Venus
(Planet). Eine kritische Untersuchung der frühern
Arbeiten zur Bestimmung der Rotationsdauer der Venus
hat
Schiaparelli
zu dem Ergebnis geführt, daß dieser
Planet höchst wahrscheinlich in derselben Zeit von 224,7
Tagen sich einmal um seine
Achse dreht, in welcher er seinen
Umlauf um die
Sonne
[* 3] vollendet, und daß die Drehungsachse nahezu senkrecht
auf der Bahnebene steht, höchstens um 10-15° von der senkrechten
Stellung abweicht. Die
Beobachtungen einzelner dunkler
Flecke
auf der Planetenscheibe durch D.
Cassini (1669) und J.
^[Jacques]
Cassini (1732), aus denen eine Rotationsdauer von ungefähr 24
Stunden
abgeleitet wurde, waren zu selten, und die Anzahl der
Rotationen zwischen zwei
Beobachtungen war zu wenig
bekannt, als daß sie einer sichern Bestimmung hatten als Grundlage dienen können;
Schiaparelli findet übrigens, daß die
Beobachtungen des ältern
Cassini sich leichter durch eine
Periode von 224,7
Tagen als durch eine solche von 24
Stunden erklären
lassen.
Die
Flecke, welche
Bianchini (1726-28) beobachtete, waren zu schlecht begrenzt, als daß die von ihm gefundene Rotationsdauer
von 24
Tagen Vertrauen verdiente. Ebenso zeigt sich, daß
Schröter, Flaugergues, Hussey und de
Vico nur durch übereilte
Schlüsse
zu einer Rotationszeit von ungefähr 24
Stunden gelangt sind.
Schiaparelli selbst hat die Venus
vom bis in
Mailand
[* 4] beobachtet, und gleichzeitig sind von
Holden in
Washington,
[* 5] Niesten in
Brüssel
[* 6] und Trouvelot in
Cambridge
(Vereinigte Staaten)
Beobachtungen angestellt worden.
Aus diesen gleichzeitigen
Beobachtungen ergibt sich, daß die
Rotation sehr langsam von statten gehen muß, da die
Lage
der
Flecke gegen die Lichtgrenze während eines ganzen
Monats keine wahrnehmbaren Veränderungen erleidet. Gegen eine
Periode
von 24
Stunden sprechen am deutlichsten ein paar
Beobachtungen von
Schiaparelli und
Holden vom welche um ungefähr 8
Stunden
auseinander liegen. Dieselben beziehen sich auf zwei helle
Flecke am südlichen
Horn der Venus
, einen dazwischenliegenden
tiefdunkeln
Schatten
[* 7] und einen von den
Flecken nach
Norden
[* 8] verlaufenden dunkeln
Streifen.
Die von den beiden Beobachtern entworfenen
Zeichnungen dieser
Objekte stimmen so genau überein, wie es unmöglich der
Fall
sein könnte, wenn der
Planet in der Zwischenzeit von 8
Stunden ein Drittel
Rotation vollendet hätte. Auch
blieb die
Lage des
Streifens während der dreistündigen Dauer der
Beobachtung ungeändert. Auf die geringe Veränderung, welche
die
Flecke von einem
Tage zum andern erleiden, hat übrigens schon
Bianchini hingewiesen; es scheint aber, daß ihn gewisse
Veränderungen im Aussehen der
Flecke, die vom
Wechsel der atmosphärischen Zustände auf der Venus
herrühren,
auf die
Annahme einer Rotationsdauer von 24
Stunden geführt haben. Im allgemeinen erweisen sich übrigens die
Flecke auf der
Venus
ziemlich unbeständig, und die Bestimmung der Umdrehungszeit erreicht daher nicht die Sicherheit wie beim
Merkur;
[* 9] dieselbe
ist vielmehr um einige
Wochen unsicher, und es lassen sich
Perioden von 6-9
Monaten mit den
Beobachtungen
vereinigen.
Die schnellen, in Zwischenzeiten von etwa 24
Stunden sich wiederholenden Veränderungen im Aussehen des
Planeten,
[* 10] besonders
seiner
Hörner, welche manche Beobachter bemerkt haben, setzt
Schiaparelli auf Rechnung der mit der wechselnden
Höhe überm
Horizont
[* 11] wachsenden Sichtbarkeitsbedingungen und
der wechselnden Helligkeit des Himmelsgrundes.
Schiaparelli macht
ferner aufmerksam auf bisweilen gut begrenzte, helle wie dunkle
Flecke, die in den südlichern Teilen der Venus
von Zeit zu Zeit
unter gleicher Form sich zu bilden scheinen und wahrscheinlich von
Ursachen abhängen, die auf der Oberfläche der Venus
ihren
Sitz haben.
Endlich weist er noch hin auf die Wichtigkeit des
Studiums gewisser sehr kleiner, heller, scharf
begrenzter runder
Flecke, umgeben oder einseitig begrenzt von tiefen
Schatten, meist paarweise auftretend, die sich namentlich
in der
Nähe der Schattengrenze zeigen, aber nur wenige
Tage dauern. Die Ergebnisse
Schiaparellis werden bestätigt durch neuere
Beobachtungen von Terby in
Löwen
[* 12] und
Perrotin in
Nizza.
[* 13]