre an für 10 Jahre dienstpflichtig, davon 2 Jahre in der aktiven Armee und 8 Jahre in der Reserve. Die Armee bestand 1890 aus 24 Infanterieregimentern zu 2 Bataillonen, 1 Schwadron Leibgarde-Kavallerie, 4 Regimentern Kavallerie zu 4 Schwadronen, 6 Regimentern Artillerie zu 4 Batterien, 2 Artillerie-Ersatzabteilungen, 2 Belagerungsbatterien, 1 Regiment Genietruppen zu 3 Bataillonen, 1 Disciplinarcompagnie, zusammen mit einer Friedensstärke von 1604 Offizieren, 34203 Mann und einer Kriegssollstärke von 2304 Offizieren, 122703 Mann. Die Flotte besteht aus 1 Jacht, 3 Dampfern, 4 Dampfschaluppen und 2 Torpedofahrzeugen, mit 12 Offizieren und 334 Mann. Die Offiziere werden ausgebildet auf der Kriegsschule von Sofia. Die Nationalfarben B.s sind Weiß, Grün, Rot in horizontaler Streifung. (S. Tafel: Flaggen [* 7] der Seestaaten.)
Das Wappen des Fürstentums zeigt einen von einer Königskrone bedeckten Schild; [* 8] dieser Schild selbst zeigt in rotem Feld einen schreitenden gekrönten goldenen Löwen. [* 9] Als Schildhalter dienen zwei goldene Löwen, deren jeder mit der linken Pranke ein weiß-grün-rot quer geteiltes Bannerfähnlein hält. Das Ganze wird umschlossen von dem roten königl. Wappenzelt, das wie der Schild gekrönt und auf dem Baldachin mit goldenen Krönchen besetzt ist. Es giebt zwei vom Fürsten Alexander gestiftete Orden, [* 10] den Alexanderorden und den Militärverdienstorden, und einen vom Fürsten Ferdinand 1891 gestifteten Civilverdienstorden sowie 2 Medaillen. ¶
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Verfassung
und Verwaltung. G. bildet einen konstitutionellen monarchischen Staat. Nach der revidierten Verfassung vom besteht das Einkammersystem mit vierjähriger Legislaturperiode, jährlichen Sessionen, allgemeinem, direktem Wahlrecht (150 Abgeordnete). Zur Wählbarkeit sind 30, zum aktiven Wahlrecht 21 Lebensjahre erforderlich. Die Krone vererbt in der legitimen Nachkommenschaft Georgs I. mit Bevorzugung der männlichen Nachkommen; jeder Nachfolger muß der griech. Kirche angehören.
Wird der Thron [* 11] vakant, so schreitet die Kammer zur Wahl einer Regentschaft und wird binnen zwei Monaten eine Versammlung mit einer den Abgeordneten gleichen Anzahl von Vertretern berufen, die, mit der Kammer vereinigt, zur Königswahl zu schreiten hat. Ein permanentes Regentschaftsgesetz für den Fall der Abwesenheit des Königs besteht nicht, deshalb wird in jedem einzelnen Falle ein Specialgesetz von der Kammer votiert. Die Civilliste beträgt für König und Kronprinzen 1,32 Mill. Drachmen.
Der Titel des Monarchen ist «König der Hellenen». Die Staatsangelegenheiten werden von sieben Ministern (Inneres, Äußeres, Krieg, Marine, Justiz, Kultus und Unterricht, Finanzen) besorgt; ein achtes Ministerium für Verkehrswesen ist beschlossen. Der König beruft, vertagt die Kammer, löst sie auf, ernennt und entläßt die Minister, deren Verantwortlichkeit durch Gesetz von 1876 geregelt wird. Die Verfassung kann nur in ihren nichtfundamentalen Teilen abgeändert werden, und zwar auf Beschluß einer Dreiviertelmehrheit in zwei aufeinander folgenden Legislaturperioden.
Adelstitel sind nach der Verfassung nicht zulässig. Als höchstes Gericht fungiert der Kassationshof (Areopag) zu Athen; [* 12] außerdem giebt es fünf Appellationsgerichte (Athen, Patras, Nauplia, Korfu, [* 13] Larissa) und soviel Gerichte erster Instanz und Handelsgerichte als Verwaltungsbezirke, außer diesen aber noch zu Amphissa (Photis), Pyrgos (Elis), Leukas (Sta. Maura), Kyparissia (Messenien) und Volos (Thessalien), endlich Friedensrichter nach franz. Muster in jedem Distrikt. Für Verbrechen sowie für Vergehen der Presse [* 14] und gegen den Staat bestehen Geschworenengerichte.
G. zerfällt in 16 Verwaltungsbezirke (Nomoi), diese in 440 Bürgermeistereien (Demen). Die Nomen sind:
Bevölkerung | |||||
---|---|---|---|---|---|
Nomen | qkm | Zu- | Männ- | Weib- | Auf |
sammen | lich | lich | 1 qkm | ||
Achaja und Elis | 5075 | 210713 | 113093 | 97620 | 41 |
Akarnania und Ätolia | 7489 | 162020 | 84214 | 77806 | 21 |
Argolis u. Korinth | 5244 | 144836 | 72753 | 72083 | 27 |
Arkadia | 4301 | 148285 | 75199 | 73086 | 34 |
Arta | 1390 | 32890 | 16516 | 16374 | 26 |
Attikoviotias | 6306 | 257764 | 140374 | 117390 | 41 |
Cykladen | 2695 | 131508 | 66356 | 65152 | 49 |
Euböa | 4199 | 103442 | 53269 | 50173 | 24 |
Kephallenia | 815 | 80178 | 38525 | 41653 | 98 |
Kerkyra | 1092 | 114535 | 59223 | 55312 | 105 |
Lakonia | 4240 | 126088 | 60725 | 65363 | 30 |
Larissia | 6540 | 168034 | 89516 | 78518 | 26 |
Messenia | 3341 | 183232 | 97364 | 85868 | 55 |
Phthiotis u. Phokis | 6084 | 136470 | 68136 | 68334 | 22 |
Trikala | 5870 | 143143 | 75029 | 68114 | 25 |
Zakynthos | 438 | 44070 | 23333 | 20737 | 101 |
Zusammen | 65119 | 2187208 | 1133625 | 1053583 | 24 |
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Das Wappen G.s ist ein Schild, der ein schwebendes silbernes, griech. Kreuz [* 16] im blauen Felde zeigt und von zwei wilden Männern gehalten wird; um den Schild, auf welchem eine mit roter Mütze ausgefütterte goldene Königskrone ruht, ist der griech. Erlöserorden an weißgerändertem hellblauem Band [* 17] gehängt. Unter dem Schild trägt ein hellblaues Band die Devise [griechischer Text] (ischýs mu he agápe tu lău, «Meine Macht beruht auf der Liebe des Volks»). Die Nationalfarben sind blau und weiß. Die Kriegs- und Handelsflagge enthält fünf blaue und vier weiße abwechselnde Horizontalstreifen mit einem weißen Kreuze und Krone in blauem Felde in der obern Ecke. (S. Tafel: Flaggen, Bd. 6, S.862.) Der einzige Landesorden ist der Erlöserorden (s. d.).
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Seit 1890 hat J. eine konstitutionelle Verfassung. Der Kaiser hat bedeutende Vorrechte: er behielt u.a. die Entscheidung über Organisation und Friedensstärke des Landheers und der Flotte, über Organisation der Civilverwaltung, über die Gehälter der Beamten u.s.w. Der Landtag (kokkai) besteht aus zwei Häusern, dem Herrenhaus (kizokuin) und dem Abgeordnetenhaus (shugiin). Das Herrenhaus besteht aus den männlichen Mitgliedern der kaiserl. Familie nach zurückgelegtem 20. Lebensjahre, aus den Mitgliedern der zwei ersten Adelsklassen, aus den auf sieben Jahre von ihren Verbänden gewählten Mitgliedern der drei folgenden Adelsklassen.
Die Mitglieder der Adelsklassen müssen wenigstens 25 J. alt sein. Außerdem können vom Kaiser noch Mitglieder aus den Höchstbesteuerten aus sieben Jahre oder solche Personen, die sich um das Land verdient gemacht haben, auf Lebenszeit berufen werden. Das Abgeordnetenhaus besteht aus 300 Mitgliedern. Die Einwirkung auf die Festsetzung des Budgets ist beschränkter als bei uns. Die aktive Wahlfähigkeit hängt ab von der Staatsangehörigkeit, dem Alter von 25 Jahren, einjährigem Wohnsitz in einem bestimmten Verwaltungsbezirk und der Zahlung von mindestens 15 Yen (etwa 50 M.) jährlichen Steuern.
Aktive Militärbeamte sind nicht wahlberechtigt. Die passive Wahlfähigkeit hängt ab von denselben Bedingungen, nur ist ein Alter von 30 Jahren nötig. Nicht wählbar sind Justiz- und Polizeibeamte, Priester und aktive Militärbeamte. Die Mitglieder gehen aus direkten Wahlen des Volks hervor. Die Wahlen finden alle vier Jahre statt; die jährlich stattfindenden Sessionen sollen höchstens drei Monate dauern. Außer den Reisekosten erhalten die Mitglieder beider Häuser je 800 Yen jährlich, doch fällt dieser Betrag bei Staatsbeamten weg. Persönliche Freiheit sowie Rede-, Preß- und Religionsfreiheit sind gewährt.
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und Verwaltung. Die Türkei [* 18] ist kein einheitliches Reich, kein organisches Staatswesen. Auch das Bestreben, die Verwaltung bureaukratisch zu centralisieren, vermochte die Teile des weit ausgedehnten Reichs nicht enger zu verknüpfen. Die alte Einteilung in Rumelien (europ. Türkei) und Anatolien (asiat. Besitzungen) findet ihren Ausdruck nur noch in der Ernennung je eines Kasiasker (Heerrichter) für beide Gebiete. Man unterscheidet:
1) unmittelbare Besitzungen in Europa, [* 19] Asien, [* 20] Afrika; [* 21]
2) tributpflichtige Vasallenstaaten. Die unmittelbaren Besitzungen der Türkei werden in Wilajets (Generalgouvernements) geteilt, die wiederum in Sandschaks oder Liwas (Regierungsbezirke) gegliedert sind. Das Sandschak zerfällt in Kaza (Kreise), welche von einem Kaimakam ¶
676 (Kreishauptmann) verwaltet werden, und jeder Kaza besteht aus Nahije (Kantonen), die von Mudirs geleitet werden. Unter dem Mudir stehen die Muchtâr (Dorfschulzen). Die Stadt Konstantinopel [* 23] ist ein besonderer Verwaltungsbezirk. Die 7 europ. Wilajets mit ihren Sandschaks sind:
Einw. in | Einw. in | ||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|
Wilajet | qkm | Tausend | Wilajet | qkm | Tausend | ||
Konstantinopel | 1100 | 650 | Monastir | 11400 | 350 | ||
Tschataldscha | 1900 | 50 | Korica | 3600 | 125 | ||
Konstantinopel | 3000 | 700 | Dibra | 3000 | 75 | ||
Adrianopel | 6600 | 250 | Elbassan | 1800 | 50 | ||
Kirk-Kilisse | 8300 | 150 | Servia (selbständ.) | 7500 | 150 | ||
Rodosto | 4600 | 100 | Monastir | 27300 | 750 | ||
Gallipoli | 4300 | 100 | Üsküp (Skopje) | 11700 | 275 | ||
Dedeaghatsch | 5300 | 150 | Priština | 5800 | 200 | ||
Gümürdschina | 9800 | 250 | Peč (Ipek) | 2600 | 100 | ||
Adrianopel | 38900 | 1000 | Prizren | 3900 | 175 | ||
Drama | 3000 | 100 | Kosowo | 24000 | 750 | ||
Seres | 12600 | 400 | Berat | 5500 | 175 | ||
Saloniki | 19800 | 700 | Argyrokastron | 3500 | 150 | ||
Saloniki | 35450 | 1200 | Liaskowik | 2400 | 100 | ||
Skutari | 8800 | 160 | Jannina | 5200 | 175 | ||
Durazzo (Drač) | 2900 | 65 | Préveza | 1600 | 50 | ||
Skutari | 11700 | 225 | Jannina | 18200 | 650 |
Für die asiat. Türkei berechnet neuerdings Cuinet:
Zahl der | Ein- | ||
---|---|---|---|
Wilajets | Sandschaks | qkm | wohner |
I. Kleinasien. | |||
Ismid (Mutessariflik) | 1 | 11130 | 247000 |
Khodawendikjar (Brussa) | 5 | 68000 | 1300000 |
Bigha (Mutessariflik) | 1 | 7500 | 129000 |
Dschesairi-Bahri-Sefid (Archipel) | 4 | 12860 | 326000 |
Kreta | 5 | 7640 | 294000 |
Samos (Fürstentum) | 1 | 600 | 485000 |
Aïdin (Smyrna) | 5 | 45000 | 1390000 |
Kastamuni | 4 | 50000 | 1009000 |
Angora | 4 | 83700 | 892000 |
Konia | 5 | 91600 | 1088000 |
Adana | 4 | 37500 | 402000 |
Siwas | 4 | 83700 | 996000 |
Trapezunt | 4 | 31300 | 1047000 |
II. Armenien und Kurdistan. | |||
Erzerum | 3 | 76700 | 645700 |
Ma-Muret und Dersim | 3 | 37800 | 575300 |
Diarbekr | 3 | 46800 | 471400 |
Bitlis | 4 | 29800 | 388600 |
Wan mit Halkiari | 2 | 40000 | 376200 |
III. Mesopotamien. | |||
Mosul | 3 | 75700 | 300000 |
Bagdad | 3 | 141200 | 850000 |
Basra mit El-Hasa | 4 | 42700 | 200000 |
IV. Syrien. | |||
Haleb | 3 | 78600 | 994600 |
Zor (Mutessariflik) | 1 | 100000 | 100000 |
Syrien | 3 | 62200 | 604000 |
Beirut | 5 | 30500 | 400000 |
Jerusalem (Mutessariflik) | 1 | 21300 | 333000 |
Libanon | 1 | 5700 | 245000 |
In Afrika zerfallen die türk. Besitzungen in die Wilajets Tripolis und Bengasi.
Das O. R. ist eine orient. Despotie, wenngleich eine Verfassung verkündigt wurde. Der Herrscher, Sultan oder Padischah (Großherr), vereinigt die höchste weltliche mit der höchsten geistlichen Gewalt, dem Chalifat. Die Thronfolge ist in der männlichen Linie des Hauses Osman erblich, und zwar geht die Souveränität jedesmal auf den ältesten Prinzen über. Die Unterthanen besitzen Freiheit der Person, das Recht der Zulassung zu allen öffentlichen Ämtern, falls sie der türk. Sprache [* 24] mächtig sind, und Gleichheit vor dem Gesetz. Staatsreligion ist der Islam, doch dürfen die anerkannten Kulte frei ausgeübt werden. Preßfreiheit besteht dem Namen nach. Das Parlament, ein Senat, dessen Mitglieder vom Sultan auf Lebenszeit ernannt werden, und ein Abgeordnetenhaus, zu welchem je 50000 Osmanen einen Deputierten auf 4 Jahre mittels geheimer Abstimmung wählen sollen, wurde nach zwei Sitzungen aufgelöst und ist nicht wieder berufen worden.
In der Regierung steht dem Sultan ein Ministerrat zur Seite, dessen Chef den Titel Großwesir (Sadrasam) führt. Seit 1878 wurde diese Benennung mit Premierminister (Basch-Wekil) vertauscht, aber seit 1882 für Said Pascha wieder eingeführt. Gleichen Rang besitzt der Scheich ul-Islam, der oberste Chef der moslem. Geistlichkeit und der Gesetzeskundigen, obwohl er selbst weder Priester noch Richter ist. An der Spitze der Verwaltung stehen außerdem die Staatsminister. Zu diesen gehören: der Minister des Innern, der Kriegsminister, der Minister der auswärtigen Angelegenheiten, der Minister der Marine, der Präsident des Staatsrats, einer seit 1868 nach franz. Muster gebildeten Behörde, der Minister der Justiz und des Kultus, der Minister der frommen Stiftungen, der des öffentlichen Unterrichts, der der Finanzen, der der öffentlichen Arbeiten, der des Handels, Ackerbaues und der Minen.
Daneben besteht noch ein Ministerium der Civilliste mit einer Kommission für die Verwaltung der kaiserl. Domänen, das Polizeiministerium und die Präfektur der Hauptstadt, Generaldirektion der Zölle und des Grundbuchwesens. Der Ministerrat (Diwan) versammelt sich wöchentlich im Gebäude der Hohen Pforte (Bab-i-Ali); fast alle Minister bedienen sich des Beirats eines Musteschar (Unterstaatssekretärs). Mit jedem Ministerium sind Kollegien mit beschlußfassender Befugnis verbunden; sie haben Vorlagen vorzubereiten und zu begutachten, bilden aber mehr ein Hindernis als ein Förderungsmittel der Reformen.
Die Beamten gliedern sich in drei Gruppen:
a. Diener des Gesetzes und des Kultus, die gelehrten Ausleger des Korans, welche Ulema genannt werden; b. die Beamten der Feder, d. i. des Verwaltungsfachs, und c. die Beamten des Säbels, d. i. des Heers und der Marine. Rang und Titel sind unabhängig vom Amte. Jede der drei Beamtenklassen und das Militär besitzt ihre besondere Rangordnung. Der Paschatitel ist mit einigen hohen Ämtern ohne weiteres verbunden. Dagegen ist der Scheich ul-Islam niemals Pascha, sondern Efendi. Im allgemeinen führt der Beamte den Titel Efendi, der Subalternbeamte und Unteroffizier den Titel Aga.
Doch gebührt der letztere auch den Palastbeamten. Unter diesen nimmt der Kyzlar-Agassy, der Chef der schwarzen Eunuchen, den höchsten Rang, den eines Muschirs, ein. Das Beamtenpersonal ging früher aus dem Übersetzungsbureau der Hohen Pforte hervor. Erst 1884 bestimmte Abd ul-Hamid II., daß nur solche Beamte künftig angestellt werden sollten, welche in der Mekteb-i-milkijê (Civilhochschule) oder der Rechtshochschule ihre Vorbildung erlangt hätten. Neuerdings ist eine École des langues eröffnet worden zur Ausbildung in den fremden Sprachen. Die allgemeine Bildung hat sich durch Gründung von Schulen nach franz. Muster gehoben. Auch Mädchenschulen sind errichtet worden.
Das türk. Reichswappen ist ein roter Schild mit wachsendem Sichelmond und Stern zwischen den Hörnern in Silber. An Stelle dieses Wappens ¶
wird gewöhnlich die Tughra gebraucht, der zur Gestalt einer offenen Hand [* 26] verschlungene Namenszug des regierenden Sultans. Die Kriegsflagge ist rot mit weißem Halbmond und Stern, die Handelsflagge ist horizontal gestreift: rot, grün ,rot. (S. Tafel: Flaggen der Seestaaten, beim Artikel Flaggen.) – Die Türkei besitzt folgende Orden:
1) den Nischani iftichar (Orden des Ruhmes), gestiftet, mit vier Klassen; 2) den Medjidie-Orden (s. d.); 3) den Osmanié-Orden (s. d.); 4) den Schefakat- (Barmherzigkeits-) Orden in | drei Klassen, 1880 gestiftet und zur Verleihung an Damen bestimmt; 5) den Nischan-i-Imtias und die goldene und silberne Medaille zum Imtias-Orden (1879); 6) den Khanedani-al-Osman-Orden, gestiftet 31. Aug. 1893 in einer Klasse für Verdienste um den Sultan. |
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Im Brockhaus` Konversationslexikon, 1902-1910
bei Vereinen, Korporationen, Genossenschaften u. s. w. das Grundgesetz oder Statut, sofern es die maßgebenden Bestimmungen darüber enthält, wer die Gesamtheit nach außen vertritt, über die Kompetenz des Vorstandes in ihrem Verhältnis zur Gesamtheit und zu den Einzelnen, ihre Einschränkung durch Beschlüsse der Gesamtheit, wie diese Beschlüsse der Gesamtheit gefaßt werden u. s. w. Im Staate bedeutet Verfassung im eigentlichen Sinne den Rechtszustand und die Einrichtungen eines Staates, soweit sie das Subjekt der höchsten Gewalt im Staate und die Ausübung der Staatsgewalt betreffen. In diesem Sinne hat jeder Staat eine Verfassung, wie immer dieselbe geartet sein mag. In einem eigentümlichen Gegensatz steht die Verfassung in diesem Sinne zur Verwaltung, sofern man dabei die Verwaltung im engern Sinne (s. Verwaltungssachen) und die Justiz zusammenfaßt.
In einem andern Sinne bezeichnet man mit Verfassung die Kodifikation des öffentlichen Rechts, die Verfassungsurkunde (Konstitution). Daß eine solche nicht wesentlich ist, wird durch das Beispiel Englands erwiesen. Bei dem Übergang der Staaten aus der Staatsform der absoluten Monarchie zur sog. konstitutionellen war es aber notwendig, die Rechte des Oberhauptes und der Volksvertretung und ihr gegenseitiges Verhältnis zu bestimmen und die wichtigsten Grundsätze des öffentlichen Rechts zu formulieren.
Die Einführung dieser Verfassungsform war daher überall verbunden mit der Abfassung einer Verfassungsurkunde. Infolgedessen entstand der Sprachgebrauch, mit Verfassung das Staatsgrundgesetz zu bezeichnen und unter Verfassung kurzweg die konstitutionelle Verfassung zu verstehen. In diesem Sinne spricht man von der Einführung, Abänderung, Aufhebung einer Verfassung, von Garantien derselben u. s. w. Von andern Gesetzen unterscheiden sich Verfassung nicht dadurch, daß sie eine höhere Kraft, [* 27] eine besondere Heiligkeit oder einen besondern jurist.
Charakter haben; meist ist aber die Abänderung der an eine erschwerende Form gebunden und zwar entweder an eine größere Majorität (zwei Drittel oder drei Viertel), oft in Verbindung mit einer höhern Beschlußfähigkeitsziffer oder an das Erfordernis einer wiederholten Abstimmung innerhalb eines bestimmten Zwischenraums. Über die deutsche Reichsverfassung s. Deutschland [* 28] (und Deutsches Reich, Staatsrechtliches). Eine gute Sammlung der deutschen Verfassungsurkunden bietet das Handbuch von Stoerk (Lpz. 1884) und Binding, Deutsche [* 29] Staatsgrundgesetze in diplomatisch genauem Abdrucke (Heft 1–7, ebd. 1893–94).