Verband
,
Verbänderung - Verbann

* 2
Verband.
[* 2] eine mittels
Binden kunstgerecht ausgeführte
Bedeckung oder Einwickelung verwundeter, gequetschter, gebrochener
oder entzündeter Körperteil.
Alles, was sich auf den Verband
von
Wunden und
Quetschungen bezieht, s. unter
Wunde. Es bleiben dann
als Verbände im engern
Sinn diejenigen chirurgischen Hilfsmittel übrig, mit welchen sich die
Desmologie
(Verband
lehre) beschäftigt, und die eine Vereinigung von gebrochenen
Knochen,
[* 3] von verrenkten
Gelenken, eine
Befestigung und
ruhige
Lage operierter, entzündeter oder verkrümmter
Glieder
[* 4] zum
Zweck hat. Entweder bedient man sich zur Anlegung eines Verbandes
wollener, 3-8
cm breiter
Binden, welche in kunstgerechter
Weise an jeder Körperstelle in besonders für
diese passender Art angelegt werden, z. B. am
Kopf als
Mitra Hippocratis,
[* 5] am
Schulter und Hüftgelenk als
Spica humeri oder coxae,
an der
Brust als
Suspensorium mammae, am
¶
mehr
Schlüsselbein als Dessaultscher Verband
(Fig. 1), am Knie als Testudo
[* 7] (Fig. 2), am Arm als Dolabra
[* 2]
(Fig. 3) oder Involutio
[* 2]
(Fig.
4), am Fuß als Stapes
[* 2]
(Fig. 5), an der Hand
[* 8] als Spica manus
[* 2]
(Fig. 6) oder pro excisione digiti
[* 2]
(Fig. 7). Oder man fügt
den Binden noch andre Hilfsmittel hinzu, wenn es darauf ankommt, einen festen, dauerhaften Verband
zu
erzielen, welcher gewaltsam das Glied
[* 9] in unverrückter Lage halten soll. Ein solcher fester Verband
wird entweder dadurch hergestellt,
daß man Schienen, d. h. Streifen von Pappe, Holz,
[* 10] Guttapercha, Blech, Drahtgeflecht, mit Binden um den gebrochenen Teil befestigt,
oder daß man die Binden selbst, namentlich Gazebinden, mit einer erhärtenden Flüssigkeit, Kleister, Leim,
Wasserglas etc., tränkt oder bestreicht.
Hierher gehört auch der Gipsverband (s. d.), zu welchem man Gazebinden, die mit Gipsmehl imprägniert und angefeuchtet werden, sowie dünnen Gipsbrei benutzt, mit welchem man die bereits angelegten Bindentouren bestreicht. Bei der Behandlung der Knoten- und Gelenkkrankheiten spielen außerdem gewisse mechanische Einrichtungen eine große Rolle, welche im allgemeinen die Bestimmung haben, das kranke Glied und die einzelnen Teile desselben dauernd in einer ganz bestimmten Lage zu erhalten.
Ausdehnung (der festen

* 11
Ausdehnung.
Dahin gehören die Stroh- und Holzladen, die Drahthosen, die Schweben, die Streckapparate etc. Die komplizierten
Einrichtungen dieser Art pflegt man als Bandagen oder Maschinen zu bezeichnen. Endlich werden Verbände
benutzt, um wassersüchtigen und entzündlichen Anschwellungen der Glieder, übermäßiger Ausdehnung
[* 11] der Venen etc. entgegenzuwirken.
Man nennt dies einen Repulsivverband.
Er besteht einfach darin, daß man eine Leinwand oder Flanellbinde, von den Zehen und
Fingern anfangend, in Kreistouren um das kranke Glied herumführt, bis man am Rumpf angekommen ist.
Ein solcher Verband
muß auf den betreffenden Teil einen angemessenen Druck ausüben. Im allgemeinen darf der Verband
, seltene Fälle
ausgenommen, auf die betreffenden Teile keinen erheblichen Druck ausüben und daher nicht zu fest angelegt werden. Namentlich
darf er nie so fest liegen, daß die Nerven
[* 12] und Gefäße gedrückt, das Gefühl abgestumpft und die Zirkulation
des Bluts gehindert wird. Ein zu fester Verband
muß sofort abgenommen werden, auch wenn er noch so mühsam anzulegen
war, da sonst brandiges Absterben der eingeschnürten Glieder, an Fingern greifenklauenähnliche Verkrümmungen, Lähmungen und
in jedem Fall heftige Schmerzen die Folge sind.
Festigkeit [unkorrigie
![Bild 56.705: Festigkeit [unkorrigiert] Bild 56.705: Festigkeit [unkorrigiert]](/meyers/thumb/56/56_0705.jpeg)
* 13
Festigkeit.
Feste Verbände läßt man wochen- und selbst monatelang liegen, immer aber nur so lange, als sie wirklich notwendig
sind. Bei Knochenbrüchen müssen stets die beiden Gelenke, welche über und unter der Bruchstelle liegen, mit in den Verband
hereingezogen
werden, weil sonst nicht die nötige Festigkeit
[* 13] des letztern herzustellen ist.
Vgl. außer den Lehrbüchern
der Chirurgie: Ceßner, Handbuch der chirurgischen Instrumenten- und Verband
lehre (3. Aufl., Wien
[* 14] 1863);
Troschel, Chirurgische
Verband
lehre (8. Aufl., Berl. 1881);
Ravoth, Kompendium der Bandagenlehre (das. 1870);
Emmert, Verband
lehre (2. Aufl., Bern
[* 15] 1871);
Bruns, Chirurgische Heilmittellehre (Tübing. 1873);
Esmarch, Der erste Verband
auf dem Schlachtfeld (2. Aufl.,
Kiel
[* 16] 1870);
Fischer, Handbuch der Verbandlehre (2. Aufl., Stuttg. 1884);
Heineke, Kompendium der Operations- und Verbandlehre (3. Aufl., Erlang. 1885);
Nußbaum, Der erste Verband (Münch. 1882).
[* 2] ^[Abb.: Verschiedene Arten des Verbandes. 1. Dessaultscher Verband. 2. Testudo (Knie). 3. Dolabra (Arm). 4. Involutio (Arm). 5. Stapes (Fuß). 6 u. 7. Handverbände.]