Vegetation
szonen,
s. Pflanzengeographie.
Vegetationszonen
3 Wörter, 41 Zeichen
Vegetationszonen,
s. Pflanzengeographie.
(hierzu Karte »Verbreitung der
[* 3] wichtigsten Pflanzengruppen
[* 4] der Erde«, mit Text), dasjenige Gebiet
der Botanik, welches die Verteilung des Pflanzenreichs auf der Erde sowie die daraus für die verschiedenen Gegenden sich ergebenden
Vegetation
sverhältnisse und die Erforschung der diesen Erscheinungen zu Grunde liegenden Ursachen zum Gegenstand hat. Die verschiedenen
Pflanzenarten sind auf der Oberfläche der Erde nicht gleichmäßig verteilt. In erster Linie wird dies
durch die klimatischen Verhältnisse und zwar hauptsächlich durch die Verteilung der Wärme
[* 5] auf der Erde bedingt; denn die
unter den gleichen Breitengraden liegenden Gegenden zeigen eine gewisse Gleichheit in ihrem Vegetation
scharakter, während
in verschiedenen entlegenen Breitengraden die Pflanzendecke der Erde bedeutende Verschiedenheiten darbietet.
Diese Erscheinung führt zur Annahme der pflanzengeographischen Zonen auf der nördlichen und südlichen Halbkugel, welche nach ihren gleichen Temperaturverhältnissen u. den Hauptcharakteren ihrer Vegetation festgestellt worden sind. Die letztere stimmt zwar in ihren Einzelheiten nicht im ganzen Umfang jedes um die Erde laufenden Gürtels überein; aber in ihren Hauptzügen zeigt sie ein einheitliches Gepräge, welches in dem Gesamtbild, das die Pflanzenwelt der einzelnen Erdgegenden gewährt, und in dem Vorherrschen bestimmter Pflanzenformen sich ausspricht, daher man diese Zonen auch durch gewisse Pflanzenformen botanisch charakterisiert. Wir unterscheiden folgende acht Zonen:
1) Die Äquatorialzone oder Zone der Palmen [* 6] und Bananen, 15° beiderseits vom Äquator, zeichnet sich durch Lianen und baumschmarotzende Orchideen [* 7] in üppig vegetierenden und farbenprächtigen Urwäldern aus.
2) Die tropische Zone oder Zone der Baumfarne, vom 15. bis 23.° nördl. und südl. Br., unterscheidet sich von der vorigen durch das Zurücktreten der Lianen und schmarotzenden Orchideen.
3) Die subtropische Zone, vom 23. bis 34.° nördl. und südl. Br., wird durch Myrten und Lorbeergewächse charakterisiert.
4) Die wärmere gemäßigte Zone oder Zone der immergrünen Laubhölzer, vom 34. bis 45.° nördl. und südl. Br., zeichnet sich durch die Menge der Holzgewächse mit nicht abfallenden Blättern aus.
5) Die kältere gemäßigte Zone oder Zone der blattwechselnden Laubhölzer, vom 45. bis 58.° nördl. und südl. Br., besitzt Waldungen von Laub- und Nadelholz, die von Wiesen, Prärien und Heiden unterbrochen sind.
6) Die subarktische Zone oder Zone der Nadelhölzer, [* 8] vom 58. bis 66.° nördl. und südl. Br., hat vorherrschend Koniferenwälder, die nur von einigen Laubbäumen, besonders von Weiden und Birken, begleitet werden.
7) Die arktische Zone oder Zone der Alpensträucher, vom 66. bis 72.° nördl. und südl. Br., beherbergt eine Pflanzendecke, die vorwiegend aus niedern Sträuchern und Stauden nebst Moosen und Flechten [* 9] besteht.
8) Die Polarzone oder Zone der Alpenkräuter, vom 72.° bis zu den Polen, ähnelt in ihrer Flora durch die geringe Anzahl von Blütenpflanzen am meisten den Alpenregionen in der Nähe der Schneegrenze.
Die durch die vertikale Verteilung der Wärme bedingten Veränderungen der Vegetation
sverhältnisse nach der Höhe über dem
Meer nötigen zur Annahme bestimmter Regionen der vertikalen Pflanzenverteilung. Wie wir in Gebirgsgegenden,
von der Ebene in vertikaler Richtung aufsteigend, im allgemeinen dieselbe Abstufung der Temperatur wiederfinden, wie sie beim
Vorschreiten gegen die Pole zu stattfindet, so besteht auch ein Parallelismus der pflanzengeographischen Zonen mit den vertikalen
Regionen der Pflanzenverteilung, so daß die unter dem Äquator bis zur Schneegrenze reichenden Gebirge die
Analoga der Vegetation
scharaktere wie der Klimate der ganzen Erde darbieten, die von dem Äquator entfernten Gebirge aber in
ihren verschiedenen Regionen immer nur die von ihnen aus gegen die Pole zu liegenden Zonen repräsentieren, bis endlich in den
arktischen und Polarzonen die Schneeregion immer näher an das Meer herunterrückt und damit die ganze
Vegetation den Charakter der Hochgebirge annimmt. Wir unterscheiden in den Schweizer Alpen
[* 10] folgende fünf Pflanzenregionen:
1) Die Kulturregion, von der Ebene am Fuß der Nordabhänge bis 550 m, auf der Südseite bis 700 m, wird charakterisiert durch die vorherrschende Kultur von Obst und Wein, welche die Wälder zumeist verdrängt hat, sowie durch Einmischung von südlichen Florenbestandteilen.
2) Die Waldregion, bis zu 1350 m auf der Nordseite, bis 900 m in der Südschweiz, stimmt mit der vorigen im allgemeinen überein, unterscheidet sich aber durch das Fehlen des Weins von jener und wird durch die hauptsächlich aus Buchen, auf der Südseite aus Kastanien bestehenden Laubwälder charakterisiert. An der obern Grenze verschwindet der Obstbau ganz.
3) Die Region der Nadelhölzer oder subalpine Region, bis ca. 1800 m, bildet einen Gürtel [* 11] von Nadelwäldern, in der nördlichen Schweiz [* 12] vorzüglich aus Fichten und Weißtannen, in der Zentralschweiz aus Lärchen und Arven bestehend, mit welchem der Baumwuchs seine Grenze (Baumgrenze) erreicht. Der Getreidebau verschwindet in der Schweiz je nach den lokalen Verhältnissen zwischen 1230 und 2100 m. 4) Die Region der Alpensträucher oder untere alpine Region, bis ca. 2300 m (untere Schneegrenze), wird charakterisiert durch eine den Alpen ¶
Äquatorial-Maßstab 1:100.000.000
Tropische Urwaldpflanzen mit hohem Wärme- und Feuchtigkeitsbedürfnis.
Savannenpflanzen mit hohem Wärme- und Trockenheitsbedürfnis.
Immergrüne Buschpflanzen mit mittlerem Wärmebedürfnis; Wälder, Maquis, Scrubs bildend, bisweilen mit Coniferen gemischt.
Laubwerfende Bäume Dikotylen mit geringem Wärmebedürfnis.
Nadelholzbäume a im Gebirge b in der Ebene
Wiesen- und Heidepflanzen
Steppen- und Prärienpflanzen
Tundren- (a) und Alpenpflanzen (b), Stauden und Gräser [* 14] von geringstem Wärmebedürfnis.
Grasland der südlichen Hemisphäre a im Gebirge b in der Ebene
Hellgelber Grundton bezeichnet das nördliche aussertropische Pflanzenreich, hellblauer das alt- und neuweltliche, weisser
das altozeanische Florenreich. Farbige Stellen ohne nähere Bezeichnung bedeuten vegetation
sleeren Gebiete (Wüsten etc.) Die
roten Linien und Ziffern finden im Text ihre Erklärung.
Zum Artikel »Pflanzengeographie«. ¶
eigentümliche Flora herrliche Wiesen bildender Kräuter und kleinerer Strauchgewächse, als Alpenrosen, Vaccinieen und Erikaceen.
5) Die Region der Alpenkräuter oder obere alpine Region, von 2300 m bis zum Kamm und den Gipfeln des Gebirges, ist die Heimat der eigentlichen Alpenpflanzen (s. d.). Ihnen schließen sich noch als letzte Vertreter der Holzpflanzen nur wenige Zoll hohe Weiden an. Da die Gletscher stellenweise weit herabreichen, so sind sie oft unmittelbar von der üppigsten Vegetation umgeben. Selbst die eigentliche Schneelinie, welche in den nördlichen Alpen bei 2700, in den südlichen Zentralalpen bei 3000 m anzunehmen ist, stellt noch nicht die oberste Grenze der Vegetation dar.
In den Alpen kommen Silene
[* 16] acaulis, Ranunculus glacialis u. a. noch über 3000 m vor, und besonders sind es Moose
[* 17] und steinbewohnende
Flechten, welche nebst der Alge des roten Schnees hier die letzten Spuren vegetabilischen Lebens darstellen. Die Übereinstimmung
der obern Pflanzenregionen mit den entsprechenden Zonen der nordischen Flora geht noch über den allgemeinen
landschaftlichen Vegetation
scharakter hinaus und zeigt sich sogar in dem Auftreten einzelner identischer Arten.
Von 294 Spezies hochalpiner Gewächse kommen 64 Arten auch in den Hauptgebieten der arktischen Zone rings um den Pol vor. Eine Anzahl von Arten haben die Alpen ferner mit den höhern Gebirgen Europas und Asiens gemeinsam. Nur in den Schweizer Alpen einheimische Pflanzen zählt man ca. 182. Außer der Differenz gewisser Spezies, die mit dem ursprünglichen Verbreitungsbezirk derselben zusammenhängt, bestehen aber noch anderweite Verschiedenheiten, die sich durch gewisse Abweichungen der klimatischen Verhältnisse, die auf die Vegetation großen Einfluß haben, erklären. Die höhern Gebirgsgegenden haben bei gleicher Mitteltemperatur weniger hervortretende Temperaturextreme; in den entsprechenden nordischen Ebenen sind die Winter kälter, die Sommer wärmer; ferner sind in den höhern Gebirgsregionen die Niederschläge häufiger und die Insolation [* 18] weit stärker. Letztere beiden Umstände bedingen einen durchaus verschiedenen Charakter der alpinen und arktischen Flora (s. Alpenpflanzen).
Wenn man ohne Rücksicht auf die die Physiognomie der Erdoberfläche bedingenden Gesamtcharaktere der
Vegetation alle diejenigen Länder und Gebirgsregionen zusammenfaßt, über welche eine bestimmte Pflanzenart verbreitet ist,
so erhält man ihren Verbreitungsbezirk oder ihr Areal, das durch bestimmt gerichtete Linien, die Vegetation
slinien, umschlossen
wird. Verhältnismäßig wenige Pflanzen, welche man kosmopolitische nennt, sind über die ganze Erde zerstreut;
zu diesen gehören hauptsächlich Kryptogamen, einige Wasser- und Schuttpflanzen.
Die meisten Pflanzen haben verhältnismäßig beschränkte Verbreitungsbezirke; manche bewohnen nur ein eng begrenztes Gebiet, z. B. eine Insel oder ein einzelnes Gebirge; man bezeichnet ein solches Vorkommen als Endemismus. So wächst z. B. Wulfenia carinthiaca nur auf der Kuhwegeralp in Kärnten. Die Verbreitung der meisten Pflanzenarten ist wiederum durch die klimatischen Verhältnisse bedingt, indem sie im allgemeinen in der Richtung der Parallelkreise viel beträchtlicher als in derjenigen der Längengrade ausgedehnt ist und in manchen Fällen sogar einen den Isothermen folgenden Gürtel rings um die Erde bildet.
Dies wird jedoch gegen den Äquator hin wegen der großen räumlichen Ausdehnung, [* 19] die hier die Zonen annehmen, immer unvollständiger und seltener. Mit der Abhängigkeit der Vegetation von den Temperaturverhältnissen hängt auch die Unterbrechung der Verbreitungsbezirke mancher Pflanzen zusammen. So treten viele der Hochgebirgspflanzen erst wieder in einer oft weit entfernten horizontalen Zone auf. Der Fall, daß dieselben Arten in den entsprechenden Klimaten der nördlichen und südlichen Hemisphäre auftreten, ist verhältnismäßig selten.
Doch kommen nach R. Brown im südlichen Australien [* 20] ungefähr 40 unsrer europäischen Spezies wiederum vor. Um die Verbreitung der einzelnen Pflanzenarten auf der Erde zu erklären, hat die Pflanzengeographie die Hypothese aufgestellt, daß, ähnlich wie dies für das Menschengeschlecht angenommen wird, auch jede Pflanzenart nur in einem oder wenigen Individuen an irgend einem Zentralpunkt ihres Verbreitungsbezirks entstanden sei und sich erst mit ihrer Vervielfältigung über ihr gegenwärtiges Areal allmählich ausgedehnt habe.
Sie greift dabei auf die geologischen und klimatischen Verhältnisse der der Jetztzeit vorhergegangenen Erdperioden zurück und leitet so z. B. die Übereinstimmung der nordischen Flora mit der der höhern Gebirgsregionen Mitteleuropas aus der Eiszeit [* 21] ab, wo die Gletscher weit nach Süden reichten und ganz Mitteleuropa eine arktische Flora besaß, welche sich später in die kältern Gegenden und Regionen zurückziehen mußte. Auch der geologisch nachweisbare oder wahrscheinliche frühere Zusammenhang jetzt durch Meere getrennter Kontinente die in gewissen Pflanzenarten übereinstimmen, wird zur Erklärung herangezogen.
Aber es müssen auch wirkliche Pflanzenwanderungen angenommen werden. Die wichtigsten Verbreitungsmittel der Pflanzen sind:
1) Der Wind, durch welchen besonders geflügelte Früchte von Ahornen, Ulmen etc. sowie Früchte und Samen [* 22] mit Haarkrone oder Haarschopf, wie die der Weiden, Pappeln und besonders die der Kompositen, [* 23] verbreitet werden, wie das Umsichgreifen vieler dahin gehöriger Unkräuter und die Wanderung des Frühlingskreuzkrauts (Senecio vernalis) aus dem östlichen Europa [* 24] nach Westen beweisen.
2) Das Wasser, indem Früchte und Samen vieler Pflanzen durch die Flüsse [* 25] stromabwärts aus den Gebirgen in die Ebenen herabgeführt werden, wofür besonders viele Alpenpflanzen Beispiele bieten. Auf den sich bildenden Inseln des Stillen Ozeans entstanden zuerst Kokospalmen und Pandanusbäume aus Früchten, welche das Meer ausgeworfen hatte; selbst aus Amerika [* 26] werden verschiedene Pflanzensamen durch den Golfstrom im keimfähigen Zustand an die europäischen Küsten geworfen.
3) Tiere, besonders Vögel, [* 27] welche vielen saftigen Früchten nachgehen, die Samen mit verschlucken und an entfernten Orten zugleich mit ihren Exkrementen absetzen. Aus der Umgegend von Montpellier [* 28] hat Gordon 372 Spezies aufgezählt, welche durch die Schafwolle aus Spanien, [* 29] Belgien, [* 30] Marokko, [* 31] Ägypten, [* 32] Italien [* 33] und Sizilien [* 34] eingeführt worden sind.
4) Die Einwirkung des Menschen, durch welchen mit oder ohne Absicht bedeutende Veränderungen in den Verbreitungsbezirken der Pflanzen herbeigeführt worden sind. Vor allem gilt dies von den Kulturpflanzen, aber auch von Unkräutern und andern Pflanzen, welche unter den verschiedensten Verhältnissen Verbreitung fanden. - Auch die Gattungen und selbst viele Pflanzenfamilien zeigen bestimmte Verbreitungsbezirke, die natürlich meist weiter als die ihrer Arten sind. Dabei kommt vielfach das Verhältnis vor, daß eine Gattung in verschiedenen Ländern oder Erdteilen durch verschiedene Arten vertreten ist. Für manche ¶
Gattungen lassen sich nach der größern Artenzahl gewisse Mittelpunkt der Verbreitung annehmen, z. B. für Erica, Mesembryanthemum, [* 36] Protea auf dem Kap der Guten Hoffnung, für Aster und Solidago in Nordamerika; [* 37] für Cistus, Silene, Statice in den Ländern um das Mittelländische Meer. Ähnliches gilt für die Familien, von denen freilich die größern, nie die Gramineen, [* 38] Kompositen, Papilionaceen, über die ganze Erde und in allen Klimaten verbreitet sind; doch gibt es auch für viele von diesen bestimmte Verbreitungszentren, wie für die Laurineen und Myrtaceen die subtropische Zone, für die Erikaceen das Kap, für die Epakrideen Australien, für die Kakteen [* 39] Amerika, für die fleischigen Euphorbiaceen [* 40] Afrika. [* 41] In Bezug auf die Verschiedenheit der Pflanzenwelt auf der Erde vgl. die Erläuterungen zu der diesem Artikel beigegebenen pflanzengeographischen Karte.
Ein besonderer Zweig der Pflanzengeographie, welcher Pflanzenstatistik heißt, hat es mit den numerischen Verhältnissen des Vorkommens der Arten, Gattungen und Familien der Pflanzen zu thun. Die Zahl der bis jetzt bekannten Pflanzenarten beträgt wenigstens 100,000, wovon auf die Phanerogamen ungefähr 80,000, auf die Kryptogamen über 20,000 kommen. Da aber noch viele Erdstriche botanisch wenig oder selbst gar nicht durchforscht sind und auch in den bekanntern Ländern besonders von Kryptogamen noch fortwährend neue Arten aufgefunden werden, so darf man die Zahl der wirklich auf der Erde existierenden Pflanzenarten auf 200-300,000 schätzen.
Vgl. A. v. Humboldt und Bonpland, Ideen zu einer Geographie der Pflanzen (Stuttg. 1807);
Schouw, Grundzüge einer allgemeinen Pflanzengeographie (deutsch, Berl. 1824);
De Candolle, Géographie botanique (Par. 1855);
Grisebach, Die Vegetation der Erde nach ihrer klimatischen Anordnung (2. Aufl., Leipz. 1884, 2 Bde.);
Derselbe, Abhandlungen zur Pflanzengeographie (das. 1880);
Engler, Versuch einer Entwickelungsgeschichte [* 42] der Pflanzenwelt (das. 1879-82);
Drude, Die Florenreiche der Erde (Ergänzungsheft 74 zu »Petermanns Mitteilungen«, Gotha [* 43] 1884).