Titel
Utrecht
[* 3] (spr. üt-).
1)
Provinz des Königreichs der
Niederlande,
[* 4] zwischen Gelderland und
Holland, gehört größtenteils zur
Region der
Marschen und
zählt auf 1384 qkm (1895) 238 282 E.,
d. i. 172 auf 1 qkm. 49 Proz.
der
Fläche bedecken Wiesen, 9,9 sind
Wald, 9,3 unbebaut, 19 Feld, 5,1 Proz. Wasser und Sumpf. Haupterwerbszweige sind Rindviehzucht,
Milchwirtschaft, Flachsbau,
Bienen-, Obst- und Blumenzucht sowie
Woll- und Tabakindustrie. 40 Proz. der
Bevölkerung
[* 5] entfällt
auf Groß- und Mittelstädte. - 2) Hauptstadt
der
Provinz am Kromme Rijn, welcher hier den
Namen
Alter Rhein
annimmt und die
Vecht zum Zuidersee entsendet, liegt unweit der Grenze gegen die Geest, zählt (1895) 94 305 E., darunter
etwa ein Drittel Katholiken.
Die Durchschnittstemperatur ist im Jan. 1,13°, im Juli 18,41° C., die relative Feuchtigkeit 81 Proz.
ist wichtiger Eisenbahnknotenpunkt (2
Bahnhöfe)
[* 6] der Linien
Emmerich-Utrecht-Amsterdam, Utrecht
-Amersfoort, Utrecht-Hilversum,
Utrecht
-Voerden-Leiden und Utrecht-Gouda-Rotterdam sowie Utrecht-Culenborg-Herzogenbusch, und bildet den Hauptstützpunkt der
«Neuen holländ.
Wasserlinie», der Hauptverteidigungslinie des
Landes.
Vor der seit 1830 in Promenaden
verwandelten
Umwallung liegt eine innere
Linie von Werken auf etwa 1½ und eine äußere Fortlinie auf 3 bis 4½ km östlich von der Stadt.
Von deren 8 Werken liegen die 3 des Centrums im trocknen, die andern im Inundationsgelande. Die vordere Linie mißt 15 km.
Außerdem bietet die Maliebaan, eine
Allee von sechs Reihen
Bäumen, einen schönen Spaziergang.
Kanäle durchziehen die Stadt.
Von den
Kirchen sind zu erwähnen: drei roman.
Stils aus dem 11. Jahrh. (Buurtkirche, St. Pieterskirche,
St. Janskirche), eine aus dem 12. Jahrh. (die Jakobikirche) und die got.
Domkirche aus dem 13. Jahrh. mit
Turm
[* 7] aus dem 14.; das Schiff
[* 8] des letztern ist durch einen
Orkan 1674 zertrümmert, so daß
der
Turm, 103 m hoch (mit schönem
Glockenspiel und weiter Fernsicht), durch einen offenen
Platz vom
Chor,
jetzt als prot.
Kirche eingerichtet, geschieden steht. Kreuzgänge führen zum 1894 durch einen Neubau erweiterten Universitätsgebäude. Andere Bauwerke sind: das Papsthaus (Paushuis), erbaut vom spätern Papst Adrian VI., jetzt Regierungsgebäude;
das Justizgebäude, seit 1837 an der Stelle der einst berühmten Abtei von St. Paulus errichtet;
das Archivgebäude, ehemaliger Palast des Königs Ludwig Napoleon;
das Rathaus, das Gebäude für Künste und Wissenschaften mit dem Museum Kunstliefde, ein erzbischöfl.
Museum für alle Zweige der christl. Kunst, das Haus des Deutschen Ordens, die Reichsmünze, die Fleischhalle von 1637, die Altersversorgungsanstalt im ehemaligen Schloß Oudaen (14. Jahrh.) und das Altertumsmuseum im Park Hoogeland.
[* 1] ^[Abb.]
ist Sitz eines kath. Erzbischofs und altkath.
Bischofs. Die 1636 von der Stadt
gestiftete
Universität (56
Docenten, 708
Studenten)
besitzt außer einer ansehnlichen
Bibliothek (200000
Bände) und andern
Instituten auch einen botan.
Garten
[* 9] und eine auf
Initiative
von
Donders errichtete allgemeine niederländ. Augenheilanstalt; das
Universitätsgebäude mit schöner
Aula ist an der
Stelle des alten Domkapitels errichtet. Überdies besitzt die einzige Tierarzneiscbule
des
Landes.
Unter den wissenschaftlichen Vereinen nehmen die Historische Gesellschaft und die Gesellschaft der Künste und Wissenschaften den ersten Rang ein. Auch befindet sich zu das von Napoleon I. errichtete Militärhospital. Unter den industriellen Etablissements sind hervorzuheben: Fabriken für Ultramarin und Beinschwarz, viele Holzsägewerke, Bierbrauereien, Buchdruckereien, zwei Orgelfabriken, viele Cigarrenfabriken, Eisengießerei [* 10] u. s. w.
ist die älteste batavische Stadt
(Trajectum inferius) und wurde von den
Römern
Trajectum ad Rhenum genannt. 696 wurde daselbst
von dem heil. Willibrord ein
Bistum gestiftet, dessen
Bischöfe bald großen Landbesitz und Einfluß erlangten
und lange Zeit als die Hauptvertreter der kaiserl. Gewalt in den
Niederlanden galten, bis im 11. Jahrh. sich die
Grafschaften
Geldern und besonders
Holland erhoben; auch hatten sie wahrend des ganzen Mittelalters unaufhörliche Kämpfe mit den freiheitliebenden
Utrechter
Bürgern zu bestehen. 1527 trat der
Utrechter
Bischof
Heinrich seine weltliche Macht an
Karl V. ab. 1559 wurde
durch Papst
Paul IV. zum Erzbistum erhoben. 1672-74 war die Stadt
von den
Franzosen besetzt. In wurde 1579 die
Utrechter Union
(s. d.) und 1713 der
Utrechter Friede (s. d.) abgeschlossen.