Veränderliche
Sterne, Fixsterne mit veränderlicher Lichtstärke; vgl. Fixsterne, S. 323.
752 Wörter, 5'531 Zeichen
Im Meyers Konversations-Lexikon, 1888
Sterne, Fixsterne mit veränderlicher Lichtstärke; vgl. Fixsterne, S. 323.
Im Brockhaus` Konversationslexikon, 1902-1910
Sterne, variable Sterne, diejenigen Fixsterne, deren Helligkeit sich im Laufe der Zeit ändert. Man unterscheidet hauptsächlich drei Klassen solcher Sterne: 1) die neuen oder temporären Sterne, die plötzlich an einer Stelle aufleuchten, wo kein Stern seither bekannt war, und die nach längerer oder kürzerer Zeit wieder verschwinden; 2) Sterne, deren Lichtwechsel in unregelmäßigen Zeiträumen und in ungleichem Grade erfolgt oder irregulär veränderliche; 3) Sterne, deren Lichtwechsel in regelmäßigen Perioden vor sich geht, oder periodisch veränderliche. Zwischen diesen drei Klassen finden alle möglichen Übergänge statt, wie auch innerhalb einer jeden derselben mannigfache Abstufungen vorkommen. Neue Sterne sind schon aus dem Altertum bekannt, sie wurden gesehen z. B. in den J. 134 v. Chr., 123, 173, 386, 393, 827, 1006 n. Chr. u. s. w. Besonders berühmt ist der Tychonische Stern (s. Kassiopeia). Aus neuerer Zeit sind namentlich zu erwähnen die neu erschienenen Sterne in der Krone (s. d.), im Schwan (s. d.) und in der Andromeda (s. d.). Ein Beispiel der Sterne, deren Lichtwechsel keine Periode erkennen läßt, bietet η Argus; derselbe ist manchmal jahrelang gleich einem Stern erster Größe, dann wieder kaum dem bloßen Auge sichtbar, ohne daß die Zeitdauer oder die Helligkeit Regelmäßigkeiten bemerken läßt. Die Sterne der dritten Klasse, die periodisch veränderlichen, bieten bezüglich der Art ihrer
Veränderlichkeit eine große Verschiedenheit. Einige Sterne, wie Mira im Walfisch, zeigen große, wenn schon periodisch wiederkehrende, so doch sehr unregelmäßige Schwankungen ihres Lichts; bei andern sind die Schwankungen zwar deutlich hervortretend, aber doch nur unerheblich. Ferner beträgt bei einigen die Dauer der Periode mehrere Monate oder sogar Jahre, bei andern nur wenige Tage. Am merkwürdigsten sind von den Sternen dieser Klasse diejenigen, die eine regelmäßige kurze Periode ihres Lichtwechsels haben und bei denen die Änderungen des Lichts (rasche Abnahme und wieder rasche Zunahme) sich nur auf wenige Stunden beschränkt. Solcher Sterne kennt man gegenwärtig sechs, von denen vor allen Algol (s. d.) bemerkenswert ist. Kleine Abweichungen in der Periode kommen indessen auch bei diesen Sternen vor. Bis jetzt sind gegen 200 Sterne als sicher veränderlich bekannt, die Zahl der überhaupt vorhandenen Veränderlichen ist aber jedenfalls eine große; ja es ist sogar anzunehmen, daß alle Sterne zeitweilige, zwar meist unbedeutende Änderungen ihrer Helligkeit zeigen. Die Mehrzahl der Veränderlichen zeigt rote Farbe und zwar um so ausgesprochener, je größer die Periode der Veränderlichkeit ist. Bei den Sternen kurzer Periode ist Weiß und Gelb vorherrschend.
Die Ursache der Lichtveränderung ist wahrscheinlich nicht immer die nämliche. Bei den neuen Sternen kann man auf Grund spektroskopischer Untersuchungen als sicher annehmen, daß in den meisten Fällen ihr Aufleuchten von plötzlichen mächtigen Ausbrüchen glühenden Wasserstoffgases herrührt. Nicht gerade unwahrscheinlich ist es auch, daß in einzelnen Fällen die plötzliche Lichtentwicklung von einem Zusammenstoß zweier Körper herrührt. - Über die Ursache des periodischen Lichtwechsels hat man namentlich zwei Hypothesen aufgestellt. Nach der einen rührt derselbe her von großen auf der Oberfläche des Sterns ungleich verteilten Flecken (nach Zöllner sollen dies Schlacken sein, die sich bei der allmählichen Erkaltung der Sterne bilden), die bei einer Rotation des Sterns um eine Achse eine ungleiche Lichtausstrahlung seiner Oberfläche nach der Erde zu bewirken. Nach dieser Fleckenhypothese läßt sich die Lichtänderung der meisten Veränderlichen gut erklären. Für die in ihrem Lichtwechsel dem Algol ähnlichen Sterne, wo ein äußerst intensiver Lichtwechsel, aber nur während sehr kurzer Zeit stattfindet, genügt dieselbe aber nicht. Nach der zweiten Hypothese werden die von dunkeln Körpern umkreist, wie die Sonne von den Planeten; tritt nun ein solcher Körper zwischen den Stern und unser Auge, so muß eine Lichtabnahme eintreten. Bei einzelnen Sternen, so namentlich bei Algol, würde diese Hypothese den Erscheinungen im ganzen Verlauf gerecht werden, aber es liegt gerade bei diesen in der dann notwendigen Annahme eines sehr geringen Abstandes des Haupt- und Nebensternes voneinander ein Bedenken dafür, daß ein solches System auf die Dauer bestehen kann. Karl Hermann Vogels spektroskopische Untersuchungen haben in der neuesten Zeit aber gezeigt, daß speciell bei Algol der Lichtwechsel thatsächlich durch einen großen dunkeln, den hellen Hauptstern in kurzer Entfernung umkreisenden Körper hervorgerufen wird. Wahrscheinlich wird dies bei allen dem Algol ähnlichen Veränderlichen der Fall sein. In vielen Fällen dürfe auch eine Verbindung beider Hypothesen den thatsächlichen Verhältnissen entsprechen; außerdem werden häufig noch auf den verschiedenen Sternen besondere Lichtentwicklungen infolge gewaltiger Eruptionen stattfinden, durch welche die sonstige Regelmäßigkeit des Lichtwechsels verwischt wird. Die vorwiegend rote Farbe der Veränderlichen findet namentlich durch Zöllners Annahme einer Schlackenbildung ihre Erklärung, indem diese besonders bei den Sternen stattfinden wird, die sich im Zustande einer vorgeschrittenen Abkühlung befinden und von der Weißglühhitze ins Rotglühen übergegangen sind.