Vereinswesen.
Unter Vereinen versteht man Verbindungen von Menschen zur Erreichung dauernder gemeinschaftlicher Zwecke, bei denen der Eintritt und Austritt der Mitglieder von ihrem Willen abhängig ist. Den Gegensatz bilden Verbände, welche durch Natur oder zwingende Rechtsvorschriften gegeben sind, wie Familie, Gemeinde, Staat u. dgl. Regelmäßig heißen Vereine nur solche Verbindungen, welche eine unbestimmte Mitgliederzahl haben und einen Wechsel der Mitglieder zulassen im Gegensatz zu geschlossenen Gesellschaften. Im übrigen umfaßt der Begriff alle Verbindungen mit den verschiedenartigsten Zwecken und Organisationsformen. Es giebt Vereine mit rein privatrechtlichen Zwecken, wie die Konsum- und die zahllosen geselligen Vereine, dann Vereine, die lediglich gemeinnützige Zwecke verfolgen.
Oesterreich ob der Enn

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Österreich.Die Vereine sind Korporationen (s. d. und Juristische Person), wenn sie als solche durch das Gesetz anerkannt sind, oder wenn ihnen die jurist. Persönlichkeit besonders erteilt ist. In Österreich [* 2] ist die Erteilung von Korporationsrechten an Vereine weder vorgeschrieben noch üblich. Strafrechtlich ist die Bildung von Vereinen und die Mitgliedschaft bei solchen verboten, wenn sie unerlaubte Zwecke verfolgen (§. 129 des Reichsstrafgesetzbuchs). Ferner sind Vereine verboten, deren Dasein, Verfassung und Zweck vor der Staatsregierung geheimgehalten werden soll oder in welchen gegen unbekannte Obere Gehorsam oder gegen bekannte Obere unbedingter Gehorsam versprochen wird (§. 128 des Reichsstrafgesetzbuchs).
Außerdem sind die Vereine verwaltungsrechtlichen Beschränkungen im Interesse der öffentlichen Sicherheit unterworfen (sog. öffentliches oder Vereinspolizeirecht). Auch zur Regelung dieser Verhältnisse ist das Reich nach Art. 4 der Reichverfaßung kompetent; es hat aber bisher nur in dem Socialistengesetz Gehrauch hiervon gemacht, indem der Bundesrat bisher für ein allgemeines Vereinsgesetz vom Reichstag nicht zu gewinnen war (letzter Versuch 1896). In allen andern Beziehungen gelten vorläufig noch die Landesgesetze, die von sehr verschiedenen Gesichtspunkten ausgehen und die Vereine teils einer Genehmigung, teils einer Kontrolle, teils einer Auflösungsbefugnis der Verwaltungsbehörde unterwerfen.
Verein zur Förderung d

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Seite 66.261.Gewöhnlich sind diese Vorschriften auf bewaffnete und polit. Vereine beschränkt. Poln. Vereine sind solche, welche Angelegenheiten unter dem Gesichtspunkt ihrer Beziehung zu Staat und öffentlichen Selbstverwaltungskörpern betrachten. Am gab der Reichskanzler im Reichstag die Erklärung ab, die Regierungen würden die vom Reichstag gewünschte Beseitigung des Verbots der Verbindung von polit. Vereinen im Wege der Landesgesetzgebung herbeiführen. Es gab dies Preußen [* 3] Anlaß zu dem Versuch (1897), das Vereinsgesetz vom auch noch in anderer Richtung, und zwar mit der Absicht erheblicher Erweiterung der diskretionären Befugnis der Polizeibehörden, abzuändern. In Elsaß-Lothringen [* 4] gilt noch das franz. Recht, wonach alle Vereine von mehr als 20 Mitgliedern der Genehmigung des Bezirkspräsidenten unterliegen, der sie nach Gutdünken ¶
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versagen, an Bedingungen knüpfen und jeder Zeit zurückziehen kann. Besondere Vorschriften bestehen für die studentischen Vereine, bei denen die akademischen Behörden ein Aufsichts- und Auflösungsrecht haben. Viele Vereine sind mit Rücksicht auf ihren gemeinnützigen Zweck privilegiert und erhalten Zuschüsse aus öffentlichen Fonds; dafür sind sie bisweilen einer Kontrolle der Verwaltungsbehörden hinsichtlich der Verwendung ihrer Geldmittel unterworfen.
Nach dem Deutschen Bürgerl. Gesetzb. §§. 23-79 erlangen Vereine zu gemeinnützigen, wohlthätigen, wissenschaftlichen, künstlerischen oder andern nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichteten Zwecken bei Sitz im Inland Rechtsfähigkeit (d. h. sie werden Korporationen) durch Eintrag in das Vereinsregister (wie es bereits in Sachsen [* 6] bestand) des zuständigen Amtsgerichts (eingetragene Vereine). Vereine, deren Hauptzweck ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb ist, erlangen Rechtsfähigkeit in Ermangelung besonderer reichsgesetzlicher Vorschriften (Innungen, gewerbliche Hilfskassen, Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften u. s. w.) durch die staatliche Verleihung des Bundesstaates, in welchem sie ihren Sitz haben.
Vereinen, die ihren Sitz in keinem Bundesstaate haben (Vereine in Schutzgebieten), kann durch den Bundesrat juristische Persönlichkeit verliehen werden. Die Eintragung in das Vereinsregister darf nur erfolgen, wenn die Zahl der Mitglieder mindestens sieben beträgt (§. 56). Die Verfassung jedes Vereins wird, soweit sie nicht auf dem Gesetz beruht, durch die Satzung bestimmt (§. 25). Die Satzung des eingetragenen Vereins muß den Zweck, Namen und Sitz des Vereins enthalten und ergeben, daß der Verein eingetragen werden soll (§. 57). Die Satzung soll Bestimmungen enthalten über Eintritt und Austritt der Mitglieder, darüber, ob und welche Beiträge sie zu leisten haben; über die Bildung des Vorstandes, welchen jeder Verein haben muß (§. 26); über Voraussetzungen und Form der Berufung der Mitgliederversammlung und über die Beurkundung ihrer Beschlüsse (§. 58). Der vom Vorstande zu bewirkenden Anmeldung müssen beiliegen: die Satzung in Ur- und Abschrift und eine Abschrift der Urkunden über die Vorstandsbestellung.
Die Satzung soll von mindestens 7 Mitgliedern unterzeichnet sein und die Angabe des Tages der Errichtung enthalten. Eine Anmeldung, welche dieser Form nicht genügt, ist zurückzuweisen. Die korrekte Anmeldung hat das Amtsgericht der Verwaltungsbehörde mitzuteilen. Diese kann gegen die Eintragung Einspruch erheben, wenn der Verein nach dem öffentlichen Vereinsrecht unerlaubt ist oder verboten werden kann, oder wenn er einen polit., socialpolit. oder religiösen Zweck verfolgt.
Unberührt vom Bürgerl. Gesetzbuch bleiben landesgesetzliche Vorschriften, nach welchen Religionsgesellschaften sowie geistliche Gesellschaften Korporationsrechte nur durch besonderes Gesetz erlangen (Einführungsgesetz Art. 84). Wird Einspruch erhoben, so hat ihn das Amtsgericht dem Vorstande mitzuteilen. Der Einspruch kann im Wege des Verwaltungsstreitverfahrens, wo ein solches nicht besteht, im Wege des Rekurses nach Maßgabe der Gewerbeordnung §§. 20, 21 angefochten werden.
Wenn Einspruch binnen 6 Wochen nicht erhoben oder derselbe verworfen wird, ist der Verein einzutragen und die Eintragung zu veröffentlichen (§. 66). Sinkt die Zahl der Vereinsmitglieder unter drei herab, so ist dem Verein die Rechtsfähigkeit vom Amtsgericht zu entziehen (§. 73). Jeder Verein kann durch Beschluß der Mitgliederversammlung mit drei Viertel Majorität der Erschienenen aufgelöst werden; er verliert die Rechtsfähigkeit durch Konkurs (§§. 41, 42), auch kann sie ihm entzogen werden, wenn er durch gesetzwidrige Beschlüsse der Mitgliederversammlung oder durch gesetzwidriges Verhalten des Vorstandes das Gemeinwohl gefährdet.
Bayern

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Bayern.Einem Verein, dessen Zweck nach dem Statut nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist, kann die Rechtsfähigkeit entzogen werden, wenn er solchen verfolgt; ebenso einem Verein, welcher entgegen seiner Satzung einen polit., socialpolit. oder religiösen Zweck verfolgt. Das Verfahren ist ebenso geregelt wie bei dem Rechtsmittel gegen den Einspruch (§. 44). Das Gesetzbuch bestimmt ferner über das Schicksal des Vereinsvermögens nach Auflösung oder Entziehung der Rechtsfähigkeit (§§. 45, 46), die Liquidation (§§. 47-53, 76, 77), Satzungsänderung (§. 33, 71), Mitgliedschaft (§. 38), Mitgliederversammlung (§§. 32, 36, 37), Sonderrechte der Mitglieder (§. 35). Der Verein ist für den Schaden verantwortlich, welchen ein verfassungsmäßig berufener Vertreter durch eine in Ausführung der ihm zukommenden Verrichtungen begangene, zum Schadenersatz verpflichtende Handlung einem Dritten zufügt (§. 31). Die allgemeinen Vorschriften des Bürgerl. Gesetzbuches über Vereine (nicht über eingetragene Vereine) von §§. 25-53 gelten vom an auch für schon bestehende Vereine außer in Bayern [* 7] und Sachsen (Einführungsgesetz Art. 163).
Der Ausdruck internationale Vereine wird verwendet erstens für Vereine, deren Mitglieder verschiedenen Völkern angehören, zweitens für Vereine von Staaten (Weltpostverein, Allgemeiner Telegraphenverein u. s. w.). -
Vgl. Ball, Das Vereins- und Versammlungsrecht in Deutschland [* 8] (Berl. 1894);
Bürner, Das österr.