span. Provinz und ehemaliges Königreich (zu welchem jedoch außer der Provinz Valencia noch die Provinzen Alicante
und Castellon mit zusammen 22,876 qkm [415,5 QM.] und einer Bevölkerung von 1,371,145 Einw. gehörten),
grenzt im N. an die Provinzen Castellon und Teruel, im W. an Cuenca und Albacete, im S. an Alicante, im O. an das Mittelländische Meer
u. hat einen Flächenraum von 10,751 qkm (195,3 QM.).
Das Land enthält mehrere von W. nach O. streichende Gebirgszüge (Sierra Martes, Sierra Enguera etc.), welche
durch parallele Flußthäler voneinander geschieden sind und sich allmählich zu der weiten Küstenebene herabsenken.
Die wichtigsten Flüsse sind der Jucar mit Cabriel und der Guadalaviar. Die Bevölkerung belief sich 1878 auf 679,030 Einw. (Ende 1886 auf
692,000 geschätzt). Die Valencianer sind ein Mischvolk aus den Nachkommen der Mozaraber und Morisken und
zeigen noch heute deutlich die Eigentümlichkeiten ihrer orientalischen Abstammung. Die höhern Stände sprechen Kastilianisch,
die untern Valencianisch, einen dem Katalonischen verwandten Dialekt. Der Boden ist in den Gebirgen wenig ergiebig, in den Thälern
und der Küstenebene dagegen höchst fruchtbar.
Das kulturfähige Land ist mit großer Sorgfalt angebaut und die natürliche Fruchtbarkeit durch künstliche Bewässerung so
erhöht, daß man in einem Jahr auf demselben Boden 3-5 Ernten verschiedener Früchte erzielt. Waldungen fehlen dagegen fast
gänzlich. Das Klima ist sehr angenehm und gesund, die Hitze durch die Seewinde gemildert, der
Himmel fast
stets tiefblau. Die wichtigsten Produkte sind: Weizen, Gerste, Mais, Reis (Ausfuhr ½ Mill. metr. Ztr.), Öl, Wein, Rosinen, Orangen,
deren Anpflanzung und Export (jährlich für etwa 8 Mill. Pesetas) fortwährend zunimmt, Zitronen, Johannisbrot, Espartogras,
Feigen, Mandeln, Seide, Hanf, Flachs, Safran, Cacahuete (eine Knollenfrucht, welche in geröstetem Zustand
gegessen wird und zur Gewinnung eines feinen Öls dient; Jahresproduktion ca. 10,000 metr. Ztr.), Gartenfrüchte aller Art.
Auch werden Bataten, Erdnüsse, Zuckerrohr und Kochenille gewonnen.
Die Viehzucht steht noch auf niederer Stufe. Das Mineralreich bietet Erze, welche aber wenig ausgebeutet werden. Dagegen haben
sich die Industrie, welche besonders Seidenspinnerei, Seiden-, Woll- und Leinweberei, Espartoflechterei,
Fabrikation von Papier, Schuhwaren, Glas, Steingut und Fayence umfaßt, und der Handel, welcher namentlich Wein, Südfrüchte, insbesondere
Orangen, Seide, Öl, Safran, Cacahuete, Zwiebeln, Wolle und Kalbleder ausführt und Spiritus, Getreide und Mehl, Guano, Holz etc. einführt,
namentlich seit Eröffnung der Küstenbahn Tarragona-Valencia-Alicante und der regern Schiffahrtsentwickelung
in den drei Häfen (vor allen Grao de Valencia, dann Cullera und Gandia) sehr gehoben. Die Provinz umfaßt 23 Gerichtsbezirke, darunter
Alcira, Chelva, Gandia, Jativa, Liria, Onteniente, Requena und Sagunto.
1) (Valencia del Cid) Hauptstadt der gleichnamigen span. Provinz, liegt 4 km vom Meer am Guadalaviar und der Eisenbahn
Tarragona-Valencia-Alicante (Eisenbahnen über Cuenca nach Madrid und über Teruel nach Saragossa im Bau), in der fruchtbaren, immergrünen
»Huerta von Valencia«, hat alte Mauern und Wälle, enge und krumme Straßen mit zum Teil noch im maurischen Stil aufgeführten Häusern, 5 schöne
Brücken über den Strom, 3 Vorstädte, viele Promenaden (die schönste die Glorieta), über 30 Kirchen und
Kapellen, zahlreiche Klostergebäude und eine Citadelle.
Unter den Gebäuden zeichnen sich aus: die Kathedrale, ein baufälliges, unregelmäßiges, in verschiedenen Stilen ausgeführtes
Gebäude (in der Römerzeit Dianentempel, unter den Goten christliche Kirche, unter den Sarazenen Moschee) mit einem 53 m hohen
achteckigen Glockenturm (Torre de Miguelete), der eine prachtvolle Aussicht gewährt; die Kirchen El Temple
und Señora de los Desamparados, eine Rotunde mit prächtigen Fresken; ferner der königliche Palast, der Douanepalast (ehemals
Dominikanerkloster), die Lonja (im maurisch-gotischen Stil, mit großartiger Säulenhalle, Verkaufslokal der rohen Seide etc.),
das Theater, mehrere Privatpaläste u. a. Die Stadt zählt (1878)
143,856 (1886: 141,342) Einw. Der wichtigste Industriezweig ist Seidenspinnerei und -Weberei; auch hat Valencia eine königliche
Tabaks- und Zigarrenfabrik, welche gegen 4000 Arbeiter (meist Frauen) beschäftigt, und eine Maschinenfabrik.
Ferner werden Wolldecken, Glasurziegel (Azulejos) und Fächer (bedeutender Export) erzeugt. Der Handel ist sehr lebhaft. Als Hafen
von Valencia dient die 4 km entfernte, mit Valencia durch eine Eisenbahn verbundene Stadt Villanueva del Grao an der
Mündung des Guadalaviar (4433 Einw.). Der Hafen ist durch Baggerungen, Ausführung von Moli und Kais in neuer Zeit bedeutend
verbessert worden, 1888 sind in demselben 2990 Kauffahrteischiffe mit 1,296,762 Ton. ein- und ausgelaufen. Die Einfuhr
hatte 1886 einen Wert von 83,65 Mill., die Ausfuhr einen solchen von 96,90
Mill. Pesetas; besonders wichtig ist der Export von Wein (1888: 1,441,000 hl), Rosinen (34 Mill. kg) u.
mehr
Apfelsinen (173 Mill. kg). Valencia hat eine Universität (seit 1410) mit 4 Fakultäten, Bibliothek und berühmtem botanischen Garten,
eine Kunstakademie, ein Priester- und ein Lehrerseminar, eine Kunst- und eine Industrieschule, eine erzbischöfliche Bibliothek,
ein Gemäldemuseum, eine Strafanstalt (presidio modelo) und einen Stiergefechtzirkus. Es ist Sitz des Generalkapitäns von
Valencia und Murcia, des Gouverneurs, eines Erzbischofs, eines Appellationsgerichts und eines Handelsgerichts
sowie eines deutschen Konsuls. - Valencia ward 138 v. Chr. von D. Brutus im Gebiet der Edetaner angelegt und mit hierher verpflanzten
Lusitanern bevölkert. Zu Ende des 5. Jahrh. n. Chr. kam es an die Westgoten, nach dem Fall des westgotischen Reichs
aber geriet es 715 unter die Herrschaft der Mauren und wurde eine vollständig arabische Stadt.
Anfangs bildete nun das jetzige Königreich Valencia eine Provinz des Reichs von Cordova; als jedoch das Reich der Kalifen zerfiel, machte
sich Muzeik, der Statthalter von Valencia, 1031 unabhängig. Seitdem war Valencia eins der maurischen
Königreiche Spaniens. 1094 ward die Stadt vom Cid erobert, fiel aber nach dessen Tod wieder in die Hände der Mauren, bis Jakob
I. von Aragonien sie 1238 eroberte; 1319 wurde Valencia dauernd mit Aragonien vereinigt. 1609 litt die Stadt und Umgegend sehr durch
die Vertreibung der Morisken. 1706 landeten hier die Engländer und Holländer, worauf sich Stadt und Königreich
für Karl III. erklärten. Im spanischen Unabhängigkeitskrieg von 1808 bis 1813 stand Valencia zuerst gegen die Franzosen auf und
hielt sich bis 1811. Am wurde die Stadt von Suchet genommen. - 2) (Früher Ciudad del Rei), Hauptstadt des
Staats Carabobo in der südamerikan. Republik Venezuela, in trefflich angebauter Gegend, 60 km südlich vom Karibischen Meer und
unweit westlich vom Tacariguasee (See von Valencia), 556 m ü. M., hat eine Schule der Wissenschaften, ein Lehrerseminar, 34 andre
Schulen, eine Wollenfabrik, Bau von Maschinen und landwirtschaftlichen Geräten und (1881) 36,145 Einw.
In der Umgegend Bau von Zuckerrohr und Kaffee. Eine Eisenbahn verbindet die Stadt mit Puerto Cabello. Valencia wurde 1555 gegründet.