Titel
Veränderliche
Sterne, variable Sterne, diejenigen Fixsterne, [* 2] deren Helligkeit sich im Laufe der Zeit ändert. Man unterscheidet hauptsächlich drei Klassen solcher Sterne:
1) die neuen oder temporären Sterne, die plötzlich an einer Stelle aufleuchten, wo kein Stern seither bekannt war, und die nach längerer oder kürzerer Zeit wieder verschwinden;
2)
Sterne, deren Lichtwechsel in unregelmäßigen Zeiträumen und in ungleichem
Grade erfolgt oder irregulär veränderliche;
3)
Sterne, deren Lichtwechsel in regelmäßigen
Perioden vor sich geht, oder periodisch veränderliche.
Zwischen diesen drei
Klassen finden alle möglichen Übergänge statt, wie auch innerhalb einer jeden derselben mannigfache
Abstufungen vorkommen.
Neue
Sterne sind schon aus dem
Altertum bekannt, sie wurden gesehen z. B. in den J. 134
v. Chr., 123,
173, 386, 393, 827, 1006 n. Chr. u. s. w. Besonders
berühmt ist der Tychonische
Stern (s.
Kassiopeia). Aus neuerer Zeit sind namentlich zu erwähnen die neu
erschienenen
Sterne in der
Krone (s. d.), im
Schwan (s. d.) und in der
Andromeda (s. d.). Ein
Beispiel der
Sterne, deren Lichtwechsel
keine
Periode erkennen läßt, bietet η
Argus; derselbe ist manchmal jahrelang gleich einem
Stern erster
Größe, dann wieder
kaum dem bloßen
Auge
[* 3] sichtbar, ohne daß die Zeitdauer oder die Helligkeit Regelmäßigkeiten bemerken
läßt. Die
Sterne der dritten
Klasse, die periodisch veränderlichen
, bieten bezüglich der Art ihrer
¶
mehr
Veränderli
chkeit eine große Verschiedenheit. Einige Sterne, wie Mira im Walfisch, zeigen große, wenn schon periodisch wiederkehrende,
so doch sehr unregelmäßige Schwankungen ihres Lichts; bei andern sind die Schwankungen zwar deutlich hervortretend, aber
doch nur unerheblich. Ferner beträgt bei einigen die Dauer der Periode mehrere Monate oder sogar Jahre, bei andern
nur wenige Tage. Am merkwürdigsten sind von den Sternen dieser Klasse diejenigen, die eine regelmäßige kurze Periode ihres
Lichtwechsels haben und bei denen die Änderungen des Lichts (rasche Abnahme und wieder rasche Zunahme) sich nur auf wenige
Stunden beschränkt.
Solcher Sterne kennt man gegenwärtig sechs, von denen vor allen Algol (s. d.) bemerkenswert ist. Kleine
Abweichungen in der Periode kommen indessen auch bei diesen Sternen vor. Bis jetzt sind gegen 200 Sterne als sicher veränderlich
bekannt, die Zahl der überhaupt vorhandenen Veränderlichen
ist aber jedenfalls eine große; ja es ist sogar anzunehmen,
daß alle Sterne zeitweilige, zwar meist unbedeutende Änderungen ihrer Helligkeit zeigen. Die Mehrzahl
der Veränderlichen
zeigt rote Farbe und zwar um so ausgesprochener, je größer die Periode der Veränderlichkeit ist. Bei den
Sternen kurzer Periode ist Weiß und Gelb vorherrschend.
Die Ursache der Lichtveränderung ist wahrscheinlich nicht immer die nämliche. Bei den neuen Sternen kann man auf Grund spektroskopischer Untersuchungen als sicher annehmen, daß in den meisten Fällen ihr Aufleuchten von plötzlichen mächtigen Ausbrüchen glühenden Wasserstoffgases herrührt. Nicht gerade unwahrscheinlich ist es auch, daß in einzelnen Fällen die plötzliche Lichtentwicklung von einem Zusammenstoß zweier Körper herrührt. - Über die Ursache des periodischen Lichtwechsels hat man namentlich zwei Hypothesen aufgestellt.
Nach der einen rührt derselbe her von großen auf der Oberfläche des Sterns ungleich verteilten Flecken (nach Zöllner sollen
dies Schlacken sein, die sich bei der allmählichen Erkaltung der Sterne bilden), die bei einer Rotation des Sterns um eine
Achse eine ungleiche Lichtausstrahlung seiner Oberfläche nach der Erde zu bewirken. Nach dieser
Fleckenhypothese läßt sich die Lichtänderung der meisten Veränderlichen
gut erklären. Für die in ihrem Lichtwechsel
dem Algol ähnlichen Sterne, wo ein äußerst intensiver Lichtwechsel, aber nur während sehr kurzer Zeit stattfindet, genügt
dieselbe aber nicht.
Nach der zweiten Hypothese werden die von dunkeln Körpern umkreist, wie die Sonne [* 5] von den Planeten; [* 6] tritt nun ein solcher Körper zwischen den Stern und unser Auge, so muß eine Lichtabnahme eintreten. Bei einzelnen Sternen, so namentlich bei Algol, würde diese Hypothese den Erscheinungen im ganzen Verlauf gerecht werden, aber es liegt gerade bei diesen in der dann notwendigen Annahme eines sehr geringen Abstandes des Haupt- und Nebensternes voneinander ein Bedenken dafür, daß ein solches System auf die Dauer bestehen kann.
Karl Hermann Vogels spektroskopische Untersuchungen haben in der neuesten Zeit aber gezeigt, daß speciell bei Algol der Lichtwechsel
thatsächlich durch einen großen dunkeln, den hellen Hauptstern in kurzer Entfernung umkreisenden Körper
hervorgerufen wird. Wahrscheinlich wird dies bei allen dem Algol ähnlichen Veränderlichen
der Fall sein. In vielen Fällen
dürfe auch eine Verbindung beider Hypothesen den thatsächlichen Verhältnissen entsprechen; außerdem werden häufig noch
auf
den verschiedenen Sternen besondere Lichtentwicklungen infolge gewaltiger Eruptionen stattfinden, durch welche die sonstige
Regelmäßigkeit des Lichtwechsels verwischt wird. Die vorwiegend rote Farbe der Veränderlichen
findet
namentlich durch Zöllners Annahme einer Schlackenbildung ihre Erklärung, indem diese besonders bei den Sternen stattfinden
wird, die sich im Zustande einer vorgeschrittenen Abkühlung befinden und von der Weißglühhitze ins Rotglühen übergegangen
sind.