Unter den übrigen Gebäuden sind zu nennen: die
Akademie, in deren großem
Saal (früher Kapitelsaal des
Doms) 1579 die
Union der nördlichen niederländischen
Provinzen geschlossen wurde;
das Papsthaus (Paushuizen),
gestiftet vonPapstAdrian VI, der in Utrecht geboren war (jetzt Regierungsgebäude);
der Justizpalast, 1837 an der
Stelle der berühmten
Abtei von St.
Paulus errichtet;
das schöne
Rathaus, 1830 vollständig erneuert, mit dem reichen Stadtarchiv
und einem Antiquitätenkabinett;
das Münzgebäude, das Gebäude für
Künste und
Wissenschaften mit dem
Museum Kunstliefde,
das neue Zellengefängnis, das Schauspielhaus etc. Die Zahl der Einwohner
belief sich 1888 auf 81,398. Die
IndustrieUtrechts erstreckt sich auf
Tuch-,
Woll-,
Baumwoll-,
Lein- und Seidenweberei, Fabrikation
von
Zigarren,
Porzellan,
Maschinen (von drei Eisenbahngesellschaften), landwirtschaftlichen Gerätschaften, chemischen
Produkten,
Farben etc.,
Metallgießerei, Ziegelbrennerei, Ölraffinerie,
Brauerei etc. Dem entsprechend ist auch der
Handel mit
diesen
Fabrikaten und den Landesprodukten (besonders
Käse und
Butter) sehr lebhaft.
Die
Universität (mit fünf
Fakultäten, 1634 gestiftet)
hat gegen 700 Studierende, chemisch-physiologische und physikalische Laboratorien, ein anatomisches und ein physikalisches
Museum, ein Naturalienkabinett, eine
Bibliothek, einen botanischen
Garten,
[* 14] eine neue
Sternwarte
[* 17] und ein meteorologisches Observatorium. Außerdem besitzt Utrecht: ein Gymnasium, eine höhere Bürgerschule, ein Reichshospital,
eine Veterinär und Zeichenschule nebst andern Unterrichtsanstalten, mehrere gelehrte und industrielle Gesellschaften, eine
Gemäldegalerie, ein sehr reiches erzbischöfliches Museum von kirchlichen Altertümern und verschiedene Wohlthätigkeitsanstalten.
ist der Sitz der Provinzialregierung, eines Provinzialbezirks- und Kantonalgerichts, des Obermilitärgerichtshofs,
einer Fortifikationsinspektion, eines katholischen und eines sogen. altkatholischen (jansenistischen)
Erzbischofs und einer deutschen Ordenshausballei. An der Ostseite der Stadt ist die berühmte Maliebaan, eine sechsreihige,
zu beiden Seiten mit schönen Villen besetzte, 1000 Schritt lange Lindenallee. - In der Römerzeit war Utrecht (Trajectum ad Rhenum)
eine Stadt der Bataver im römischen Belgien.
[* 18]
Nach dem Untergang der Römerherrschaft in Gallien setzten sich eine Zeit lang die Franken, später die Friesen hier fest. Das
alte Utrecht lag auf der Nordseite des Rheins; nachdem aber Dagobert 630 auf der Südseite eine Kapelle erbaut hatte und 696 durch
den heil. Willibrord ein Bistum gestiftet war, erwuchs um die Burg, die im 10. Jahrh. von den Normannen verwüstet,
doch von BischofBalderich wiederhergestellt wurde, eine städtische Ansiedelung. Die Bevölkerung
[* 19] bestand vornehmlich aus bischöflichen
Ministerialen; doch waren die Grafen von Bentheim, dann die Herren von Cuyk im Besitz der Burggrafschaft, bis diese 1220 von BischofOtto II. durch Kauf erworben wurde. Utrecht wurde im 13. Jahrh. in die Wirren und Kämpfe verwickelt, welche dem mit Gütern reich
gesegneten BistumUtrecht aus seiner isolierten Stellung inmitten zahlreicher weltlicher Dynasten erwuchsen.
Unter der RegierungPhilipps II. ward hier die Union der sieben nördlichen Provinzen (Utrechter
Union) abgeschlossen, welche die Unabhängigkeit der Niederlande begründete (vgl. P. L.Muller, DeUnie van Utrecht, Utrecht 1878).
Auch versammelten sich hier die Generalstaaten, bis sie 1593 nach dem Haag
[* 21] verlegt wurden. Das neue Erzbistum Utrecht hatte nicht
lange Bestand; wohl wählte man nach dem Tode des ersten Erzbischofs noch zwei Nachfolger, allein keiner
von beiden brachte es bis zur Weihe. Die reformierte Lehre
[* 22] wurde in Utrecht allmächtig, und der Papst begnügte sich seit 1602 mit
einem apostolischen Vikar.
1) Provinz des Königreichs der Niederlande, zwischen Gelderland und Holland, gehört größtenteils zur Region der Marschen und
zählt auf 1384 qkm (1895) 238 282 E., d. i. 172 auf 1 qkm. 49 Proz.
der Fläche bedecken Wiesen, 9,9 sind Wald, 9,3 unbebaut, 19 Feld, 5,1 Proz. Wasser und Sumpf. Haupterwerbszweige sind Rindviehzucht,
Milchwirtschaft, Flachsbau, Bienen-, Obst- und Blumenzucht sowie Woll- und Tabakindustrie. 40 Proz. der Bevölkerung entfällt
auf Groß- und Mittelstädte. - 2) Hauptstadt der Provinz am Kromme Rijn, welcher hier den NamenAlter Rhein
annimmt und die Vecht zum Zuidersee entsendet, liegt unweit der Grenze gegen die Geest, zählt (1895) 94 305 E., darunter
etwa ein Drittel Katholiken.
Die Durchschnittstemperatur ist im Jan. 1,13°, im Juli 18,41° C., die relative Feuchtigkeit 81 Proz.
ist wichtiger Eisenbahnknotenpunkt (2 Bahnhöfe)
[* 27] der Linien Emmerich-Utrecht-Amsterdam, Utrecht-Amersfoort, Utrecht-Hilversum,
Utrecht-Voerden-Leiden und Utrecht-Gouda-Rotterdam sowie Utrecht-Culenborg-Herzogenbusch, und bildet den Hauptstützpunkt der «Neuen holländ.
Wasserlinie», der Hauptverteidigungslinie des Landes. Vor der seit 1830 in Promenaden verwandelten Umwallung liegt eine innere
Linie von Werken auf etwa 1½ und eine äußere Fortlinie auf 3 bis 4½ km östlich von der Stadt.
Von deren 8 Werken liegen die 3 des Centrums im trocknen, die andern im Inundationsgelande. Die vordere Linie mißt 15 km.
Außerdem bietet die Maliebaan, eine Allee von sechs Reihen Bäumen, einen schönen Spaziergang. Kanäle durchziehen die Stadt.
Von den Kirchen sind zu erwähnen: drei roman. Stils aus dem 11. Jahrh. (Buurtkirche, St. Pieterskirche,
St. Janskirche), eine aus dem 12. Jahrh. (die Jakobikirche) und die got.
Domkirche aus dem 13. Jahrh. mit Turm aus dem 14.; das Schiff
[* 28] des letztern ist durch einen Orkan 1674 zertrümmert, so daß
der Turm, 103 m hoch (mit schönem Glockenspiel und weiter Fernsicht), durch einen offenen
Platz vom Chor,
jetzt als prot.
Kirche eingerichtet, geschieden steht. Kreuzgänge führen zum 1894 durch einen Neubau erweiterten Universitätsgebäude.
Andere Bauwerke sind: das Papsthaus (Paushuis), erbaut vom spätern Papst Adrian VI., jetzt Regierungsgebäude;
das Justizgebäude,
seit 1837 an der Stelle der einst berühmten Abtei von St. Paulus errichtet;
das Archivgebäude, ehemaliger
Palast des Königs Ludwig Napoleon;
das Rathaus, das Gebäude für Künste und Wissenschaften mit dem Museum Kunstliefde, ein
erzbischöfl.
Museum für alle Zweige der christl. Kunst, das Haus des DeutschenOrdens, die Reichsmünze, die Fleischhalle
von 1637, die Altersversorgungsanstalt im ehemaligen Schloß Oudaen (14. Jahrh.)
und das Altertumsmuseum im Park Hoogeland.
ist Sitz eines kath. Erzbischofs und altkath. Bischofs. Die 1636 von der Stadt gestiftete Universität (56 Docenten, 708 Studenten)
besitzt außer einer ansehnlichen Bibliothek (200000 Bände) und andern Instituten auch einen botan. Garten und eine auf Initiative
von Donders errichtete allgemeine niederländ. Augenheilanstalt; das
Universitätsgebäude mit schöner Aula ist an der Stelle des alten Domkapitels errichtet. Überdies besitzt die einzige Tierarzneiscbule
des Landes.
Unter den wissenschaftlichen Vereinen nehmen die Historische Gesellschaft und die Gesellschaft der Künste und Wissenschaften
den ersten Rang ein. Auch befindet sich zu das von Napoleon I. errichtete Militärhospital. Unter den
industriellen Etablissements sind hervorzuheben: Fabriken für Ultramarin und Beinschwarz, viele Holzsägewerke, Bierbrauereien,
Buchdruckereien, zwei Orgelfabriken, viele Cigarrenfabriken, Eisengießerei
[* 29] u. s. w.
ist die älteste batavische Stadt (Trajectum inferius) und wurde von den RömernTrajectum ad Rhenum genannt. 696 wurde daselbst
von dem heil. Willibrord ein Bistum gestiftet, dessen Bischöfe bald großen Landbesitz und Einfluß erlangten
und lange Zeit als die Hauptvertreter der kaiserl. Gewalt in den Niederlanden galten, bis im 11. Jahrh. sich die Grafschaften
Geldern und besonders Holland erhoben; auch hatten sie wahrend des ganzen Mittelalters unaufhörliche Kämpfe mit den freiheitliebenden
UtrechterBürgern zu bestehen. 1527 trat der UtrechterBischofHeinrich seine weltliche Macht an Karl V. ab. 1559 wurde
durch Papst Paul IV. zum Erzbistum erhoben. 1672-74 war die Stadt von den Franzosen besetzt. In wurde 1579 die Utrechter Union
(s. d.) und 1713 der Utrechter Friede (s. d.) abgeschlossen.